Berlin. Bei “Markus Lanz“ ging es um die Einsamkeit von Jugendlichen durch Corona. Einen Gast hatte der Moderator besonders auf dem Kieker.

Wer sind wir, wenn diese Pandemie vorbei ist. Bei "Markus Lanz" war Zeit für ein Zwischenfazit. Unsere Kinder werden nach der Krise mit einem großen Problem zu kämpfen haben – mit der Einsamkeit. Doch vor dieser Erkenntnis teilte der Moderator kräftig aus.

"Markus Lanz" – Das waren die Gäste:

Es klingt ein wenig nach Long-Covid bei Kindern der anderen Art: Die Jugendlichen seien nach Corona einsamer denn je, sagte Diana Kinnert (30), CDU-Politikerin. Einsamkeit, damit sei nicht Abwesenheit von anderen Menschen gemeint. Nein, etwas anderes. Eher so etwas wie die Abwesenheit der Qualität von Beziehungen. Kinnert, die junge Frau mit dem Hut, die ja sehr oft in Talkshows sitzt und immer verblüffen kann, weil sie so viele Fremdwörter ohne Pause hintereinanderschaltet, weist darauf hin, dass Follower ja keine Freunde sind.

Corona verschärft Risiko der digitalen Sucht bei Jugendlichen

Man könnte jetzt ein wenig gähnen. Diese These hat man ja nun schon mal gehört. Aber natürlich hat Diana Kinnert Recht. Und schon wegen unserer Kinder lässt man die guten, alte Argumente über die schlimmen Folge der digitalen Sucht auch an diesem Abend nochmal wirken.

Und dieser digitale Raum ist ja auch wirklich trügerisch: Jugendliche schaffen sich hier ihr perfektes Umfeld. Mit zig Filtern wird die eigene Lebensrealität designt. Schon immer. Und jetzt in der Pandemie noch viel mehr. Hajo Schumacher, Publizist und Gründer des "Mutmach"-Podcast für die "Berliner Morgenpost", spricht von einer Sucht, gegen die selbst die besten Mütter und Väter nicht ankommen. "Unsere Kinder hängen an der Nadel."

Corona hat alles das, was da war, verstärkt: Wer vorher Freunde hatte, behielt sie. Wer keine hatte, hockte noch länger vor dem Bildschirm. Stunden um Stunden verbrachten unsere Kinder in einer Welt, die auf inszenierte Selbstdarstellung beruht, so Kinnert. Und das Schlimme: "Das Leben der anderen ist immer geiler."

Einsamkeit in Corona-Pandemie: Gefühl der Ausweglosigkeit

Die anderen haben die beste Uhr, die besten Klamotten, haben den besten Urlaub. Und das stecke die Psyche nicht so einfach weg. Im Gegenteil: Diese Selbstoptimierung führe letztlich zu nichts Gutem, sondern zum Absterben der Gefühle. Bei der Recherche zu ihrem Buch "Die neue Generation" habe ihr jemand gesagt: "Nein, ich erzähle keinem meine Probleme, weil ich dann das Gefühl habe, eine Zumutung zu sein."

Die Einsamkeit habe aber tiefere Gründe, so Kinnert: Es gehe um das Gefühl der Ausweglosigkeit und auch um Dinge wie den Klimawandel. Und auch darum, dass keiner wisse, was mit seiner Ausbildung oder seinem Job in zwei Jahren ist. Eltern erkennen sofort, was Kinnert meint. Aber Eltern wissen auch, dass es bei ihnen selbst auch nicht anders war.

Jobs, die nicht sicher waren oder sind. Das Gefühl, nicht zu wissen, was nach der Ausbildung ist – das sind doch ganz alte Hüte. Lanz fällt das auch auf. Aber damals, damals hätten noch Bindungen funktioniert. Und diese Bindungen seien heute – dank Social Media – nicht mehr intakt.

Kinder und Jugendliche brauchen Gemeinschaft - nicht nur virtuell

Um Bindungen aufzubauen, benötigen Kinder Gemeinschaft, eine reale Gemeinschaft. Doch woher nehmen, wenn die Schulen dicht sind, so Ties Rabe, Hamburger Schulsenator (SPD). Weil es schon zum Ende hin ging, nickten alle versöhnt. Dabei hatte es vorher ordentlich Zoff gegeben.

Da hatte Markus Lanz den Schulsenator über eine Stunde in die Mangel genommen: Weil der Schulsenator nämlich meinte, er hätte es besser gefunden, wenn die Schulen nicht so lange geschlossen geblieben wären. Und sie aber dann doch geschlossen hat. Das machte Lanz schon rasend. Ein Entscheider müsse entscheiden und sich nicht auf die Umstände berufen.

Markus Lanz hat Hamburgs Schulsenator auf dem Kieker

Dann ging die Kritik wie in einem Rausch weiter: Nicht genug Luftfilter habe er für Hamburgs Schulen beschafft. Und vor allem habe er sich nicht um das Infektionsrisiko gekümmert, das von Schülern ausgeht. Einfach geglaubt, dass Kinder nicht ansteckend sind.

Hallo, haben das nicht viele sehr lange geglaubt, weil das Virologen so gesagt haben? Ja – und nein, dazu habe es Studien gegeben. Die richtige, die falsche. Man wird ein wenig kirre gemacht. Vor allem kriegt Rabe noch mal richtig einen vor den Koffer vom Moderator, weil er das Geschehen an Schulen mit hohem Infektionsgeschehen wie die Heinrich-Hertz-Schule, an der es 36 erkrankte Kinder gab, nicht richtig verfolgt habe.

Lanz schmeißt mit Corona-Fachbegriffen um sich

Dass Lanz schon einige Dutzend Sendungen zu Corona auf dem Buckel hat, hat auch bei ihm Spuren hinterlassen. Er ist ja fast so schlau wie ein Virologe. Was ja gut ist. Er muss sich ja auskennen. Seine Begrifflichkeiten jedenfalls wirken so überaus kenntnisreich, dass ein Laie nachts noch googeln muss, was er meint.

Zum Beispiel: Was war das nochmal genau, mit dem Sequenzieren, von dem er immer spricht. (Ach ja: Untersuchung auf verschiedene Mutationen). Also fragt er ein bisschen wie vor dem Landgericht, ob Schulsenator Rabe in den Schulen mit Infektionen denn auch immer sequenziert habe? "Wir haben eine Reihenuntersuchung gemacht", sagt Rabe. "Ich rede von Sequenzieren", sagt Lanz, der immer wieder dieselbe Frage stellt: "Haben Sie sequenzieren lassen?"

Lanz hat sich an diesem Abend wohl selbst auf eine Karte geschrieben: Rabe nerven, um der Wahrheit die Ehre zu geben. Doch so gerne der Zuschauer ja die Wahrheit erfahren würde, irgendwie war man von der Wahrheit der Sequenzierungsfrage einfach nur noch überfordert. Und fragte sich am guten Schluss, ob es wohl richtig ist, dass die sich jetzt alle nur noch die Fehler um die Ohren hauen. Aber wo denkt man hin, als Zuschauer. Natürlich müssen Fehler aufgearbeitet werden. Und wo sonst, wenn nicht in einer Talkshow?

"Markus Lanz" – So liefen die vergangenen Sendungen