Essen. Der ARD-Ganovenfilm „Alte Bande“ knüpft an einen Kultstreifen von 1976 an. Mario Adorf und Tilo Prückner zeigen noch mal ihr Können.

Wenn er mal eben in einem fairen Wettkampf einen tätowierten Muskelprotz gleich mit dem ersten Hieb seiner Linken ins Land der Träume schickt, dann wird nur bestätigt, woran ohnehin niemand zweifelt: „Boxer“ ist der unangefochtene und allseits verehrte Chef im Ring.

Dass er hinterher seine Schmetterhand kühlen muss, das kennt er, das stört ihn nicht weiter. Umso besorgter ist der Gefängnisarzt – schließlich hat sein Häftling die 80 schon seit geraumer Zeit hinter sich gelassen. Und so veranlasst er Boxers Verlegung in einen Seniorenknast.

„Alte Bande“: Mario Adorf brilliert als Gauner „Boxer“

Allein der Gedanke daran lässt den Veteranen schaudern, und die Realität wird noch schlimmer, denn in der geriatrischen Außenstelle erwartet ihn ausgerechnet sein alter, in Hassliebe verbundener Kumpel Wallberg.

Die Rolle des sympathischen Ganoven, der mehr als die Hälfte seines Lebens im Gefängnis verbracht hat, ist dem wunderbaren Mario Adorf von Constantin Lieb und Simon X. Rost geradezu auf den Leib geschrieben.

Jederzeit ebenbürtig: Tilo Prückner als Wallberg

Sein jederzeit ebenbürtiger Gegen- und Mitspieler als Wallberg ist ein Kollege, mit dem Adorf vor mehr als 40 Jahren schon das unvergessene Ganoven-Duo „Bomber und Paganini“ bildete – und der jetzt für die melancholische Komödie „Alte Bande“ vom vorabendlichen „Rentner-Cop“ noch einmal ins Gauner-Fach gewechselt ist: Tilo Prückner.

„Alte Bande“ (Regie: Dirk Kummer, Kaspar Heidelbach) ist dabei keineswegs eine Fortsetzung des Kultfilms aus dem Jahr 1976; eher könnte man von einer Reprise sprechen, von der Wiederaufnahme einer köstlichen, jetzt um die Faktoren Altersweisheit und bübischer Seniorenwitz erweiterten Buddy-Konstellation.

Auf der Suche nach den Juwelen – und der unbekannten Tochter

Mit dem Knurrpott Wallberg, der erfolgreich den Dementen mimt, um seinen Handel mit Medikamenten und seine Fluchtpläne zu verbergen, hat Boxer vor Jahren den letzten großen Coup gelandet. Die Juwelenbeute haben sie vergraben. Nur „Henne“ (Hermann Beyer), der Dritte der „Alten Bande“, wurde damals aus Mangel an Beweisen nicht verurteilt.

Henne eröffnet, dass er endlich die Adresse von Boxers großer Liebe Kathrin (Hildegard Schmahl) herausgefunden hat. Mehr noch: Boxer ist offenbar auch schon seit Jahrzehnten Vater einer Tochter. „We gotta get out of this place“, dröhnt es mit den Animals, wenn das Trio den tolldreisten Ausbruch vorbereitet.

Das Spiel der Altstars entschädigt für die Schwächen des Films

Draußen, auf der Suche nach Kathrin und dem verbuddelten Schatz, wird der Film endgültig zur Kür-Gala von Mario Adorf und Tilo Prückner, die ganz groß aufspielen. Wie die beiden alle Register ihres Könnens ziehen, da nimmt man die unwahrscheinlichsten Entwicklungen freudig in Kauf.

Und verzeiht auch, dass etwa die leitmotivische Filmmusik mit ihrem rhythmisch unterlegten (Alters-) Japsen alles andere als witzig ist und so wenig zu dieser warmherzigen Komödie passt wie manche Nebenszene in ihrer aufgesetzten Lustigkeit.

Früh ahnt man, welche Familie, welches Zuhause letztlich auf Boxer und Wallberg wartet – und trotzdem freut man sich mit ihnen, wenn sie endlich glücklich angekommen sind.

  • „Alte Bande“, Mittwoch, 20.15 Uhr, ARD