Berlin. Ein Meteorologe warnt bei „Markus Lanz“ vor der Bedrohung durch den Klimawandel. Die Sendung bot ansonsten eine gemischte Themen-Tüte.

Wie kann es sein, fragte Sven Plöger kürzlich in seinem neuen Buch „Zieht Euch warm an, es wird heiß“, dass eine Taxi-Fahrt von der Innenstadt zum Münchner Flughafen zweieinhalbmal so teurer ist wie der anschließende Flug nach Hamburg?

„Wenn man den Taxitarif von 1,50 pro Kilometer zugrunde legt, müsste dieser Inlandsflug doch 900 Euro kosten und nicht 29“, rechnete er bei „Markus Lanz“ vor, spitzbübisch lächelnd.

„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:

  • Sahra Wagenknecht (Linke), Politikerin
  • Gabriel Felbermayr, Ökonom
  • Annette Ramelsberger, Journalistin
  • Sven Plöger, Meteorologe

Die plastische Zuspitzung einer absurden Preisgestaltung stehe beispielhaft für viele Situationen, „wo wir ständig anders handeln als wir wollen“, erklärte der beliebte ARD-Wettermann. Und rettete mit seinem anregenden Auftritt zum Schluss sogar noch den Donnerstagabend.

Sven Plöger bei Lanz: „Klimawandel ist wie Asteroid-Einschlag in Zeitlupe“

Der Meteorologe kann nämlich live mindestens genauso verständlich und unterhaltsam den Unterschied zwischen Wetter und Klima erklären wie in seinen Filmen und Büchern. „Der Klimawandel ist wie ein Asteroid-Einschlag in Zeitlupe“, verglich er die bedrohliche Temperaturentwicklung, die Klimaforscher schon vor mehr als 30 Jahren vorhergesagt hatten. „Es ist eine konkrete Bedrohung wie Corona“, setzte er ohne missionieren zu wollen hinzu, „da sollte man genauso vernünftig agieren.“

Im leichten Plauderton berichtete er auch über die heftigen Reaktionen, die seine Milchmädchenrechnung zum Flugpreis öffentlich verursacht hatte. Und brachte damit thematisch sozusagen noch einmal zusammen, worum es den ganzen „Lanz“-Abend in diversen Einzel-Interviews (mit ungewohnt vielen Einspielern) gegangen war: Hass-Reaktionen. Lufthansa. Äußerst komplexe Sachlage. Lesen Sie hier: Corona-Krise: Bis zu 22.000 Jobs bei Lufthansa in Gefahr

Ein gemeinsames Gespräch, ein verbindendes Thema gab es diesmal nicht bei „Markus Lanz“. Der Moderator wirkte eher schon wie im Landeanflug auf die Sommerpause (ab 10. Juli) – bei fast jedem Beitrag versprach er eine Fortsetzung im Herbst. Und beschwatzte jeden Gast einzeln mit flaumig-samtenen, wenig inspirierenden Stichwort-Fragen.

Mord an Walter Lübcke – Das sagt Gerichtsreporterin Ramelberger

„Wie erleben Sie den Prozess?“, wollte er zum Beispiel von Annette Ramelsberger ganz einfach wissen. Die Gerichtsreporterin der „Süddeutschen Zeitung“ erzählte ernsthaft, aber sehr anschaulich, was sie seit zwei Wochen bei der Verhandlung am Frankfurt Oberlandesgericht gegen den mutmaßlichen Mörder von Walter Lübcke erlebt. Lesen Sie hier: Der Mord an Walter Lübcke: Das Protokoll einer Hinrichtung

„Es ist der wichtigste Prozess seit Bestehen der Bundesrepublik“, erklärte sie: Weil es das erste Mal seit Kriegsende sei, dass ein Politiker von einem rechtsextremen Täter getötet wurde. „Aus rein ideologischen Gründen, denn Stephan Ernst kannte den Kassler Politiker nicht persönlich“, wie er im ersten Geständnis vor laufender Kamera zugegeben habe.

In Corona-Zeiten seien aber auch bei Gericht die Plätze für die Öffentlichkeit stark eingeschränkt. „Die Leute stehen schon abends Schlange, um morgens im Gerichtssaal einen Platz zu bekommen.“

Besonders beeindruckt habe sie der Auftritt der Lübcke-Familie beim Prozess. „Als wollten sie sagen, wir verstecken uns nicht, wir stehen hier, um Zeugnis für die Demokratie abzulegen.“ Das sei auch eine schwierig auszuhaltende Situation für den Angeklagten, der der Familie ins Gesicht schauen müsse – und erkennen könne, dass es ein ganzer Mensch war, der gewaltsam getötet worden sei.

Sahra Wagenkneckt kritisiert bei Lanz „ungerechtes Konjunkturpaket“

Dass die rechte Szene seit Jahren verharmlost werde, wollte auch Sahra Wagenknecht aus ihrer Sicht bestätigen. Ob auch sie mehr Drohungen bekomme, wollte Markus Lanz daraufhin wissen. „Die Polarisierung hat insgesamt zugenommen, auch die Intoleranz“, erklärte sie unbestimmt: Durch die sozialen Medien, aber auch durch die Spaltung der Gesellschaft. „Man begegnet sich nicht mehr.“

Ob sie bei öffentlichen Auftritten Angst habe und im Zweifel lieber etwas nicht sage, hakte Markus Lanz nach. Nein, bei einem Auftritt dürfen man darüber nicht nachdenken, verneinte sie.

Wesentlich kämpferischer wurde die Linke-Politikerin, als es um das kürzlich beschlossene Corona-Konjunkturpaket der Bundesregierung ging: „Freiberufler werden auf Hartz IV verwiesen und Großkonzerne mit Staatshilfen überhäuft“, empörte sie sich. Und kritisierte vor allem, dass bei der Lufthansa-Rettung keine Bedingungen gestellt worden seien, die Arbeitsplätze zu erhalten. Lesen Sie hier: Kinderbonus: Das sollte man über den Corona-Zuschuss wissen

Höhere Erkenntnisse brachte die weitere Debatte um Großkonzerne wie BMW oder Adidas, die satte Boni und Dividenden zahlten und gleichzeitig nach Staatshilfen riefen, allerdings nicht.

Das lag weniger an den Antworten von Gabriel Felbermayr, der als Volkswirtschaftler vor allem eine Zunahme der Vermögens-, aber noch mehr der Chancen-Ungleichheiten erkannte: „Abgekoppelt von ihrer realen Einkommenssituation sind die Leute darüber zunehmend verärgert – weil sie Sorge haben, dass das System nicht nachhaltig ist.“

„Markus Lanz“ – Mehr zum Thema: