Stuttgart. Die 1990er Jahre waren für Porsche alles andere als glorreich: Der sportliche Glanz verblasste, das Image war verstaubt und die Finanzzahlen im Keller. Doch dann kam vor 25 Jahren der Boxster.

Die Begeisterung für den silbernen Zweisitzer ist groß, den Porsche als Boxster Concept Car Anfang 1993 auf der Detroit Motor Show zeigt. So groß, dass man nur drei Jahre später, auf dem Genfer Salon die kaum veränderte Serienfassung vorstellt und sie im Sommer ab 76.500 D-Mark in den Handel bringt. Für kaum mehr als die Hälfte dessen, was damals ein 911 Cabrio kostet.

So beginnt vor 25 Jahren die Karriere eines Sportwagens, den viele für das vielleicht authentischste Modell der Schwaben halten und ohne das es die Firme heute vielleicht gar nicht mehr geben würde.

Denn seinerzeit haben die Baureihen 928, 968 und der 911 der Generation 964 alle ihren Zenit überschritten, bilanzieren die hauseigenen Historiker in der Rückschau. Auf dem wichtigen US-Markt ist Porsche bei den Totgesagten, Absatz, Umsatz und Ertrag sind im Keller. Dann übernimmt ein neues Team mit Wendelin Wiedeking als Vorstand, Horst Marchart als Entwicklungschef und Harm Lagaay als Designer und versucht mit dem Boxster den Turnaround.

James Dean im Kopf und den Wind in den Haaren

Stilistisch besinnen sie sich mit dem 4,32 Meter langen und 1,32 Meter flachen Roadster mit dem internen Code 986 ihrer Wurzeln und zitieren Ikonen wie den durch James Dean berühmt gewordenen 550 Spyder oder den Rennsportwagen 718 RS 60 Spyder und treffen den Nerv der Zeit so genau, dass es kaum mehr Änderungen gibt. Wo sonst zwischen Studie und Serie oft noch jahrelang retuschiert wird, grätscht der Vorstand hier laut Pressesprecher Jonas Bierschneider ein und ordnet an: "Bitte genauso bauen."

Doch technisch gehen sie einen ganz neuen Weg: Sie stellen den Sechszylinder-Boxermotor nicht nur von Luft- auf Wasserkühlung um, sondern etablieren auch ein neuartiges Gleichteilekonzept, erinnert Bierschneider: Der Boxster nutzt bereits viele Komponenten des ein Jahr später präsentierten 911 der Generation 996 und ermöglicht den Schwaben so die Rückkehr zu einer profitablen Produktion. Die Verwandtschaft mit dem 911 tut dem Boxster gut: Wo frühere Einstiegsmodelle wie der 914 von Porsche-Fans nie so richtig ernst genommen wurden, wird der Roadster auf Anhieb als echter Porsche akzeptiert. Und die Nachfrage übertrifft alle Erwartungen.

Nur rund 200 PS haben leichtes Spiel mit dem Roadster

Spätestens nach der ersten Ausfahrt sind alle Zweifel ohnehin wie weggeblasen: Denn mit seinen 150 kW/204 PS und 245 Nm hat der 2,5 Liter große Sechszylinder mit dem nur 1250 Kilo schweren Boxster tatsächlich leichtes Spiel. Das Auto tänzelt förmlich auf der Ideallinie und hat einen Biss, wie ihn selbst die stärkeren 911 nur noch in den scharfen Sportversionen entwickeln.

Mögen manche eingefleischten Elfer-Fans über eine Spitze von 240 km/h und Sprintwerte von 6,9 Sekunden von 0 auf 100 müde gelächelt haben: Doch in diesem kleinen und leichten Sportwagen, mit dem Wind in den Haaren und dem Triebwerk direkt im Nacken fühlt sich das alles viel schneller, intensiver und authentischer an. Zumal es ja nicht beim 2,5-Liter-Motor bleiben muss. Schon die erste Boxster-Generation bekommt 1999 einen 2,7-Liter-Motor mit zuletzt 168 kW/228 PS und den Boxster S mit 3,2 Litern Hubraum und später 191 kW/260 PS.

Mit den Generationen steigt auch die Leistungspalette. Und einen Bruder bekommt der Boxster auch. Vom Erfolg beflügelt, präsentieren die Schwaben 2005 mit der gleichen Technik das Coupé Cayman. Beide sind auch heute noch im Programm von Porsche.

Jetzt kaufen - oder sich später ärgern?

25 Jahre und rund 357 000 Exemplare nach dem Debüt steht der Boxster jetzt an der Schwelle zum Oldtimer. Er ist für Fans der Marke nach Einschätzung von Frank Wilke der vielleicht attraktivste Porsche in der Palette: "Einerseits sind der Boxster und sein geschlossener Bruder Cayman die ehrlicheren Elfer, weil sie keine übergewichtigen Wohlstandsautos geworden, sondern echte Sportwagen geblieben sind und mit weniger Leistung deutlich mehr Fahrspaß bieten", sagt der Chef des Marktbeobachters Classic-Analytics.

"Und andererseits haben sie die gewaltigen Preissprünge ihres großen Bruders bislang nicht erlebt." Noch könne man für kleines Geld gute Autos aus erster oder zweiter Hand bekommen, sagt Wilke und taxiert die Marktpreise für gute Autos aus der ersten Serie auf 17.000 Euro aufwärts: "Wer da jetzt nicht zuschlägt, wird sich vielleicht schon in fünf Jahren gewaltig ärgern."

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