Berlin. Bei „Maischberger“ ging es um die „sozialen Kosten“ der Corona-Krise. Denn Nachrichten über häusliche Gewalt nehmen im Moment stark zu.

Mindestens bis zum 20. April sollen die Bundesbürger wegen der Corona-Krise weitgehend abgeschottet voneinander leben. Wie es danach weitergeht, ist noch ungewiss. Bei „Maischberger. Die Woche“ am Mittwochabend wurde jedoch deutlich, dass sich immer mehr die Frage nach den sozialen Kosten dieses Zustands aufdrängt.

Was sich unter diesem doch eher vagen Begriff der „sozialen Kosten“ verbirgt, schilderte die Schauspielern Jutta Speidel („Um Himmels Willen“) ganz konkret: Häusliche Gewalt nimmt zu, Hilfsangebote für notleidende Frauen und Kinder werden immer rarer. Ihr eindringlicher Appell: „Wir brauchen dringend mehr Raum für Frauen und Kinder in Not, die gerade häusliche Gewalt erleben!“

„Maischberger. Die Woche“ – das waren die Gäste am Mittwochabend:

  • Stephan Weil (SPD), niedersächsischer Ministerpräsident
  • Jutta Speidel, Schauspielerin
  • Stefan Willich, Epidemiologe und Gesundheitsökonom
  • Florian Schroeder, Kabarettist
  • Claudia Kade, „Welt“-Innenpolitikchefin
  • Jakob Augstein, Journalist und Verleger

Speidel war es, die der weitgehend belanglosen Talkshow konkret ein Problem aufzeigte, dass eine große Dimension hat. Denn wenngleich in manchen besser situierten Wohnvierteln immer wieder auch von den positiven Aspekten der Quarantäne (Stichwort: Entschleunigung) die Rede ist, gibt es auch ganz andere Lebensrealitäten.

Speidel hatte 1997 den Verein „Horizont“ gegründet. Dieser betreibt zwei Mutter-Kind-Häuser in München und bietet obdachlosen Müttern und Kindern sowie benachteiligten Familien ein Zuhause auf Zeit. Doch jetzt, berichtete Speidel bei „Maischberger“, stößt sie mit ihrem Verein an die Grenzen des Machbaren: „Wir müssen hilfesuchende Menschen ablehnen.“ Es sei schlicht kein Platz mehr für alle Hilfesuchenden.

Corona-Krise: Auch Abschottung hat ihren Preis

Da zeigte sich: Die aktuell massiven Maßnahmen zur Eindämmung der Virusverbreitung haben auch ungewollte Folgen. Sandra Maischberger fasste es zwischendurch angesichts von drohender Armut, Einsamkeit vor allem älterer Menschen und befürchteten ansteigenden Suizidraten zugespitzt als „Preis der Abschottung“ zusammen.

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    Denn auch der Sozialmediziner Stefan Willich warnte: „Bei höherer Arbeitslosigkeit und einhergehender Armut werden wir in zwei, drei Jahren gravierende medizinische Erkrankungsprobleme und Sterblichkeitsraten bekommen“, warnte Willich.

    Und so verwunderte es nicht, dass sich der Großteil der Sendung um den 20. April drehte. Verleger Jakob Augstein zeigte wenig Verständnis, dass es diese Maßnahmen überhaupt gibt, „Welt“-Journalistin Claudia Kade analysierte, dass der Politik danach die Argumente für eine Verlängerung ausgehen werden. Und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bemühte sich, für Verständnis in der Bevölkerung zu sorgen.

    Corona-Handy-App als Werkzeug digitaler Überwachung?

    Doch anstatt diese Positionen miteinander diskutieren zu lassen und auf Widersprüche zu verweisen, beließ es Sandra Maischberger dabei, jedem einmal seine Meinung kundtun zu lassen. So weit, so wenig erkenntnisreich. Einzig bei der Frage um die Einführung einer Handy-App zu Coronavirus-Bekämpfung entzündete sich eine – kurze – Debatte. Lesen Sie hier: Wie Handydaten im Kampf gegen das Coronavirus helfen sollen

    Stephan Weil fand die Idee super – sie wäre ja schließlich freiwillig. Doch natürlich ist das mit der Freiwilligkeit immer so eine Sache – schließlich entstünde für alle, die die App nicht nutzen wollen, ein sozialer Druck. Damit wäre die Freiwilligkeit passé.

    Auch Kabarettist Florian Schroeder hatte arge Bedenken, ob damit nicht ein weiteres Werkzeug zur digitalen Überwachung großer Bevölkerungsteile geschaffen werde. „Wenn die Büchse der Pandora geöffnet ist, wird sie nicht wieder geschlossen“, befürchtete er. Hinzu kam: Der Epidemiologe Stefan Willich konnte auch keinen sonderlich großen medizinischen Nutzen erkennen.

    Das Fazit

    Eigentlich hatte der „Maischberger“-Talk gute Ansätze. Trotz Corona-Dauerschleife gab es mit dem Schlagwort „soziale Kosten“ ein Thema, das bislang noch wenig diskutiert worden ist. Doch dafür fehlte es an weiteren Gästen neben Jutta Speidel, die dazu etwas Sinnvolles hätten sagen können. Stattdessen nahm sich Sandra Maischberger ausladend viel Zeit mit Stefan Weil – ohne sonderlich Spannendes zutage zu fördern.

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