Weißensee. Die örtliche Agrargenossenschaft hofft auf gutes Erntejahr. Der Artenschutz soll dabei nicht zu kurz kommen

Die Helm-Azurjungfer ist europaweit eine der Libellenarten mit dem höchsten Schutzstatus. Wer jetzt im Sommer einen Spaziergang durch Weißensees Felder unternimmt, kann die strahlend blaue, kleine Libelle, die die Gräben westlich der Stadt besiedelt, entdecken.

Dass die Population nicht schrumpft, dafür setzt sich auch die Agrargenossenschaft Weißensee ein. Das Unternehmen ist seit 2017 im Boot. Damals betrieben der Landschaftspflegeverband „Mittelthüringen“ und die Natura 2000-Station „Mittelthüringen/ Hohe Schrecke“ im Landkreis Sömmerda ein gefördertes Projekt aus EU-Mitteln zum Schutz der Libelle Helm-Azurjungfer. „Die Gräben müssen offen und die Verschilfung zurückgehalten werden. Außerdem muss für offene Wasserstellen gesorgt werden“, erklärt Detlef Röthling, Bereichsleiter des Unternehmens, einige der nötigen Vorkehrungen.

"„Wir wollen nicht nur nehmen, sondern der Natur auch etwas zurückgeben.“"

Detlef Röthling

Die Libellen sind dabei nicht die einzigen gefährdeten Tiere, für deren Lebensraum sich das Unternehmen einsetzt. Eine Untersuchung mit dem Landschaftspflegeverband „Mittelthüringen“ hatte ergeben, dass auf einem Acker bei Schilfa verstärkt Feldhamster vorkommen. 2018 war daraufhin eine 14 Hektar große Fläche angelegt worden. „Sie wurde mit einem extra angelegten, zwölf Meter breiten sogenannten Hamsterstreifen unterbrochen, auf den eine extra Blühmischung aufgebracht wurde. Sie soll den Tieren besonderen Schutz bieten“, erklärt Röthling. Die Hamster sollen sich hier verstecken können und in Ruhe Vorräte für den Winter sammeln.

Wie Detlef Röthling berichtet, ist die Fläche in diesem Jahr auf 30 Hektar erweitert worden. Dabei soll es nicht bleiben. Zusammen mit der Natura 2000-Station „Mittelthüringen/ Hohe Schrecke“ soll nach weiteren Vorkommen gesucht und dort Hamsterschutzstreifen angelegt werden, kündigt er an und hält eine Liste in der Hand, was in Sachen Artenschutz noch alles geschehen ist. Aufgelistet sind da 30 neue Nisthilfen, unter andern für Feldsperling und Blaumeisen, so dass der Gesamtbestand in der Flur jetzt bei 100 liegt. Darüber hinaus wurden vier Feldsteinhaufen, die zahlreichen Tieren einen natürlichen Unterschlupf bieten sollen, vier neue Totholzhaufen für Spinnen, Igel, Amphibien und Reptilien sowie weitere Singwarten installiert. „Seit 2015 setzen wir auf intensiven Naturschutz und haben uns dafür viele Partner und Experten ins Boot geholt. Unser Anliegen ist es, der Natur etwas zurückzugeben“, sagt Röthling. Mittlerweile hat die Agrargenossenschaft Weißensee auf 230 Hektar Blühflächen angelegt. Dazu gehören 46 Hektar sogenannte Pufferstreifen an Waldrändern, Gräben oder Gewässern. Weitere 80 Hektar werden nach den Vorgaben des Kulturlandschaftsprogramms bewirtschaftet.

Seine zurecht gelegte Liste ist noch nicht abgearbeitet. So haben die Weißenseer Bauern 40 Pyramiden-Pappeln „Im Obersee“ sowie weitere 30 Obstbäume und 500 Weidenstecklinge gepflanzt. Zusammen mit dem Landschaftspflegeverein Weißensee sind im Stadtgebiet auch neue Fichten in die Erde gekommen. Der Verband und die Naturschutzbehörde waren auch die Partner bei der Pflege des Baumbestandes. So gebe es im Einzugsgebiet der Weißenseer Agrargenossenschaft mindestens 4000 Kopfweiden. „220 haben wir im vergangenen Jahr geköpft“, sagt Röthling und berichtet von weiteren 600 Bäumen, an denen ein Pflegeschnitt vorgenommen wurde.

Die Weißenseer Agrargenossenschaft hat sich ausschließlich der Pflanzenproduktion verschrieben. Bewirtschaftet werden in den Gemarkungen Weißensee, Günstedt, Scherndorf, Ottenhausen, Gangloffsömmern und Schilfa 4650 Hektar. Angebaut werden Winterweizen, Wintergerste, Winterdurum (Hartweizen), Winterraps, Sommergerste, Sommerdurum, Zuckerrüben, Kartoffeln, Futterrüben und Hopfen.

Beschäftigt sind im Unternehmen, zu dem auch die Hista GmbH Weißensee gehört, 78 Mitarbeiter. Blickt Geschäftsführer Jürgen Paffen aufs Jahr, dann ist er, was die Ernte angehe, verhalten optimistisch. Dass 2018 aufgrund der Dürre ein hartes Jahr für das Unternehmen war, und Einbußen von bis zu 35 Prozent mit sich brachte, daraus macht er kein Geheimnis. Wie er sagt, konnte durch gestiegene Preise das Defizit zum Teil aufgefangen werden. Dürrehilfe habe der Betrieb nicht in Anspruch genommen: „Das war Betrieben vorbehalten, deren Existenz gefährdet war. Das traf bei uns nicht zu.“