Berlin. Teure Lebensmittel, hohe Energiekosten: Bei „Maybrit Illner“ zeigte sich, dass eine Gruppe von der Inflation besonders betroffen ist.

Die Inflation ist hoch, die Energiekosten sinken nur langsam: Trotz jüngster Entspannung drücken die Preise auf die Geldbeutel vieler Menschen in Deutschland. Hinzu kommt eine sogenannte technische Rezession, die allgemein um die Lage der Wirtschaft bangen lässt. Wie ernst ist dieser Mix? Das wurde am Donnerstagabend bei „Maybrit Illner“ verhandelt.

„Maybrit Illner“ – Das waren die Gäste:

  • Kevin Kühnert (SPD), Generalsekretär
  • Carsten Linnemann (CDU), stellvertretender Parteivorsitzender
  • Julia Friedrichs, Journalistin und Filmemacherin
  • Adam Tooze, britischer Wirtschaftshistoriker
  • Daniel Stelter, Makroökonom und Unternehmensberater

Zunächst widmete sich die Runde jenen, die besonders von der Lage getroffen werden. „Die Inflation ist eine unsoziale Inflation“, sagte Julia Friedrichs. Insbesondere Lebensmittel und Energie seien teurer geworden, was vor allem die Ärmeren treffe.

„Das untere Viertel weiß langsam nicht mehr weiter“, berichtete die Journalistin von ihren Recherchen. Die Einsparmöglichkeiten seien bei vielen ausgeschöpft. Diese Lage sei vielen Entscheidern nicht klar, weil deren Lebenswelt eine ganz andere sei. Lesen Sie auch: Studie: Inflation trifft Familien mit Kindern besonders hart

Inflation: Ampel-Koalition unter Erklärungsdruck

Kevin Kühnert sah das als Vertreter der Bundesregierung durchaus auch so. Zugleich verwies der SPD-Generalsekretär darauf, dass man zahlreiche Maßnahmen wie etwa die Energiepreisbremsen umgesetzt habe, um die Folgen abzufedern. Klar sei aber auch: „Nicht jeder kann das tragen.“ Deshalb sei die Politik gefragt, dafür zu sorgen, dass die Folgen nicht überall gleich stark durchschlagen – etwa, indem der Mindestlohn steige.

Bei Carsten Linnemann führten diese Ausführungen zu Wallungen. „Wir haben immer einfach alle bedacht“, kritisierte der CDU-Wirtschaftspolitiker etwa unter Verweis auf die Energiepreisbremsen, das 49-Eurock-Ticket und den Tankrabatt. Dabei sei es statt des kostspieligen Prinzips Gießkanne viel sinnvoller, gezielt zu schauen, wer was brauche. Lesen Sie auch: Strompreis: Wie Habeck und Co. der Industrie helfen wollen

Das klang plausibel, wenn auch etwas überraschend für einen CDU-Wirtschaftspolitiker. Kühnert hatte eine Erwiderung parat, die ernüchternd aber durchaus richtig war: „Es gibt kein Instrument, um den Bürgern gezielt Geld auszuzahlen“, stellte der SPD-Politiker fest. Auch habe man schnell handeln müssen, weswegen individuelle Prüfungen nicht möglich gewesen seien.

Inflation: Nicht alle Preise sind gestiegen

Doch wie sind wir überhaupt in die Lage gekommen? Adam Tooze stellte fest, dass es sich eigentlich gar nicht um eine Inflation, sondern um einen Preisschock handle. Nicht alle Preise seien gestiegen, sondern nur bestimmte. Problematisch sei aber, dass die Löhne nicht in gleichem Maße in die Höhe geschnellt sind. „Das führt zu sozialen Härten“, befand der Wirtschaftshistoriker. Lesen Sie auch: Industriestrom: Was der Habeck-Plan für die Wirtschaft heißt

Eine andere Theorie vertrat der Ökonom Daniel Stelter. Das Kernproblem sei, dass in Deutschland in den vergangenen Jahren kein echter Wohlstand mehr geschaffen worden sei. „Der Kuchen ist nicht größer geworden“, sagte Stelter. Gleichzeitig seien Dinge wie die Infrastruktur und Produktionsmittel in die Jahre gekommen. „Das Land wurde auf 20 Jahren auf Verschleiß gefahren.“

Große neue Erkenntnisse produzierte diese Ausgabe von „Maybrit Illner“ nicht. Allerdings führte sie eine Krise vor Augen, die jeden Tag spürbar ist – zuletzt aber etwas aus dem Fokus geraten war. Das war aller Ehren wert, auch weil das Thema wohl bleiben wird: „Das ist keine kurze Episode, sondern eine grundsätzliche Herausforderung“, sagte irgendwann Kevin Kühnert. Man kann nur hoffen, dass er Unrecht hat. Lesen Sie auch: So viel ärmer sind die Deutschen 2022 wirklich geworden