Essen. In „Du allein“, ihrem neuen Fall, haben es die Stuttgarter „Tatort“-Kommissare Lannert und Bootz mit einem Heckenschützen zu tun.

Heckenschützen im Kino, das können Psychopathen sein, die ihre Lust am wahllosen Töten unschuldiger Menschen kombinieren mit der gleichzeitigen Möglichkeit, damit viel Geld zu erpressen. Daneben aber gibt es auch noch den „Sniper“, der im Auftrag handelt oder im Krieg agiert.

Für das, was sich jetzt im Stuttgarter „Tatort: Du allein“ abspielt, will so recht nichts davon greifen. Denn hier geht es um einen Täter, bei dem es scheint, als schieße er seine Opfer wahllos ab. Der tatsächlich aber einen vermeintlich guten Grund dafür hat, seine Morde exakt zu planen und präzise auszuführen.

Alles beginnt mit einem Posteingang für die Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare). Adressiert ist der Brief an „die Ermittler im heutigen Mordfall“ und besteht aus lediglich einer simplen „1“. Den beiden schwant sofort, was das nur bedeuten kann.

Noch während sie darüber reden, gibt es bereits ein erstes Opfer – eine Frau mittleren Alters, durch ein Zielfernrohr in den Rücken geschossen. Was zurückbleibt, ist eine Patronenhülse, ebenfalls signiert mit einer „1“.

„Tatort“ aus Stuttgart: Verblüffender Regie-Kniff macht den Krimi sehenswert

Spätestens bei dem zweiten Toten auf der blutigen Liste, einem jungen Mann, den es weit ab von der Stadt beim Joggen erwischt, wird die Lage prekär. Eine Geldübergabe ist bereits gescheitert, nun muss man damit rechnen, dass immer und überall ein weiterer Mensch auf offener Straße tot zusammenbricht.

Für den 25. Stuttgarter „Tatort“ mit dem bewährtem Duo Lannert und Bootz liefern der Drehbuchautor Wolfgang Stauch und die Regisseurin Friederike Jahn („Der Andi ist wieder da“) einen wahrlich atemberaubenden Plot ab. Von einem Spannungsmoment zum nächsten taumelt die Geschichte. Ohnmächtige Ermittler fürchten aufkommende Panik in der Stadt.

Und selbst Bootz fleht seine Exfrau an, mit den Kindern für ein paar Tage zu verreisen. Er selbst muss später miterleben, wie vor seinen Augen das Opfer Nummer drei erschossen wird. Das raffiniert konstruierte Drehbuch lässt dem Zuschauer dabei wenig Spielraum zur Entspannung.

„Du allein“: Ein „Tatort“ mit überraschenden Momenten und toller Musik

Völlig verblüfft ist man schließlich, wenn Autor Stauch plötzlich mitten im Geschehen den Mörder samt seiner Waffen preisgibt. Eine konsequente Haltung bricht sich hier Bahn, denn die Spannung wird dadurch eher noch forciert. Gleichzeitig aber werden dadurch diverse Zeitebenen entlarvt, die nun vieles deutlicher werden lassen. Wie etwa die Figur des eigentümlichen Tabakwarenhändlers (Karl Markovics), der seit drei Jahren weder Haus noch Geschäft verlassen hat. Endlich erfährt man warum und was er eigentlich mit der ganzen Geschichte zu tun hat.

Der Stuttgarter „Tatort“ hat in Sachen Qualität derzeit ohnehin einen „Run“, den „Du allein“ noch zu adeln weiß. Nicht zuletzt liegt das hier auch an der Filmmusik des Popduos Isobel Campbell & Mark Lanegan. Ihr durch den Film geisternder Song „Sunrise“ bleibt lange haften, ist in seiner Melancholie ein wunderbares Gegenstück zum Thrill des Stoffes.