Burkersdorf. Die Ernte litt in Thüringen unter der Hitze und dem sporadischem Niederschlag. Landwirte schauen sich jetzt nach neuen Sorten um, die mit den Klimaveränderungen besser zurechtkommen.

Die Auswahl ist deutlich größer als in der Gemüseabteilung eines Supermarkts, wo bei Kartoffeln oft nur zwischen festkochend, vorwiegend festkochend und mehligkochend unterschieden wird – meist gibt es noch extra kleine Drillinge und vielleicht eine Sorte in Bio. In der Versuchsstation Burkersdorf (Saale-Orla-Kreis) sind an diesem Vormittag zur Sortenpräsentation 44 Kartoffelsorten fein säuberlich in Kisten drapiert – entlang der Hallenwände. Manchmal sind es zwei Kisten übereinander, dann gibt es die jeweilige Sorte noch von einem Betrieb in Thüringen.

Die Landwirte haben knollentechnisch ein sehr zähes Jahr hinter sich. „Wir hatten einen Ertrag von etwa 350 Doppelzentner pro Hektar“, sagt Maik Poser, Pflanzenbau-Leiter bei der Agrargenossenschaft Niederpöllnitz. 60 Hektar bewirtschaftet der Betrieb insgesamt. In einem guten Jahr hätten es 450 Doppelzentner sein können. Mit innovativen Methoden zur Auflockerung des Bodens und hier und da etwas Glück bei den Niederschlägen stehe man nach dem zweiten trockenen Sommer in Folge noch etwas besser da als die meisten Betriebe der Branche.

Anbaufläche geht immer weiter zurück

1600 Hektar Anbaufläche für Kartoffeln gibt es Thüringen ungefähr, sagt Lutz Rödiger vom Landesamt für Landwirtschaft. 2100 seien es vor weniger als zehn Jahren gewesen. „Es gibt einen fortlaufend leichten Rückgang“, sagt er.

Thüringen, wo auf 315 Hektar zudem Pflanz-Kartoffeln angebaut werden, hatte in diesem Sommer unter Extremwetter zu leiden. „Der Juni war im Schnitt 5 Grad zu warm“, sagt Olaf Lätzer, Leiter der Versuchsstation in Burkersdorf, mit Blick auf die dort gemessenen Werte in diesem Jahr. Zudem habe es nur 15,6 Millimeter Regen gegeben – der Mittelwert der vergangenen Jahre hingegen lag bei 74,1 Millimeter. „Es bringt den Kartoffeln zudem wenig, wenn es bei solchem Wetter mal einen kurzen Schauer gibt“, erläutert er. Das Wasser dringt dann nur wenige Zentimeter in den Boden ein – und verdunstet anschließend wieder, ohne der Pflanze Feuchtigkeit zu geben. Zusammen mit diesem Effekt wirken die Abweichungen um im Schnitt 2 Grad Celsius nach oben und 10 Prozent Niederschlag nach unten werden Kartoffel-Pflanzen also erheblichem Stress ausgesetzt.

„Wir schauen hier vor allem nach neuen Sorten“, sagt Maik Poser. Derzeit sei Gala am gefragtesten. Doch die Auswahl ist groß. Nicht zuletzt wegen gehäuft auftretendem Extremwetter achte man dabei darauf, wie die Sorten mit langanhaltender Trockenheit umgehen. „Aber es ist auch sehr wichtig, wie sie für Einlagerung und Verpackung geeignet sind.“ Sie dürften weder zu klein noch zu groß sein, um im Einzelhandel gut angenommen zu werden.

Von Selbstversorgung ist man weit entfernt im Freistaat. „Das sieht man schon daran, dass die ersten Frühkartoffeln oft aus Zypern oder Griechenland kommen.“ Wenig begeistert sind die Landwirte zudem, dass trotz schlechter Erträge in diesem Jahr weiterhin Lock-Angebote in Supermärkten auch mit Kartoffeln gemacht würden. Niedrigpreise aber passten nicht zu den Auflagen des Staates: „Wahrscheinlich produzieren wir weltweit die besten Lebensmittel“, sagt Poser und spielt damit auf bundesweite Bauernproteste vom Dienstag an. Die Politik dürfe mit mehr Auflagen die Lebensmittelproduktion nicht aus Deutschland vertreiben.