Bad Lobenstein. Das Amtsgericht in Bad Lobenstein hatte am Montag einen Prominenten auf der Anklagebank: Warum das Tierheim in Schleiz davon profitiert.

Das Amtsgericht in Bad Lobenstein hat die Strafverfahren gegen den suspendierten Bürgermeister von Bad Lobenstein, Thomas Weigelt (parteilos), gegen die Zahlung einer Geldauflage vorläufig eingestellt. Der 62-Jährige war angeklagt, weil er den Reporter der Ostthüringer Zeitung, Peter Hagen, beim Marktfest in Bad Lobenstein umgestoßen haben soll. Zudem legte ihm die Staatsanwaltschaft Gera eine Beleidigung zur Last.

Der Übergriff auf den Reporter hatte sich laut Anklage am 20. August 2022 auf dem Marktfest ereignet. Der Bürgermeister sei auf den Journalisten zugestürmt, der mit einem Handy gefilmt hatte. Er habe ihn derart gestoßen, dass der Reporter nach hinten gefallen sei und auch ein zweiter Festbesucher mit zu Boden ging. Dabei seien beide verletzt worden.

„Es waren einfach drei Sekunden meines Lebens, die ich ganz schwer bereue“

„Ich wollte nicht die Presse daran hindern zu berichten. Es waren einfach drei Sekunden meines Lebens, die ich ganz schwer bereue, die so hätten nicht passieren dürfen“, sagt der Bürgermeister. Er sei im Affekt auf den Journalisten zugegangen und habe versucht, mit der linken Hand die Kamera abzudecken. Gestoßen habe er den Reporter nicht, er könne aber nicht ausschließen, dass er ihn berührt habe.

Der Moment, als Bürgermeister Thomas Weigelt mitten auf dem Markt den OTZ-Reporter angreift.
Der Moment, als Bürgermeister Thomas Weigelt mitten auf dem Markt den OTZ-Reporter angreift. © OTZ | Peter Hagen

Peter Hagen berichtete, dass er seit mehreren Jahren in der Reichsbürgerszene im Oberland des Saale-Orla-Kreises recherchiert. Im Fokus habe dabei Heinrich XIII. Prinz Reuß gestanden, der seit Dezember 2022 wegen des Verdachts, der Rädelsführer einer terroristischen Vereinigung zu sein, in Untersuchungshaft sitzt. Hagen hatte sich über die Einladung des Prinzen zum üblichen Empfang der Stadtverwaltung, um verdienstvolle Bürger zu würdigen, gewundert. Er habe deshalb nachfragen wollen, worin dessen Verdienste für die Stadt begründet sind, um ihn einzuladen.

Bei Gespräch mit Heinrich XIII. Prinz Reuß gefilmt

Nachdem der Bürgermeister diese Fragen im Neuen Schloss nicht beantworten wollte, habe er die Gelegenheit zur Nachfrage beim Marktfest nutzen wollen, sagt Hagen. Dort stand der Bürgermeister mit dem Prinzen und dem AfD-Landtagsabgeordneten Uwe Thrum zusammen. Er sei deshalb mit der Kamera auf den Tisch zugegangen. Weigelt stürmte plötzlich auf ihn los. „Der Bürgermeister stieß mich mit voller Wucht nach hinten weg. Ich hatte keinen Halt mehr, sondern habe nur gemerkt, dass noch irgendwer unter mir liegt.“

Reporter Peter Hagen im Gespräch mit der Nebenklagevertreterin Anna-Lena Glander.
Reporter Peter Hagen im Gespräch mit der Nebenklagevertreterin Anna-Lena Glander. © Tino Zippel

Strafrichter Jürgen Leitloff hatte acht Zeugen geladen. Doch die meisten hatten erst hingeschaut, als sich der Vorfall schon ereignet hatte. Nur eine Frau berichtete, wie der Bürgermeister den Reporter „geschoben“ habe. „Er hat ihn noch einmal nach unten gestoßen, als er wieder aufstehen wollte“, sagte die Rentnerin.

Tierheim Schleiz profitiert vom Fehlverhalten des Bürgermeisters

Laut Rechtsmediziner Hans-Peter Kinzl hatte der Sturz eine oberflächliche Hautschürfung und eine Prellung des Oberarmes zur Folge. Er stufte dies als eine leichte Körperverletzung ein. Oberstaatsanwalt Ralf Mohrmann sah ebenfalls eine Körperverletzung in dem Fall, folgte aber wie die Verteidigung und der Angeklagte dem Vorschlag des Strafrichters, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen, wenn er bis Ende November 2000 Euro ans Tierheim Schleiz zahlt. Über Verteidiger Bernhard von Elling entschuldigte sich der Bürgermeister beim Journalisten.

Schon im Mai 2021 soll der Bürgermeister laut Staatsanwaltschaft einen Einwohner beleidigt haben mit den Worten: „Halt die Fresse, du Arschloch.“ Damals hatte der Bürger Anzeige erstattet. Er habe einem Autofahrer, der mit etwa Tempo 80 bei erlaubten 50 Kilometer pro Stunde an seinem Grundstück vorbeifuhr, signalisiert, dass er zu schnell fahre. Der Bürgermeister habe den Volvo-SUV voll gebremst und ihn beleidigt.

Elektriker mit großen Gedächtnislücken

Der Bürgermeister bestreitet das. Der Bürger sei unvermittelt auf die Fahrbahn gesprungen, er habe voll gebremst und sei anschließend weitergefahren, weil der Mann wie „von der Tarantel gestochen“ in Richtung des Autos gekommen wäre. „Ich hatte echt Angst, dass er mich attackiert.“ Vor Gericht offenbart der 23 Jahre alte Anzeigeerstatter große Gedächtnislücken, will sich zunächst gar nicht erinnern. Erst, als der Staatsanwalt dem Elektriker die damalige Anzeige vorhält, fallen ihm Bruchstücke des Geschehens ein.

Das Landratsamt im Saale-Orla-Kreis hatte Weigelt vorläufig aus dem Dienst enthoben. Als Grund nannte die Behörde neben der Attacke auf den Reporter weitere fünf erhebliche Dienstpflichtverletzungen, unter anderem die Diffamierung von Verfassungsorganen und die finanzielle Schädigung der Stadt Bad Lobenstein. Der Bürgermeister setzt sich gerichtlich gegen die Suspendierung zur Wehr.

Bürgermeister von Bad Lobenstein greift beim Marktfest einen Reporter tätlich an