Essen. Der „Tatort“ Ludwigshafen feiert im neuen Fall von Lena Odenthal ein Doppel-Jubiläum – und ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten.
Beim „Tatort“ aus Ludwigshafen „nullt“ es doppelt. Seit 30 Jahren ist Ulrike Folkerts als „Lena Odenthal“ dem Verbrechen auf der Spur; die neue Folge „Die Pfalz von oben“ ist ihr 70. Fall. Anlässlich dieses zweifachen Jubiläums hat sich der federführende SWR für ein „Sequel“ (Regie: Brigitte Maria Bertele) entschieden, das allerdings viel zu spannend, zu intensiv, zu eigenständig ist, um es als Fortschreibung einer alten Geschichte abzutun.
Autor Stefan Dähnert greift wohl auf Motive des dritten Odenthal-Tatorts „Tod im Häcksler“ zurück. Doch er quält den Zuschauer nicht mit Rückblenden und erklärenden Nacherzählungen. Es reicht zu wissen: Vor 28 Jahren hatte die junge, temperamentvolle Kommissarin im fiktiven Städtchen Zarten mit dem coolen, auf sympathische Weise verschlagenen Ortspolizisten Stefan Tries zusammengearbeitet, der von dem aufstrebenden Jung-Schauspieler Ben Becker verkörpert wurde.
„Tatort“ Ludwigshafen: Es funkte zwischen den beiden
Zwischen Odenthal und Tries funkte es, doch die Umstände verhinderten ein offenes Feuer. Man verlor sich aus den Augen. Nun kehrt Lena nach Zarten zurück, wo der einstige „Schutzmops“ zum Dienststellenleiter aufgestiegen ist.
Tragischer Anlass: Bei der Routinekontrolle eines LKW-Fahrers ist der junge, engagierte Polizeibeamte Hilpert, ein Mitarbeiter von Tries, erschossen worden. Der Fahrer entkam mit seinem Truck über die nahe Grenze nach Frankreich. Doch Lenas Team, das sich im Nachbarort einrichtet, hat mehr als nur diesen Mord zu klären.
Becker und Folkerts: Wiederbegegnung nach 28 Jahren
Mit aus Ludwigshafen angereist ist ein „Interner“. Ein anonymer Mail-Versender, offenbar ein Whistleblower aus Polizeikreisen, hatte auf Unregelmäßigkeiten und dubiose Machenschaften in der Dienststelle Zarten aufmerksam gemacht. Müssen beide Ermittlungsfäden verknüpft werden? Hilpert war, wie es heißt, insgeheim einer großen Sache auf der Spur. Und wollte sich angeblich versetzen lassen.
Die Wiederbegegnung nach 28 Jahren hat, auch dank des wunderbar agierenden Duos Folkerts/Becker, etwas Magisches. Zwischen Odenthal und Tries entsteht im Handumdrehen eine neue Nähe. Andererseits wird Lena erschreckend bewusst, dass die unterschiedlichen Entwicklungen sie auseinander treiben, dass die Vorstellungen des Kollegen längst nicht mehr die ihren sind.
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„Tatort“- Wiederbegnung nach 28 Jahren
Neuer „Tatort“ ist spannendes, psychologisch ausgefeiltes „Sequel“
Aus dem Idealisten, der sich vielleicht deshalb so stark für den getöteten Hilpert einsetzte, weil er in diesem ein Abbild seines eigenen jungen Selbst sah, ist ein gealterter Provinz-König mit einer ureigenen Sicht auf Recht und Gesetz geworden. Was ihn wiederum keineswegs unsympathisch macht.
Es geht um Abhängigkeiten und Korruption, Zarten ist wohl Durchgangsstation auf einer Drogenroute, ein dubioser französischer Großinvestor gerät ins Visier, die Suche sowohl nach Mörder als nach Whistleblower kommt nicht so recht voran. Doch die treibende Kraft in diesem ungewöhnlich spannenden, psychologisch ausgefeilten „Sequel“ ist letztlich die Frage, wie und warum Menschen auf bestimmte Lebensbahnen gelenkt werden.
Die Fans vom „Tatort aus Ludwigshafen würden sich sicher über mehr Fälle dieser Qualität freuen. Ob es auch nach 30 Jahren mit Lena Odenthal noch viele Gelegenheiten dazu geben wird, darüber hat Ulrike Folkerts mit uns im Interview gesprochen.