Berlin. AfD-Politikerin Alice Weidel ist selten Gast in Talkshows. Nun war sie bei “Markus Lanz“. Sie glänzte mit erstaunlichem Nichtwissen.

  • Alice Weidel war am Dienstagabend bei "Markus Lanz" zu Gast
  • Zu Beginn der Sendung wurde Weidel von Lanz weitgehend ignoriert, als es um Corona ging, fiel sie vor allem mit falschen Behauptungen auf
  • Und auch bei anderen Fragen drückte sich Weidel um Antworten

Wie lange hatte das Team von "Markus Lanz" wohl dafür geackert, diesen speziellen Gast in die Sendung zu bekommen? Wie hartnäckig mögen die Anfragen gewesen sein? Wie viele Abfuhren musste es wohl eingesteckt haben? Am Dienstag war es dann endlich so weit: AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel gab sich die Ehre, bei "Lanz" aufzutreten. Kritik vom Donnerstag: Friedrich Merz versteht bei "Markus Lanz" nichts

Und der seltene Gast brachte tatsächlich eine Überraschung mit. Moderator Markus Lanz, der in der vergangenen Zeit eher dafür Bekanntheit erlangte, seinen Gäste auch mal auseinanderzunehmen, musste sich noch nicht einmal sonderlich anstrengen, um aus Alice Weidel herauszukitzeln: "Die Spitzenkandidatur mit Tino Chrupalla. Das werde ich wohl machen, Herr Lanz."

„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:

  • Alice Weidel: Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion
  • Ann-Katrin Müller: Journalistin, "Spiegel"-Redakteurin
  • Volker Wissing: FDP-Generalsekretär
  • Prof. Timo Ulrichs: Virologe

Alice Weidel: AfD-Entscheidung über Spitzenkandidaten am Mittwoch

Die Katze war also aus dem Sack: Weidel und Chrupalla werden sich als Spitzenteam für die Bundestagswahl 2021 bewerben, um ihre Partei in den Bundestagswahlkampf zu führen.

Das ist das Spitzen-Duo der AfD

Alice Weidel und Alexander Gauland haben die AfD in den Bundestag geführt. Sie holten insgesamt 12,6 Prozent für die Partei. Wir stellen beide Spitzenpolitiker vor.
Alice Weidel und Alexander Gauland haben die AfD in den Bundestag geführt. Sie holten insgesamt 12,6 Prozent für die Partei. Wir stellen beide Spitzenpolitiker vor. © dpa | Uli Deck
Im April 2017 wurde Weidel auf dem AfD-Bundesparteitag in Köln mit 67,7 Prozent der Stimmen zur Spitzenkandidatin gewählt. Gemeinsam mit dem stellvertretenden Parteivorsitzenden Gauland bildet sie die Parteispitze.
Im April 2017 wurde Weidel auf dem AfD-Bundesparteitag in Köln mit 67,7 Prozent der Stimmen zur Spitzenkandidatin gewählt. Gemeinsam mit dem stellvertretenden Parteivorsitzenden Gauland bildet sie die Parteispitze. © Getty Images | Sascha Schuermann
Weidel trat im Jahr 2013 in die AfD Baden-Württemberg ein. Zwei Jahre später wurde sie in den Bundesvorstand der Partei gewählt.
Weidel trat im Jahr 2013 in die AfD Baden-Württemberg ein. Zwei Jahre später wurde sie in den Bundesvorstand der Partei gewählt. © imago/Christian Thiel | imago stock&people
Nach dem Abitur studierte Weidel Volks- und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth und schloss als eine der Jahrgangsbesten ab. 2005 arbeitete sie als Analystin im Bereich Vermögensverwaltung bei Goldman Sachs in Frankfurt am Main.
Nach dem Abitur studierte Weidel Volks- und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth und schloss als eine der Jahrgangsbesten ab. 2005 arbeitete sie als Analystin im Bereich Vermögensverwaltung bei Goldman Sachs in Frankfurt am Main. © imago/photothek | Florian Gaertner/photothek.net
Weidel ist mit einer Film- und Fernsehproduzentin liiert. Mit ihr und deren Kindern lebt das Paar im schweizerischen Biel. Ihren Hauptwohnsitz hat Weidel in Überlingen am Bodensee.
Weidel ist mit einer Film- und Fernsehproduzentin liiert. Mit ihr und deren Kindern lebt das Paar im schweizerischen Biel. Ihren Hauptwohnsitz hat Weidel in Überlingen am Bodensee. © dpa | Christian Deutzmann
Obwohl die AfD für die „traditionelle Familie als Leitbild“ in ihrem Parteiprogramm plädiert – und hierbei offen lässt, ob eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft mit Kindern ebenso als Familie gilt – sieht Weidel die AfD als „Garant der Rechte von Homosexuellen“.
Obwohl die AfD für die „traditionelle Familie als Leitbild“ in ihrem Parteiprogramm plädiert – und hierbei offen lässt, ob eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft mit Kindern ebenso als Familie gilt – sieht Weidel die AfD als „Garant der Rechte von Homosexuellen“. © imago/photothek | Thomas Trutschel/photothek.net
Wirtschaftspolitisch spricht sie sich den Euroaustritt Deutschlands aus. Außerdem schlägt sie vor, Spanien und Portugal aus der Eurozone zu entlassen.
Wirtschaftspolitisch spricht sie sich den Euroaustritt Deutschlands aus. Außerdem schlägt sie vor, Spanien und Portugal aus der Eurozone zu entlassen. © Getty Images | Thomas Lohnes
Im Wahlkampf konnten Weidel und Gauland auf prominente Wahlkampfhilfe zählen – ausgerechnet von der aus der CDU ausgetreten Erika Steinbach.
Im Wahlkampf konnten Weidel und Gauland auf prominente Wahlkampfhilfe zählen – ausgerechnet von der aus der CDU ausgetreten Erika Steinbach. © dpa | Sebastian Gollnow
Der Abgang aus der ZDF-Sendung „Wie geht’s Deutschland?“ am 5. September 2017 war wohl einer der größten Eklats im AfD-Wahlkampf.
Der Abgang aus der ZDF-Sendung „Wie geht’s Deutschland?“ am 5. September 2017 war wohl einer der größten Eklats im AfD-Wahlkampf. © Screenshot ZDF | Screenshot ZDF
Zuwanderung und Asylpolitik waren im Wahlkampf die wichtigsten Themen der AfD. Weidel und Gauland forderten eine Schließung der Mittelmeerroute und die Einrichtung von Asylzentren, um weitere Einwanderungswellen nach Deutschland zu stoppen.
Zuwanderung und Asylpolitik waren im Wahlkampf die wichtigsten Themen der AfD. Weidel und Gauland forderten eine Schließung der Mittelmeerroute und die Einrichtung von Asylzentren, um weitere Einwanderungswellen nach Deutschland zu stoppen. © imago/IPON | Stefan Boness/Ipon
Am 14. April 2013 wurde Alexander Gauland auf dem Gründungsparteitag der Euro-kritischen AfD gemeinsam mit Patricia Casale und Roland Klaus zum stellvertretenden Sprecher gewählt.
Am 14. April 2013 wurde Alexander Gauland auf dem Gründungsparteitag der Euro-kritischen AfD gemeinsam mit Patricia Casale und Roland Klaus zum stellvertretenden Sprecher gewählt. © imago stock&people | Reiner Zensen
Seit 1973 war Gauland Mitglied der CDU, bis er 2013 zum Gründungsmitglied der AfD wurde. Seit 2014 ist er Fraktionsvorsitzender seiner Partei und Alterspräsident im Landtag Brandenburg.
Seit 1973 war Gauland Mitglied der CDU, bis er 2013 zum Gründungsmitglied der AfD wurde. Seit 2014 ist er Fraktionsvorsitzender seiner Partei und Alterspräsident im Landtag Brandenburg. © picture alliance / Rolf Vennenbe | dpa Picture-Alliance / Rolf Vennenbernd
Alexander Gauland wurde nach der Wende Herausgeber der „Märkischen Allgemeine Zeitung“.
Alexander Gauland wurde nach der Wende Herausgeber der „Märkischen Allgemeine Zeitung“. © imago/Detlev Konnerth | imago stock&people
In seinem Büro der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ publizierte er vielfältig. Unter anderem auch die „Anleitung zum Konservativsein“.
In seinem Büro der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ publizierte er vielfältig. Unter anderem auch die „Anleitung zum Konservativsein“. © imago/Detlev Konnerth | imago stock&people
1987 wurde Gauland Staatssekretär und somit Chef der Hessischen Staatskanzlei in Wiesbaden unter Ministerpräsident Walter Wallmann.
1987 wurde Gauland Staatssekretär und somit Chef der Hessischen Staatskanzlei in Wiesbaden unter Ministerpräsident Walter Wallmann. © picture alliance / Tim Brakemeie | dpa Picture-Alliance / Tim Brakemeier
Damals noch zusammen für die Alternative für Deutschland: Alexander Gauland, Björn Hoecke , Hans-Olaf Henkel und Bernd Lucke (v.r.n.l.) im September 2015 bei einer Bundeskonferenz in Berlin. Das Gründungsmitglied Bernd Lucke trat nach seiner Abwahl im Juli 2015 aus der AfD und gründete die Partei Allianz für Fortschritt und Aufbruch (ALFA).
Damals noch zusammen für die Alternative für Deutschland: Alexander Gauland, Björn Hoecke , Hans-Olaf Henkel und Bernd Lucke (v.r.n.l.) im September 2015 bei einer Bundeskonferenz in Berlin. Das Gründungsmitglied Bernd Lucke trat nach seiner Abwahl im Juli 2015 aus der AfD und gründete die Partei Allianz für Fortschritt und Aufbruch (ALFA). © REUTERS | REUTERS / FABRIZIO BENSCH
Alice Weidel und Alexander Gauland verstehen sich gut – die Arbeitsaufteilung zwischen den Spitzenkandidaten ist klar: Während Gauland die Rechtsnationalen bedient, umgarnt Weidel das liberal-konservative Lager.
Alice Weidel und Alexander Gauland verstehen sich gut – die Arbeitsaufteilung zwischen den Spitzenkandidaten ist klar: Während Gauland die Rechtsnationalen bedient, umgarnt Weidel das liberal-konservative Lager. © dpa | Michael Kappeler
Die zwei Spitzenkandidaten und die stellvertretende Bundesvorsitzende der AfD, Beatrix von Storch.
Die zwei Spitzenkandidaten und die stellvertretende Bundesvorsitzende der AfD, Beatrix von Storch. © Getty Images | Sascha Schuermann
12,6 Prozent hat das ungleiche Spitzenduo bei der Bundestagswahl geholt.
12,6 Prozent hat das ungleiche Spitzenduo bei der Bundestagswahl geholt. © REUTERS | REUTERS / HANNIBAL HANSCHKE
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Die AfD hatte beschlossen, dass sich potenzielle Spitzenkandidaten nur als Team bewerben können. Die Bewerbungsfrist endet an diesem Mittwochmittag, 12 Uhr. Bis Freitag soll über die Zulassung der Kandidaten entschieden werden. Beworben hatten sich neben Weidel und Chrupalla auch der pensionierte Generalleutnant Joachim Wundrak (65) und die Bundestagsabgeordnete Joana Cotar (48).

Die Entscheidung, welches Duo am Ende dann an der Spitze stehen wird, sollen alle Parteimitglieder treffen. Weidel hatte vor der vergangenen Bundestagswahl ein Spitzenteam mit Alexander Gauland gebildet. Gemeinsam leiten sie die Fraktion.

"Markus Lanz": Alice Weidel bekommt keinen Stargast-Status

Und wie schlug sich Weidel nun bei "Lanz" unabhängig davon, dass sie die Talkshow geschickt nutzte, um ihre Spitzenkandidatur bekannt zu machen? Zumindest machte Moderator Lanz ganz unmissverständlich klar, dass er Weidel keinen Stargast-Status zuschrieb - und ignorierte sie im ersten Viertel der Sendung sozusagen komplett.

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Während die anderen Gäste und vor allem FDP-Generalsekretär Volker Wissing über Corona diskutierten - diesmal über die Versäumnisse der Bundesregierung bei der Impfstoffbeschaffung, die Wirksamkeit der Bundes-Notbremse und den Sinn von Ausgangssperren - hörte Weidel mehr oder weniger gelangweilt zu.

Alice Weidel drückt sich um klare Antworten

Erst auf Lanz' direkte Frage nach der Haltung der AfD zur Testpflicht in Unternehmen wachte sie aus dem Dämmerzustand auf. Dabei schwafelte Weidel vom "an die Wand gefahrenen" Einzelhandel und Mittelstand, "Hunderten und Tausenden Arbeitsplätzen auf der Kippe" und "verfassungswidrigen Gesetzen der Bundesregierung", um erst auf mehrfache Nachfrage Lanz' zum Punkt zu kommen: "Die AfD setzt auf Eigenverantwortung."

Lanz entlarvte die AfD-Politikerin, wenn sie falsche Behauptungen aufstellte. "Das war eben schon falsch", sagte der Moderator, woraufhin Weidel nur ein "Quatsch" entgegnete. "Haben Sie gerade Quatsch gesagt?", fragte Lanz. "Ich habe gerade Quatsch gesagt", sagte Weidel.

Kontra musste Weidel nicht nur von Lanz, sondern vor allem von Virologe Timo Ulrichs und "Spiegel"-Journalistin Ann-Katrin Müller einstecken. Ulrichs bezeichnete die AfD als "politischen Arm der Corona-Leugner". In diesen Kreisen werde "richtig geschmust", blies Müller ins gleiche Horn.

Immerhin: Anders als bei einem Talkshow-Auftritt 2017, als Weidel nach unliebsamen Fragen die ZDF-Sendung "Wie geht's Deutschland" kommentarlos verließ und aus dem Studio flüchtete, hielt sie bei "Lanz" auch kritische Attacken aus.

Weidel statt Corona: Kaum Erkenntnisgewinn

Und so war das Ende der Sendung schließlich nicht mehr Corona, sondern Alice Weidel gewidmet. Wie 2017 - damals forderte Andreas Scheuer (CSU) sie auf, sich von "Rechtsextremisten" aus ihrer Partei wie Björn Höcke zu distanzieren - musste sich Weidel auch diesmal Fragen nach Höcke gefallen lassen. Wie steht sie heute zu ihm? Ist sie zu "seiner wichtigsten Verbündeten" geworden?

Antworten lieferte Weidel nicht. Auch auf Lanz' Frage, ob der frühere AfD-Politiker Andreas Kalbitz für sie ein Rechtsextremist sei, blieb sie eine Antwort schuldig. Weidels Agieren hat Methode. Antworten bleibt sie schuldig und zieht sich auf Parteihandhabung und juristische Positionen zurück. Erkenntnisgewinn ihrer Befragung in den letzten zehn "Lanz"-Minuten: Null. (mit dpa)

„Markus Lanz“ – So liefen die vergangenen Sendungen

Markus Lanz' Sendung von gestern Abend in der ZDF-Mediathek

Die ganze Folge "Markus Lanz" sehen Sie hier.