Berlin. Der dritte Alpenkrimi „Steirerkreuz“ um die Ermittler Sascha Bergmann und Sandra Mohr ist spannend, sexy – und oft auch bitterböse.

Spannend und verschroben waren bereits die ersten Alpenkrimis nach Romanen von Claudia Rossbacher. Der dritte Fall – „Steirerkreuz“, zu dem Chefinspektor Sascha Bergmann (Hary Prinz) und Kommissarin Sandra Mohr (Miriam Stein) aus Graz ins ländlich-sittliche Mürztal gerufen werden, verdient zusätzlich die Prädikate sexy und oftmals bitterböse.

Das den Naturpark Mürzer Oberland in der Steiermark zierende Steirerkreuz etwa, mit 40 Metern Höhe und einer Spannweite von 32 Metern das größte Holzkreuz der Welt: „Gut“, maunzt Bergmann nach nervenden Tagen im Schatten der symbolträchtigen Landmarke, die im Film als Spende der Unternehmerfamilie Fürst gen Himmel ragt, „dass Christus nicht gehängt wurde, sonst stünden jetzt überall Galgen“.

„Alpenkrimi“: Erzkatholizismus und Bigotterie gehen Hand in Hand

Der Sarkasmus trifft hier ins Schwarze. Denn die Ermittler stecken in einer kleinen Welt fest, die einerseits von einer archaischen Gottesfürchtigkeit geprägt ist, in der andererseits Erzkatholizismus und Bigotterie Hand in Hand gehen.

Der Unternehmer Walter Fürst liegt erwürgt in seinem Bett. Seine Mutter, die gestrenge Matriarchin Pauline Fürst (Gisela Schneeberger) versucht, allzu konkrete Ermittlungen zu unterbinden. Einen Skandal wie vor Jahren, als der ehemalige Mitarbeiter Schindler (Julian Weigend) wegen der Vergewaltigung ihrer Schwiegertochter Magdalena (Anna Rot) verurteilt wurde, will sie um jeden Preis verhindern.

Das Ansehen der Familie steht über allem

Sie ist nicht die Einzige mit einem Geheimnis. Magdalena etwa geißelt sich im stillen Kämmerlein und missioniert als Moderatorin im Privatsender „Corpus Christi“.

Je mehr Bergmann und Mohr über die Fürst-Dynastie in Erfahrung bringen, umso klarer wird: Der Glaube muss warten, wenn es um das Ansehen der Familie geht, um finanzielle Interessen oder um das Ausleben verklemmter Sexualität. Wichtig ist, dass man sein Kreuz zu tragen bereit ist und die Schuld durch nachträgliche Buße tilgt.

Im „Paradies“ war das Mordopfer kein Unbekannter

Die erste Spur führt die Ermittler ausgerechnet ins „Paradies“, ins Bordell am Ortsrand, wo Religiosität auf Libertinage trifft und auch der Ermordete kein Unbekannter war. Zusammen mit den lakonischen Dialogen sorgen fortan geradezu „paradiesische“ Umstände immer wieder dafür, dass die Last der „ernsten“ Themen (z.B. Affäre oder Vergewaltigung) humorvoll abgefedert wird.

Das betrifft nicht nur den beflissenen Dorfpolizisten Franz (Holger Schober), der ist zwar offen mit einem Paradies-Engel liiert, aber trotz seiner profunden Ortskenntnisse keine große Hilfe.

Die amüsanten Nebenstränge nehmen nichts von der Spannung

Auch bei Bergmann und Mohr kribbelt es. Er arbeitet fleißig an einem Beziehungs-Revival mit Kollegin Eva Merz (Eva Herzig) von der Spurensicherung, und Mohr zieht ein Comeback bei Bergmanns überraschend aufgetauchtem Sohn Daniel durchaus in Erwägung.

Geschickt baut Wolfgang Murnberger (Drehbuch und Regie) diese amüsanten Nebenstränge ohne jeden Spannungsverlust in eine Krimi-Geschichte ein, in der es ein zweites Opfer gibt und die endet, wie sie im Schatten dieses Steirerkreuzes enden muss. Mit Haft respektive Fegefeuer.

  • ARD, „Steirerkreuz“, Donnerstag, 12. Dezember, 20.15 Uhr