Berlin. In vielen Ländern steigt die Inzidenz, gelockert wird trotzdem. Bei „Lanz“ wurde über die Delta-Variante in Deutschland diskutiert.

  • Sahra Wagenknecht bei "Markus Lanz": Die Politikerin beim Thema Corona vor einer Panikmache
  • Bei einer Virologin kommen die Aussagen nicht gut an
  • Und auch der Moderator sagt ihr klar die Meinung

Steigende Inzidenzwerte und immer noch keine Herdenimmunität: Die Delta-Variante ist weiterhin auf dem Vormarsch. Doch während Israel auf Impfauffrischungen setzt, entfallen in England ab kommender Woche fast alle Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie. Welches Szenario im Herbst auf Deutschland zukommen könnte und welche Konzepte jetzt entscheidend sind, diskutierte Markus Lanz am Dienstagabend mit seinen Gästen.

Bereits zu Beginn der Sendung positionierte sich die Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht zur aktuellen Lage: „Irgendwann muss man auch tatsächlich Maßnahmen aufheben“. Allerdings betonte Wagenknecht, dass dies nur dann möglich sei, wenn die Situation in den Krankenhäusern weiterhin konstant bleibt.

Nachvollziehen kann die Virologin Helga Rübsamen-Schaeff das nicht. Sie mahnte vor zu viel Leichtsinnigkeit. Demnach müsse man beachten, dass es aufgrund der aggressiveren Delta-Variante auch einen höheren Corona-Impfschutz der Bevölkerung brauche.

„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:

  • Sahra Wagenknecht, Politikerin (Linke)
  • Anja Maier, Journalistin ("Weser-Kurier")
  • Prof. Helga Rübsamen-Schaeff, Virologin
  • Prof. Alena Buyx, Ethikerin
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„Markus Lanz“: Virologin warnt vor Lockerungen

„Da sind wir eben in meinen Augen noch nicht so weit, dass wir lockern sollten“, erklärte die Virologin. In England könne man nämlich auch eine erhöhte Krankenhausbelegung feststellen, die vor allem auch jüngere Menschen betreffe. Auch die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates Alena Buyx zeigte sich äußerst skeptisch: „Die Frage ist, ob das klug ist, diese letzten Maßnahmen, die ja nicht die freiheitseinschränkendsten sind, ob man die alle wegwirft“.

„Kommt nicht irgendwann der Punkt, an dem wir als Gesellschaft sagen müssen, eine bestimmte Anzahl von Kranken und Toten müssen wir akzeptieren?“, fragte der Moderator in die Runde. Sahra Wagenknecht akzentuierte im Gegenzug, dass es die Aufgabe der Politik sei, schwer erreichbaren Risikogruppen ein Impfangebot zu machen.

„Eine wirkliche Herdenimmunität kann es ja nur geben, wenn die Impfstoffe das bewirken, nämlich die sogenannte sterile Immunität, dass man es nicht weitergeben kann, und das ist bei den zurzeit zugelassenen Impfstoffen nicht der Fall“, sagte die Linke-Politikerin.

„Markus Lanz“: Werden die Schulen wieder öffnen?

Die Aussage sorgte bei Journalistin Anja Maier für reichlich Kopfschütteln. „Man schützt nicht nur sich selbst, man schützt auch die anderen, das ist auch ein Stück Verantwortung“, warf sie in die Runde. „Aber man kann es doch übertragen“, entgegnete Wagenknecht. Für Aufklärung sorgte Alena Buyx: „Es ist schon so, dass doppelt Geimpfte deutlich seltener das Virus weitergeben“.

Blickt man auf den kommenden Herbst, stehen vor allem die Schulöffnungen im Mittelpunkt. Während die CDU-Politiker Armin Laschet und Friedrich Merz eindeutig für Öffnungen plädieren, erteilte die Ständige Impfkommission (Stiko) noch nicht einmal eine generelle Impfempfehlung für Kinder.

Richtig so, findet Sahra Wagenknecht. „Kinder haben auch natürlich eine andere Immunreaktion. Man sollte auch nicht den Eltern immer so Angst machen. Es muss eine Zusage der Politik geben, dass die Schulen unter allen Bedingungen offen bleiben“, sagte Wagenknecht.

„Lanz“: Lafontaine nennt Lauterbach „Covid-Heulboje“

Mit welcher Psychologie Deutschland in den Herbst gehe, wollte Lanz von seinen Gästen wissen – mit englischem Optimismus oder deutschem Pessimismus? „Was mich wirklich schon die ganze Zeit stört, seit Corona angefangen hat, ist tatsächlich dieser Panikmodus. Ich bin auch für Vorsicht natürlich“, antwortete Wagenknecht, die übrigens selbst noch nicht geimpft ist.

So richtig für Vorsicht ist Wagenknechts Partner und Linke-Politiker Oskar Lafontaine nicht. Lafontaine nannte unter anderem SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach eine „Covid-Heulboje“, die „Arm in Arm mit der Pharmaindustrie den Teufel an die Wand malen“.

Die Aussage des Politikers ging der Journalistin Anja Maier zu weit. „Oskar Lafontaine, wo kommt denn jetzt diese Expertise her?“, fragte die Journalistin. „Hat Ihr Mann heimlich Virologie studiert?“, witzelte Markus Lanz in Wagenknechts Richtung. Die Linke-Politikerin verteidigte ihren Mann und betonte, dass es zahlreiche Prognosen gegeben habe, die nicht eingetroffen seien.

„Lanz“: Lafontaines Aussage beinahe „Verschwörungstheorie“

In dieser Welle seien 30.000 Menschen gestorben, warf Alena Buyx kritisch ein. So wirklich verteidigen konnte Wagenknecht ihre Aussage nicht. Immer wieder betonte die Politikerin, dass im Frühjahr deutlich weniger Menschen verstorben seien. „Vor einem Jahr hatte man nicht mal Masken“, kommentiere Virologin Helga Rübsamen-Schaeff.

Als beinahe „Verschwörungstheorie“ bezeichnete der Moderator Lafontaines Aussage in Bezug auf die Pharmaindustrie. Wagenknecht zeigte sich unbeeindruckt. Sie findet: Der ständige Alarmismus geht eindeutig zu weit.

„Die Experten in diese Ecke zu stellen, das finde ich wirklich schwierig“, entgegnete Alena Buyx. Für die Ethikerin haben gute wissenschaftliche Argumente nichts mit wirtschaftlichen Interessen zu tun. Demnach führe die Annahme, dass Experten „auf dem Schoß der Pharmaindustrie sitzen“ zur Unglaubwürdigkeit, was im Rahmen der Pandemie besonders gefährlich sei.

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