Erfurt. Auf einem Fachtag im Gründerzentrum tauschten sich Teilnehmer über Gründungsstorys internationaler Unternehmer in Thüringen aus.

Geschichten über Mut, Hürden und Erfolge, hatten die Organisatoren des Fachtages über Gründungsstorys im Thüringer Zentrum für Existenzgründungen und Unternehmertum (Thex) angekündigt und die Teilnehmer lieferten genau dies auch.

Das Thex und der syrische Kulturverein hatten nach Erfurt eingeladen, um sich über die Erlebnisse von Existenzgründerinnen und -gründern mit Migrationshintergrund in Thüringen auszutauschen. Natürlich habe er lange überlegt, ob er sein eigenes Unternehmen schaffen soll, räumte Ibrahim Al Hamad, der 2019 aus Syrien nach Deutschland gekommen ist, ein. „Aber meine Frau und meine Freunde haben mich darin bestärkt und gesagt, mach das jetzt“, berichtete Hamad. Heute bereue es seine Frau wohl manchmal, wenn er bis 20 Uhr im Büro sei.

Bildungsträger mit Standorten in Erfurt

Ibrahim Al Hamad hat die Akademie für interkultuerelle Bildung und Soziales als gemeinnützige Gesellschaft gegründet, weil er anderen Leuten helfen will, in Deutschland anzukommen, aber auch die Kultur seiner Heimat zu vermitteln. Die Firma hat eine Zulassung als Bildungsträger in vielen deutschen Bundesländern und auch zwei Standorte in Erfurt.

„Wir sind ein zertifizierter Bildungsträger mit mittlerweile 14 Mitarbeitern“, schilderte der Gründer und Geschäftsführer die erfolgreiche Entwicklung des Unternehmens. „Wir sind seit einigen Jahren am Markt und es läuft gut“, bestätigte der Vater von drei kleinen Kindern, der in Syrien als Chemieingenieur seine erste Karriere begonnen hatte.

Lernen und nicht entmutigen lassen

Er habe sich zunächst selbst qualifizieren müssen, seine Sprachkenntnisse spürbar verbessert und sich in Mitarbeiterführung schulen lassen, sagt Hamad. Das sei auch sein wichtigster Rat für alle, die sich mit dem Gedanken an ein eigenes Unternehmen beschäftigen, man müsse zuvor „lernen, lernen, lernen“. Und man dürfe sich nicht durch die deutsche Bürokratie entmutigen lassen.

Die sieht auch Kamar Al-Duwairi, Mitgründerin des Syrischen Vereins in Thüringen, als eine enorme Hürde für viele Landsleute an. Der Verein habe sich dem interkulturellen Austausch verschrieben, wolle den Thüringern die syrische Kultur nahebringen, aber auch die Migranten aus Syrien beim Ankommen in Thüringen unterstützen. „Es geht um Unterstützung bei der Integration in die neue Gesellschaft“, erläutert Al-Duwairi den Ansatz.

Man wolle auch der Fluktuation entgegentreten, noch höre man von vielen Landsleute, dass sie aus Thüringen in andere Bundesländer gehen wollen, so Nadar Raslan vom Verein. Dabei gebe es in Thüringen genug offene Stellen, könne man als Arbeitnehmer aber auch als Arbeitgeber hier erfolgreich sein.

Höhere Neigung zur Gründung

Die Zahlen belegen dies, immerhin jede fünfte Neugründung in Thüringen erfolge in den letzten drei Jahren durch Menschen mit Migrationshintergrund. Das Gründerzentrum habe 2031 Gründende beraten, darunter 282 Migranten, ein Anteil von 15,9 Prozent, berichetete Natalia Caldeira-Schütz vom Thex.

Sie danke dem Thex und dessen Beschäftigten für die erfolgreiche Aufbauarbeit der zurückliegenden Jahre, erklärte Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Böhler. „Die Neigung zur Gründung ist bei Migranten ausgeprägter als bei den Deutschen“, so Böhler. Allerdings gebe es noch immer Probleme durch Vorurteile und die fehlende Anerkennung ausländischer Abschlüsse in Deutschland.