Berlin. Für Netflix-Nutzer ist das Teilen eines Zugangs bequem, den Streamingdienst kostet es viel Geld. Ein Verbot wäre allerdings riskant.

Es war ein vergleichsweise kurzes Statement bei der Bekanntgabe der Quartalszahlen der Online-Video-Plattform Netflix: Ein Investor wollte von Manager Greg Peters wissen, was Netflix gegen „das Teilen oder Stehlen von Passwörtern“ unternehmen werde. „Wir behalten das im Auge“, antwortete Peters. „Wir suchen nach kundenfreundlichen Wegen, um das einzudämmen.“ Doch was heißt das konkret?

Da der Manager sich zu konkreten Maßnahmen nicht äußern wollte, schießen nun die Spekulationen ins Kraut: „Netflix will das Teilen von Accounts unterbinden“, titelte etwa Stern.de. Der österreichische „Standard“ hatte Peters dagegen komplett anders verstanden: „Verbotenes Account-Sharing: Netflix geht nach wie vor nicht offensiv dagegen vor“, schrieb das Blatt. So oder so: Die Aufregung in der Netzgemeinde ist nun groß. Und bisher hat Netflix nichts unternommen, um für Klarheit zu sorgen.

Netflix erleidet Verluste durch Account-Sharing

Das bisherige Schweigen zu einer konkreten Lösung des Problems könnte wohl kalkuliert sein, denn Netflix steckt in einem Dilemma: Einerseits ist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Teilen eines Anschlusses für bis zu vier Personen erlaubt – vorausgesetzt, sie leben im selben Haushalt.

Neu auf Netflix im Oktober 2019

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    Andererseits ist im Zeitalter der mobilen Kommunikation kaum nachzuvollziehen, ob die Tochter eines Netflix-Kunden oder der Freund eines Freundes von unterwegs auf dem Tablet eine Netflix-Serie schaut. Letzteres wäre schon jetzt verboten. Und dass Netflix durch das illegale Teilen von Passwörtern Einnahmeverluste erleidet, liegt auf der Hand.

    Auf Nachfrage dieser Redaktion heißt es dazu nun von Netflix: „Die Weitergabe von Passwörtern an Personen außerhalb eines Haushalts birgt Risiken, die ein kompromittiertes Netflix-Konto zu Folge haben können. Wir arbeiten an nutzerfreundlichen Lösungen zur Minimierung der Gefahr durch unerlaubtes Passwort-Sharing.“ Doch wie sehen „nutzerfreundliche Lösungen“ aus?

    Vorbild Spotify?

    Wohl nicht so, wie beim Musik-Streamingdienst Spotify. Der bittet seit diesem Sommer Kunden, die einen Account gemeinsam nutzen, stichprobenartig um Nachweise, dass sie im selben Haushalt leben. Das hat viel Ärger ausgelöst. Und wenn Netflix sich derzeit etwas nicht leisten kann, dann ist es Ärger.

    Gerade erst hat sich der Dienst von seinem schwachen zweiten Quartal erholt. Im dritten Quartal gewann er 6,8 Millionen neue Nutzer, was zwar unter der angekündigten Marke von sieben Millionen lag, aber die Erwartungen der Anleger dennoch übertraf.

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      Und die Zeiten dürften für die Plattform aus dem kalifornischen Los Gatos, die vor kurzem ein Büro in Berlin eröffnet hat, nicht einfacher werden. Ganz im Gegenteil: Im November gehen die Online-Video-Dienste Disney+ und Apple TV+ an den Start. Und Anfang 2020 wird der Medienriese Warner sein neues Angebot HBO Max online stellen.

      Angesichts dieser starken Konkurrenz wäre es für Netflix höchst riskant, die bisherigen Möglichkeiten des Account-Sharing auch nur im Ansatz einzuschränken. Die Möglichkeiten gegen das illegale Weitergeben von Passwörtern vorzugehen, sind also gering. Viel mehr als die Hoffnung, dass durch die nebulösen Ankündigungen von Greg Peters, der eine oder andere verschreckt wird, der sein Passwort unerlaubt weitergeben will, bleibt dem Dienst nicht.