Berlin. Überall in Europa werden die Reisebestimmungen gelockert. Überall? Im Gegenteil: In Großbritannien gilt eine 14-tägige Quarantäne.

London-Heathrow, 8.15 Uhr Ortszeit: LH 900 landet auf dem Flughafen der britischen Hauptstadt, einer von täglich drei Flügen aus Frankfurt. Aber für die Passagiere ist etwas an diesem Montagmorgen neu: Nach Ankunft müssen sie für 14 Tage in Quarantäne gehen. Selbstverständlich gilt die Maßnahme auch für Reisende, die Bahn oder Fähre nutzen.

Mit der Quarantäne wollen die Briten eine zweite Welle vermeiden

Der Brexit verpflichtet. Während überall in der EU Einreisebestimmungen gelockert werden, geht Großbritannien auch in der Bekämpfung der Corona-Pandemie eigene Wege: mit der zweiwöchigen Selbstisolation will die Regierung von Premier Boris Johnson einer zweiten Welle von Corona vorbeugen.

Solche strengen Reisebestimmungen kennt man ansonsten von der portugiesischen Ferieninsel Madeira, allerdings in einer Lightversion. Auf der Inselgruppe Madeira werden Urlauber von der Quarantänepflicht befreit, wenn sie bei der Einreise einen Covid-19-Test mit negativem Ergebnis vorlegen, der nicht älter als 72 Stunden ist. Voraussichtlich entfällt die Vorschrift auch schon zum 1. Juli.

Keine Rückkehr zur Normalität auf Kosten von Menschenleben

Bei Einreisen nach Großbritannien muss nun jeder und jede unabhängig von der Staatsbürgerschaft Adress- und Kontaktdaten angeben und in Quarantäne gehen. Und es werden Bußgelder – 1000 Pfund (1125 Euro) – angedroht, falls die Reisenden gegen die Auflagen verstoßen.

Ausnahmen machen die Briten dennoch, allerdings nicht viele: nur für Lastwagenfahrer, Ärzte und Pflegepersonal, Erntehelfer sowie Reisende aus Irland, von der Isle of Man oder den Kanalinseln. Eine Rückkehr zur Normalität könne „nicht auf Kosten von Menschenleben gehen“, betont Innenministerin Priti Patel.

Künftig keine Quarantäne-Pflicht mehr für Einreisende aus EU- und Schengen-Staaten

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