Berlin. Die Hochkulturen Mittelamerikas hatten ausgeprägte Totenkulte. Dazu gehörte anscheind auch, tote Könige auszugraben und zu verbrennen.

Eingebettet im dichten Regenwald von Guatemala waren die Maya-Ruinen von Petén wie vom Erdboden verschluckt. Erst nach Jahrhunderten stießen Forscher nach und nach auf die gewaltigen Stufenpyramiden, die die Maya einst zur Verehrung ihrer Götter erbaut hatten. Mit der Zeit lösten Wissenschaftler immer mehr von den Rätseln, die die mittelamerikanische Hochkultur bei ihrem Untergang verlor. In den abgelegenen Ruinen hat ein Forscherteam der Universität Montreal nun einen weiteren spektakulären Fund gemacht, der darauf hindeutet, dass die Maya bei öffentlichen Ritualen ihre Könige verbrannten. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Antiquity“ veröffentlicht.

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Forscher rätseln über grausame Rituale – Wer waren die Maya?

Die Maya bildeten keine einheitliche Nation, sondern bestanden aus mehreren Völkern mit einer gemeinsamen kulturellen Basis, die aber verschiedene Sprachen sprachen und alle vom Proto-Maya abstammten. Anders als die Azteken oder Inkas bildeten sie nie ein großes Reich, sondern bestanden aus konkurrierenden Stadtstaaten in Gebieten, die heute zu Mexiko, Guatemala, Honduras, Belize und El Salvador gehören.

Bekannt sind die Maya vor allem für ihre architektonischen und künstlerischen Bauwerke, die vor allem während ihrer kulturellen Blütezeit um 8000 v. Chr. bis 2000 v. Chr. entstanden sind. Ein Beispiel für die architektonische Brillanz der Maya ist Ucanal, die ehemalige Hauptstadt des Maya-Königreichs K‘anwitznal, heute in der Nähe der Quelle des Belize-Flusses gelegen. Die Stätte umfasst mehr als 100 Bauwerke, darunter mehrere Pyramiden und Paläste.

Antike Bauwerke: Neben den Ägyptern haben auch die Maya Pyramiden erbaut.
Antike Bauwerke: Neben den Ägyptern haben auch die Maya Pyramiden erbaut. © dpa | Unbekannt

Wisenschaftler entdecken königliche Überreste in Maya-Pyramiden

Auf der Suche nach möglichen archäologischen Funden, die Einblicke in die Maya-Kultur geben könnten, haben Forschende um Grabungsleiterin Christina Halperin von der Universität Montreal eine 1200 Jahre alte Maya-Pyramide in Ucanal in Guatemala genauer unter die Lupe genommen.

Dabei machten sie eine grausame Entdeckung: Sie fanden die menschlichen Überreste zweier verbrannter Leichen, die vermutlich königlichen Ursprungs waren, wie die Funde von Tausenden verbrannter Muschelperlen und Jadeanhänger vermuten lassen. So entdeckten die Archäologen ein Stück eines Jade-Diadems, das typischerweise von Königen getragen wurde, sowie Fragmente einer Mosaikmaske aus Jade, die ebenfalls traditionell in Königsgräbern aufbewahrt wurde.

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Maya-Ritual: Forscher schließen öffentliche Hinrichtung nicht aus

„Die Entdeckung der verbrannten menschlichen Überreste war eine totale Überraschung“, wird Halperin in der österreichischen Zeitung „der Standard“ zitiert. Dass man in einer Tempelpyramide auf ein Königsgrab stoße, sei zwar nicht unerwartet gewesen, doch der Fundort habe die Forscher aufhorchen lassen: Die verbrannten Knochen und Ornamente wurden in der Aufschüttung der Tempelpyramide gefunden. Außerdem fanden sich auf dem Boden und an den Steinblöcken der Mauer keine Spuren von Brandschäden. Daraus folgerten die Forscher, dass die Leichen an einem anderen Ort verbrannt wurden.

Mehr noch: Die Forschergruppe um Halperin hält es für wahrscheinlich, dass die Leichen öffentlich verbrannt wurden. „Die Tatsache, dass sie im Rahmen einer Zeremonie auf einem der großen öffentlichen Plätze in Ucanal abgelegt wurden, deutet zumindest darauf hin, dass die Öffentlichkeit über die Ereignisse im Zusammenhang mit der Entnahme des Inhalts eines königlichen Grabes und der anschließenden Verbrennung informiert war“, so Halperin.

Spektakulärer Fund deutet auf politische Umwälzungen in der Maya-Kultur hin

Wo die Angehörigen der obersten Führungsschicht ursprünglich bestattet wurden, ist bis heute unklar. Eine Radiokarbondatierung ergab jedoch, dass die königlichen Überreste zwischen 773 und 881 verbrannt wurden – einer Zeit großer politischer Veränderungen in Ucanal, als ein Mann namens Papmalil an die Macht kam. Halperin und ihr Team gehen deshalb davon aus, dass die rituelle Verbrennung ein Akt der Entweihung gegenüber der alten Königsfamilie war und das Ende ihrer Herrschaft markierte.

Maya-Kultur: Ein Rätsel für die Wissenschaft

Trotz zahlreicher archäologischer Funde gibt die Maya-Kultur der Wissenschaft bis heute Rätsel auf. So konnte die Schrift der Maya erst relativ spät, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, entziffert werden, was viele Vorstellungen über die Maya – etwa, dass sie ein friedliches Volk waren – ins Wanken brachte. Auch die Gründe für den Kollaps der Maya-Zentren um 900 n. Chr. sind bis heute nicht geklärt. Die Forschung läuft daher weiter auf Hochtouren und bringt immer wieder neue Erkenntnisse über die Maya Kultur ans Licht.