Berlin. Ein Schweizer Seuchenschützer warnt vor einer möglichen Corona-Infizierung über kontaminierte Banknoten. Ist das Risiko wirklich so hoch? Und was gilt für andere Oberflächen?

Den Deutschen ist ihr Bargeld bisher lieb und teuer. Weniger als in anderen europäischen Ländern setzen sie auf Kartenzahlung, vor allem bei kleinen Einkäufen.

Die Deutsche Bundesbank will am Dienstag (17. März) zur Bargeldversorgung in Zeiten der Corona-Krise und einer möglichen Übertragung des Virus über Banknoten und Münzen informieren. Im Zuge der Pandemie sind Zweifel aufgetaucht: Ist Bargeld wirklich eine Virenschleuder?

- Behauptung: "Viren auf Banknoten können eine Gefahr darstellen, wenn man sich nach dem Anfassen nicht die Hände wäscht und ins Gesicht greift", sagte Mark Witchi, Leiter der Sektion Impfempfehlung und Bekämpfungsmaßnahmen im Schweizer Bundesamt für Gesundheit, jüngst der " Wirtschaftswoche ". Influenzaviren könnten beispielsweise bis zu 17 Tage auf Banknoten überleben, hätten seine Untersuchungen ergeben.

- Bewertung: Die Wahrscheinlichkeit, sich an Geldscheinen oder Münzen mit dem neuartigen Coronavirus zu infizieren, ist nach Einschätzung deutscher Experten sehr gering.

- Fakten: "Das auf dem Geldstück klebende Virus würde ich mal weitgehend vergessen", sagte dazu der Virologe Christian Drosten in einem NDR-Podcast . Der Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité erläuterte, bei Corona- und Influenzaviren handele es sich um behüllte Viren. Diese seien gegen Eintrocknung "extrem empfindlich".

Anders sei es bei Schnupfenviren, die unbehüllt seien und weniger empfindlich gegen Eintrocknung. Diese würden eher mit den Fingern in die Nase gebracht und könnten dort für Infektionen verantwortlich sein. Bei Coronaviren erfolge eine Infektion dagegen meist über den Rachen - "und wir stecken uns den Finger nicht in den Hals", so Drosten.

Er verwies darauf, dass die Abläufe nicht abschließend erforscht seien. Aber "wahrscheinlich ist das so, dass diese Viren einfach schwerpunktmäßig mehr über Tröpfcheninfektion übertragen werden, weil sie eben eingeatmet werden müssen". Deshalb trage bei der aktuellen Coronaviruserkrankung die Kontaktübertragung eine geringere Rolle, als bei anderen Erkältungskrankheiten.

Der Greifswalder Hygienefacharzt Günter Kampf sieht zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit, im unbelebten Umfeld von Covid-19-infizierten Personen Viren zu finden - etwa auf der Kleidung, auf Brillen und auch Geldscheinen. Aber: "Ob das Material noch infektiös ist, weiß man nicht. Ob die Menge ausreicht, um über die Hände auf die Nasenschleimhaut übertragen zu werden und eine Infektion auszulösen, weiß man nicht", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Ebenso unwahrscheinlich sei es, dass Viren beim Streicheln des Fells von Hunden und Katzen übertragen werden. "Theoretisch ja, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es passiert, geht gegen Null", sagte Kampf.

US-Forscher haben für eine neue Studie nachgewiesen, dass das neuartige Corona-Virus Sars-CoV-2 mehrere Tage auf Oberflächen überdauern kann. Das lebensfähige Virus sei in Luftpartikeln bis zu drei Stunden nachweisbar gewesen, auf Kupferoberflächen bis zu vier Stunden und auf Pappe etwa einen Tag, schrieben die Forscher mehrerer Institute in der Studie, die im "New England Journal of Medicine" publiziert wurde. Auf Kunststoff und Edelstahl konnten lebensfähige Coronaviren noch nach zwei bis drei Tagen nachweisbar gewesen. Geldscheine oder Münzen wurden für diese Studie allerdings nicht untersucht.

Die Empfehlung, sich oft und gründlich die Hände zu waschen, bleibt also von höchster Bedeutung, um eine Virenübertragung auf Atemwege und Schleimhäute zu vermeiden.

Virologe Drosten: Abstandhalten wichtiger als nichts anzufassen

Risiko Türklinke? Trotz einer Studie zur Stabilität des Coronavirus auf Oberflächen wertet Virologe Christian Drosten das Abstandhalten zu anderen Menschen als maßgeblichere Schutzmaßnahme. Über die Studie wurde in den vergangenen Tagen viel in sozialen Medien diskutiert. Diese sei jedoch extrem simpel gehalten, die reale Infektion werde damit wahrscheinlich nicht abgebildet, sagte der Wissenschaftler der Berliner Charité im NDR-Podcast.

Menschen, die sich schützen wollten, setzten angesichts solcher Daten womöglich die falschen Prioritäten und fassten zum Beispiel keine Türklinken mehr an, sagte Drosten. Der wichtigere Mechanismus bei Viren, die durch Tröpfchen übertragen werden, sei aber, sich nicht mehr so nahe zu kommen, sich nicht anzuhusten und keinen längeren Sprechkontakte aus der Nähe zu haben. Man solle zudem Situationen meiden, in denen man keinen Einfluss mehr auf den Abstand habe, etwa in der U-Bahn. "Dann ist eben die Frage, soll man nicht lieber mit dem Fahrrad fahren stattdessen?"

Verbraucherzentrale: Keine Corona-Ansteckungen über Lebensmittel

Bisher gibt es nach Angaben der Verbraucherzentrale keine nachgewiesenen Fälle einer Übertragung des Coronavirus über Lebensmittel oder importierte Produkte. "Wie überall spielen auch bei der Zubereitung von Lebensmitteln die Hygieneregeln eine entscheidende Rolle", betonte die Verbraucherzentrale in einer Pressemitteilung. Diese seien streng einzuhalten, um sich selbst und andere vor einer Ansteckung zu schützen. Nach derzeitigem Wissensstand sei eine Übertragung des Virus über Lebensmittel oder importierte Produkte unwahrscheinlich.

Das gelte laut Umweltbundesamt auch für eine Übertragung durch Trinkwasser. Um sich selbst und andere Menschen vor einer Ansteckung zu schützen, seien die allgemeinen Hygieneregeln wie häufiges, gründliches Händewaschen sowie Husten oder Niesen in die Armbeuge besonders wichtig.

Auf Hygiene kommt es auch bei der Zubereitung von Lebensmitteln an. Da die Viren hitzeempfindlich seien, könne das Risiko durch das Erhitzen von Lebensmitteln gesenkt werden. Das Bundesinstitut für Risikobewertung fasse in einem Merkblatt zusammen, was bezüglich der Lebensmittelhygiene im Haushalt zu beachten sei, betonte die Verbraucherzentrale.