Berlin. Wann kehrt Deutschland zur Normalität zurück? Der Kanzleramtschef lieferte bei Illner keine konkrete Antwort. Dafür ein anderer Gast.

Wann kehrt wieder Normalität ein? In der Coronavirus-Krise ist das mittlerweile nach zwei Wochen unter Lockdown eine vieldiskutierte Frage. Sie beschäftigte am Donnerstagabend auch die Runde bei „Maybrit Illner“, die sich unter der Überschrift „Testen, Tracken, Impfen – Wettlauf gegen die Zeit“ traf.

Diskutiert wurde das Thema von der Ethikerin Christiane Woopen, Kanzleramtsminister Helge Braun sowie von der Virologin Melanie Brinkmann und Michael Ziemons (Städteregion Aachen).

Coronavirus-Krise: Wann kommt der Exit aus dem Shutdown?

Ein Grund für die zunehmende Vehemenz der Exit-Debatte ist, dass sich die Politik schwer tut, eine Strategie zu kommunizieren. Das hat durchaus gute Gründe, wie Helge Braun deutlich machte: „Das Infektionsgeschehen beruhigt sich nur langsam“, sagte der CDU-Kanzleramtsminister. Deshalb sei es schwer, jetzt schon über einen Ausstieg nachzudenken. „Was die Leute am meisten krank machen würde, wäre, heute ein Hoffnungssignal zu senden und es morgen zurückzunehmen.“

Das klang plausibel, und doch ist es unbefriedigend. Denn natürlich will jeder wissen: Was muss passieren, damit wir nach dem 19. April wieder schrittweise hinaus dürfen? Wann werden die Corona-Regeln gelockert? Und wann öffnen die Schulen wieder – und wie?

„Die Menschen brauchen das“, sagte dazu Christiane Woopen. Deshalb müssten jetzt die Kriterien diskutiert werden, unter denen ein Ende vom Lockdown möglich sein könnte, forderte die Medizinethikerin. Auch die Wirtschaft verlangt klare Zeichen der Politik.

Zugleich machte Woopen auch andere Perspektiven auf. Viele würden derzeit Opfer in Kauf nehmen, um die Gefährdeten zu schützen. Doch es gebe auch andere, die betroffen seien: Etwa Menschen, die jetzt auf eine Chemotherapie oder eine wichtige Operation warteten. Und: „Was macht das mit den Menschen, wenn Sie zuhause sitzen? Suizid, häusliche Gewalt, Kindesmissbrauch“, erinnerte Woopen an die Nebeneffekte des Lockdowns.

Corona-Krise- Metropolen werden zu Geisterstädten

Um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, haben zahlreiche Länder Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen verhängt. Die Straßen sind verwaist, viele Metropolen wirken wie Geisterstädte. Fast menschenleer und autofrei ist auch die Straße des 17. Juni in Berlin.
Um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, haben zahlreiche Länder Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen verhängt. Die Straßen sind verwaist, viele Metropolen wirken wie Geisterstädte. Fast menschenleer und autofrei ist auch die Straße des 17. Juni in Berlin. © dpa | Carsten Koall
Die Straße des 17. Juni am Brandenburger Tor.
Die Straße des 17. Juni am Brandenburger Tor. © dpa | Carsten Koall
Auch die Shoppingmeile am Berliner Kurfürstendamm ist aufgrund der Corona-Krise menschenleer.
Auch die Shoppingmeile am Berliner Kurfürstendamm ist aufgrund der Corona-Krise menschenleer. © dpa | Michael Kappeler
26. März: Selbst zur Rush Hour um 18 Uhr ist die U-Bahn Station Friedrichstraße in Berlin verwaist.
26. März: Selbst zur Rush Hour um 18 Uhr ist die U-Bahn Station Friedrichstraße in Berlin verwaist. © dpa | Annette Riedl
Passanten überqueren die nahezu unbefahrene Friedrichstraße in Berlin-Mitte.
Passanten überqueren die nahezu unbefahrene Friedrichstraße in Berlin-Mitte. © dpa | Kay Nietfeld
Die verwaiste Regent Street, eine Haupteinkaufsstraße und Verkehrsader in Londons West End. Die britische Regierung hat im Kampf gegen das Coronavirus weitreichende Ausgangsbeschränkungen beschlossen.
Die verwaiste Regent Street, eine Haupteinkaufsstraße und Verkehrsader in Londons West End. Die britische Regierung hat im Kampf gegen das Coronavirus weitreichende Ausgangsbeschränkungen beschlossen. © Getty Images | Leon Neal
Auf einem Info-Bildschirm über einer Straße in Manchester (Großbritannien) werden die Menschen aufgefordert, zu Hause zu bleiben.
Auf einem Info-Bildschirm über einer Straße in Manchester (Großbritannien) werden die Menschen aufgefordert, zu Hause zu bleiben. © Getty Images | Christopher Furlong
Polizisten und Bahnmitarbeiter an der fast menschenleeren Waterloo Station in London.
Polizisten und Bahnmitarbeiter an der fast menschenleeren Waterloo Station in London. © Getty Images | Alex Davidson
Eine Straße in der Nähe des Vatikans in Rom. Italien ist besonders schwer von der Corona-Krise betroffen.
Eine Straße in der Nähe des Vatikans in Rom. Italien ist besonders schwer von der Corona-Krise betroffen. © AFP | FILIPPO MONTEFORTE
Verwaiste Straßen in der Nähe des Kolosseums in Rom.
Verwaiste Straßen in der Nähe des Kolosseums in Rom. © AFP | Elio Castoria
Ausgangssperren wegen des Coronavirus führen auch in der französischen Hauptstadt Paris zu fast menschenleeren Straßen.
Ausgangssperren wegen des Coronavirus führen auch in der französischen Hauptstadt Paris zu fast menschenleeren Straßen. © AFP | STEPHANE DE SAKUTIN
Die Pariser Prachtstraße Champs-Elysees mit dem Triumphbogen ist fast unbefahren. Nur wenn es unbedingt nötig ist, sollen die Menschen in Frankreich das Haus verlassen.
Die Pariser Prachtstraße Champs-Elysees mit dem Triumphbogen ist fast unbefahren. Nur wenn es unbedingt nötig ist, sollen die Menschen in Frankreich das Haus verlassen. © dpa | Christian Böhmer
Nahezu menschenleer ist auch die „Avenue de l’ Opéra“ in Paris, im Hintergrund die historische Oper.
Nahezu menschenleer ist auch die „Avenue de l’ Opéra“ in Paris, im Hintergrund die historische Oper. © dpa | Christian Böhmer
Eine Frau überquert den Magenta Boulevard in Paris.
Eine Frau überquert den Magenta Boulevard in Paris. © AFP | STEPHANE DE SAKUTIN
Ein Lebensmittel-Verkäufer schiebt seinen Wagen eine fast leere Straße in der Nähe des Times Square in New York hinunter. Die Metropole gilt als das Epizentrum der Corona-Krise in den USA.
Ein Lebensmittel-Verkäufer schiebt seinen Wagen eine fast leere Straße in der Nähe des Times Square in New York hinunter. Die Metropole gilt als das Epizentrum der Corona-Krise in den USA. © dpa | Wong Maye-E
Mitglieder der Army National Guard patrouillieren vor dem Jacob K. Javits Convention Center, das in der Corona-Krise als temporäres Krankenhaus dient. „Wir hängen hier alle zusammen drin“, steht auf der Anzeigetafel.
Mitglieder der Army National Guard patrouillieren vor dem Jacob K. Javits Convention Center, das in der Corona-Krise als temporäres Krankenhaus dient. „Wir hängen hier alle zusammen drin“, steht auf der Anzeigetafel. © AFP | Angela Weiss
Der Verkehrsknotenpunkt Oculus nahe dem Ground Zero in New York.
Der Verkehrsknotenpunkt Oculus nahe dem Ground Zero in New York. © AFP | Spencer Platt
Die Grand Avenue in Downtown Los Angeles. Auch der US-Bundesstaat Kalifornien hat eine Ausgangssperre verhängt.
Die Grand Avenue in Downtown Los Angeles. Auch der US-Bundesstaat Kalifornien hat eine Ausgangssperre verhängt. © AFP | ROBYN BECK
Der leere Hollywood Boulevard in Los Angeles.
Der leere Hollywood Boulevard in Los Angeles. © AFP | Frederic J. Brown
Mumbai, Indien: Eine Hauptverkehrsstraße, die zum Bahnhof „Chhatrapati Shivaji
Mumbai, Indien: Eine Hauptverkehrsstraße, die zum Bahnhof „Chhatrapati Shivaji" führt, ist komplett leer. Der indische Premierminister Modi verhängte eine strenge 21-tägige Ausgangssperre. © dpa | Rajanish Kakade
Eine verwaiste Straße in Mumbai.
Eine verwaiste Straße in Mumbai. © AFP | Punit Paranjpe
Das historische Denkmal India Gate in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi, normalerweise bevölkert von Menschenmassen.
Das historische Denkmal India Gate in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi, normalerweise bevölkert von Menschenmassen. © Getty Images | Getty Images
Ein Motorradfahrer hat eine Straße in Neu-Delhi für sich alleine.
Ein Motorradfahrer hat eine Straße in Neu-Delhi für sich alleine. © Getty Images | Getty Images
Auch wenn sich der Alltag in China langsam wieder normalisiert, sind auf den Straßen Pekings nur wenige Menschen unterwegs.
Auch wenn sich der Alltag in China langsam wieder normalisiert, sind auf den Straßen Pekings nur wenige Menschen unterwegs. © AFP | Nicolas Asfouri
Eine Frau mit Atemschutzmaske vor einem leeren Einkaufszentrum in Peking.
Eine Frau mit Atemschutzmaske vor einem leeren Einkaufszentrum in Peking. © Getty Images | Lintao Zhang
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Ethikerin ist gegen Umkehrisolation in Corona-Pandemie

Doch wie könnte ein schleichendes Ende des Lockdowns aussehen? Woopen zeigte sich skeptisch, dass es mit einer sogenannten Umkehrisolation getan sein könnte – das also alle Jungen und Gesunden wieder raus dürfen, die Gefährdeten aber in Isolation bleiben. Das sei hart, auch seien Personen aus anderen Gruppen durch das Coronavirus gestorben, merkte die Vorsitzende des Europäischen Ethikrates an.

Besser sei es, nach Regionen und Branchen zu differenzieren. „Dann macht man zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern andere Bereiche auf als in NRW oder Bayern“, sagte Woopen.

Interessant war, wie Braun darauf reagierte. Einerseits wies der Kanzleramtsminister darauf hin, dass die Risikogruppen schon jetzt besonders geschützt würden. Andererseits räumte er ein, dass es am Ende wohl durchaus eine Art Differenzierung geben müsse. „Das ist immer gut“, sagte Braun und bestätigte damit, dass so der Weg aus der gegenwärtigen Lage aussehen könnte.

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Das Fazit

Es ist gut und richtig, dass die Frage nach dem Fortgang der Kontaktsperren jetzt konkreter diskutiert wird – und dass das auch bei „Maybrit Illner“ stattfand. Zwar hat diese Diskussion durchaus etwas Heikles, weil Menschen sie als falsche Entwarnung verstehen könnten.

Am Ende ist es aber genau so, wie die Ethikerin Woopen es ausführte: Um den Lockdown zu ertragen, ist es entscheidend, dass wir wissen, unter welchen Bedingungen eine Normalisierung möglich sein wird.

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„Maybrit Illner“ in der Mediathek anschauen

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