Essen. In „Meeresleuchten“ verliert ein Vater, gespielt von Ulrich Tukur, seine Tochter und krempelt sein Leben um. Darum lohnt sich der Film.

Eigentlich wollte der erfolgreiche Unternehmer Thomas Wintersperger (Ulrich Tukur) gemeinsam mit seiner Tochter nach Japan fliegen. Er hatte es fest versprochen, aber dann kam doch wieder etwas dazwischen und die junge Frau musste die Reise alleine antreten.

Bei der Rückkehr hatte sie die Wahl zwischen zwei Linienflügen, sie nahm leider den falschen. Irgendwo in der Dunkelheit stürzt das Flugzeug dann plötzlich in die Tiefe, keine Überlebenden. Als die Nachricht Thomas und seine Frau Sonja (Ursula Lardi) ereilt, will Letztere es einfach nicht wahrhaben: „Sowas passiert nicht“.

Der Film „Meeresleuchten“ nimmt diese Abwehrhaltung der Mutter auf, will aber eigentlich davon erzählen, wie gerade der Vater mit seinen Schuldgefühlen klarkommt.

„Meeresleuchten": Sanfte Herangehensweise der Regie

Mit dem Regisseur Wolfgang Panzer hatte eigentlich niemand mehr gerechnet. Früher führte er Regie bei zahlreichen „Tatort“-Filmen, hatte eine Neuverfilmung von „Die Brücke“ gewagt“ und zuletzt mit „Der große Kater“ (2010) auch noch eine Politposse vorgelegt.

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In den letzten zehn Jahren jedoch war Funkstille, bis Panzer nun plötzlich mit diesem Film samt Drehbuch aufwartet, der Düsteres erwarten lässt, der aber eher sanft an die Dinge herangeht. Man merkt das schon in den ersten Bildern.

Die Kamera zeigt uns das Cockpit des Flugzeuges, in dem die Piloten plötzlich ein Knistern und einen Rauchfaden in der Elektronik bemerken. Man sieht keine Passagiere, man hört nur noch einen ruhigen Funkspruch des Piloten.

Der Vater Thomas ändert sein Leben und kauft einen Lebensmittelladen

Thomas macht anfangs noch all die Rituale mit, die nach einer Katastrophe solchen Ausmaßes auf der Tagesordnung stehen. Also nimmt er auch mit Ehefrau Sonja an der Tour zu jenem Strand teil, der in der Nähe des Absturzortes liegt. Dann aber wird alles anders, kann der schuldbeladene Vater die schluchzende Menge der Angehörigen nicht mehr ertragen – und steigt ohne seine Frau aus dem Bus aus.

Das „Aussteigen“ nimmt der Regisseur hier sehr wörtlich, denn Thomas will tatsächlich aus seinem alten Leben aussteigen. Er möchte offenbar in diesem gottverlassenen Küstenort die Nähe seiner toten Tochter spüren, die hier für immer verschwunden ist. Kurzerhand kauft er dort einen ehemaligen Lebensmittelladen samt Café.

Panzer hätte keinen besseren Schauspieler für diese Hauptrolle finden können als Ulrich Tukur. Der reagiert hier sehr zurückhaltend, lässt eher andere reden, wenn sie denn mal hereinschneien. Wie etwa die Plaudertasche Rena (Carmen Maja Antoni), die mittags immer ihren Mann bekochen will, obwohl der längst verstorben ist.

Im Küstenort trifft Thomas auf Maler und Tänzer

Es gibt den alten Max (Hans Peter Korff), der sich nicht nur um seine Enkelin kümmern muss, sondern auch ein Geheimnis aus dem Krieg mit sich herumträgt. Thomas trifft auf den jungen Maler Matti (Kostja Ullmann) und lernt Renas Enkelin Nina kennen (Sibel Kekilli), eine berühmte Tänzerin, die sich mit Thomas schnell anfreundet.

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Überhaupt floriert das Geschäft allmählich immer besser, existiert hier eine Warmherzigkeit, die Thomas so überhaupt nicht mehr kannte. „Meeresleuchten“ sei „ein Film über Trauer“, meint der Regisseur. „Aber es ist kein trauriger Film.“

Man kann das nur unterstreichen. Und wäre das Ende nicht derart gestaltet, dass man beinah an „Herzkino“ denken muss, dann wäre es ein wunderbarer Film.