Gebesee. Kirchenchor aus Gebesee singt in der Pariser Oper. Gloriosa läutet Ostersonntag für Pariser Kathedrale

„Wir fahren trotzdem – aber die Stimmung im Bus wird eine ganz andere sein“, erklärte gestern Marion Fritzsche vom Gebeseer Kirchenchor.

Die Stimmung werde deshalb betrübt sein, weil das Ziel der Reise ursprünglich Notre Dame in Paris war. Der Kirchenchor wollte sich einen Traum erfüllen, hat ein Jahr lang geprobt, um einmal dort singen zu können. Am 24. April wäre es 11 Uhr vor der Messe soweit gewesen. Eine halbe Stunde hätte der Chor dann mitten in der Kathedrale stehen können. Das Programm war bereits genehmigt – deutsche Kirchenlieder, zwei in Latein, drei Gospelsongs.

Vor 14 Tagen, bei der letzten Probe, sei endlich alles im Lot gewesen – habe jeder im Chor gespürt, dass alles stimmt, dass in Paris ein perfektes Klangerlebnis abgeliefert werden könne. Mit den Nachrichten vom verheerenden Brand am Montag hatte sich der Traum für die Chormitglieder schlagartig verflüchtigt. Die Vorfreude wurde von sprachloser Betroffenheit abgelöst.

Jetzt steht aber fest: Der Chor fährt trotzdem. Schon wegen der vielen Arbeit und Zeit, wegen des Herzbluts und des Engagements, das in dieses Projekt investiert wurde. Marion Fritzsche, die als ehemalige Französisch-Lehrerin die Weichen in der französischen Hauptstadt gestellt hat, ist bereits auf der Suche nach anderen Plätzen, auf denen der Chor während seines einwöchigen Aufenthaltes in Paris singen kann. „Wir wollten in der Notre Dame singen, jetzt werden wir für Notre Dame singen“.

Im Foyer der Pariser Oper wurde bereits ein Auftritt des Chores abgestimmt – mit Unterstützung des Staatssekretärs für Partnerschaft mit Frankreich, sollen weitere Auftritte dazu kommen. Man möchte dabei die Auftritte gern als Benefiz-Veranstaltung nutzen, den Erlös für den Wiederaufbau spenden. Der Chor hat bereits dafür gespendet, die 400 Euro Auftrittsgebühr, auf die er jetzt sehr gern verzichtet.

Vor etwa 14 Jahren war der Schulchor des Gebeseer Gymnasiums schon einmal in Paris, schon einmal sang ein Chor aus Gebesee in der Kathedrale – damals mit der Musikleiterin des Gymnasiums, mit Marlis Hildebrand.

Dieses Erlebnis wollte Marion Fritzsche wiederholen – und stieß mit ihrem Vorschlag vor einem Jahr offene Türen auf. Der Kirchenchor fand schnell Unterstützung von Chormitgliedern in Weimar-Nohra und Jena, die für den perfekten Klang benötigten Männerstimmen wurden in Marbach gefunden.

Über ein Jahr wurde im Monat einmal geprobt. In Gebesee, in Marbach oder in Gispersleben, bei der Leiterin des Chors, bei Kantorin Anna Maria Heinke. Über längere Zeit wurde auch das Rahmenprogramm für die Reise vorbereitet, Unterkünfte und gemeinsame Besuche von Sehenswürdigkeiten. Neben der Oper stand (und steht weiterhin) das Schloss Versailles, das Kulturmuseum in La Villette, eine Bootsfahrt auf der Seine auf dem Programm. Die Mühen sollen nicht umsonst gewesen sein. Eines steht bereits fest: An diese Reise werden sich alle Teilnehmer mit Sicherheit noch lange erinnern.

Wenn die „Gloriosa“ am Ostersonntag geläutet wird, hofft Weihbischof Reinhard Hauke, dass ihr Klang bis nach Frankreich zu hören sein wird. „Das ist physikalisch natürlich unmöglich“, weiß der amtierende Dompropst des Erfurter Domes, „aber wir wollen mit unserer großen Domglocke ein Zeichen der Verbundenheit und der Zuversicht an die Pariser senden, die um ein Haar ihre Kathedrale Notre-Dame verloren hätten.“ Die größte freischwingende mittelalterliche Glocke der Welt, die im Mittelturm des Doms hängt, läutet am Ostersonntag gegen 10.50 Uhr vor dem feierlichen Hochamt.