Berlin. Eine Frau berichtet, sie sei auf einer Flixbusfahrt belästigt worden – von einem Mann, der im Bus Drogen rauchte. Das sagt Flixbus.

Belästigung und Drogenmissbrauch in einem Flixbus – und niemand greift ein: Die 26-jährige Südafrikanerin Aliyah Rainer hatte eine unangenehme Nacht in einem Flixbus von Stuttgart nach Berlin.

Der Vorfall habe sich in der Nacht zum vergangenen Montag ereignet, sagte sie unserer Redaktion: Ein auf der anderen Seite des Mittelgangs sitzender Mann habe ihr plötzlich seine Hand aufs Knie gelegt. „Ich war so schockiert, ich konnte nichts sagen“, sagt die 26-Jährige. „Meine Hilflosigkeit in dem Moment machte mich wütend auf mich selbst. Eigentlich wollte ich schlafen, es war ja eine Nachtfahrt. Aber das konnte ich dann nicht mehr.“

Der Mann habe sie schon vor Fahrtantritt angesprochen, verlangt, dass sie ihm ein Ticket mit ihrem Handy buche. Sie habe das abgelehnt. Später im Bus habe er seiner Sitznachbarin, die er offenbar nicht kannte, Geschichten über Frauen erzählt, Bemerkungen gemacht. „Ich hatte ein ekliges Gefühl“, so Aliyah Rainer. Was sie zum Zeitpunkt des Übergriffs noch nicht wusste: Das war erst der Anfang.

Flixbus-Erfahrung: Kundin erzählt von Horrorfahrt nach Berlin

Der Mann mit der Mütze soll die 26-Jährige im Flixbus auf der Nachtfahrt von Stuttgart nach Berlin belästigt haben. 
Der Mann mit der Mütze soll die 26-Jährige im Flixbus auf der Nachtfahrt von Stuttgart nach Berlin belästigt haben.  © Privat

Weil sie keinen freien Platz mehr sah, sei sie zunächst sitzen geblieben. „Plötzlich fing der Mann an, weißes Pulver zu schniefen“, so die Fotografin, die seit sechs Jahren in Berlin lebt. „Er fragte die Frau neben sich, ob sie auch wolle. Die lehnte natürlich ab. Ich dachte, das kann doch gar nicht wahr sein. So etwas habe ich noch nie erlebt, und ich bin oft schon Flixbus gefahren.“

Dann habe der Mann Alufolie und ein Feuerzeug herausgeholt. „Das war Crack“, ist Aliyah Rainer sich sicher. „Er rauchte plötzlich Crack. Ich bin sofort nach vorn zum Fahrer gegangen.“ Sie habe dessen Assistenten aufgeweckt. „Ich sagte: Da hinten ist ein Typ, der raucht Crack! Ich fühle mich nicht sicher!“

Der Assistent sei dann zu dem Mann gegangen, habe das Licht im Bus eingeschaltet. „Er kam dann wieder und sagte: ,Nee, niemand raucht da hinten.’ Der Mann sei außerdem jetzt still, da könne er nichts machen.“

Flixbus-Passagierin: Mann rauchte mehrfach Crack im Bus

Die 26-Jährige sei mit Unbehagen zurück zu ihrem Platz gegangen. „Ich hatte Angst, weil er jetzt ja wusste, dass ich das gemeldet habe.“ Sie sei dann über die Treppe in den oberen Teil des Doppeldeckerbusses gestiegen, dort gab es an der Treppe noch einen freien Platz – doch der Mann sei ihr gefolgt. „Er setzte sich oben auf die Treppenstufen. Hinter einem Sitz versteckte er seine Drogen.“

Immer wieder sei der Mann hochgekommen, habe Züge von seiner Crackpfeife genommen. „Ich habe das gerochen“, so Rainer. Gegen 3 Uhr sei sie schließlich eingeschlafen, um 7 Uhr früh, kurz vor Berlin, wieder aufgewacht. „Ich habe ihn dann von oben auf seinem Platz fotografiert, als er wieder Crack rauchte.“ Er habe Alufolie, eine Crackpfeife und ein Feuerzeug bei sich gehabt. „Er saß auf seinem Platz und rauchte Crack. Und die anderen Leute haben nichts gemacht.“

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Polizei nahm Verdächtigen in Berlin fest

Der Busfahrer habe lediglich darauf verwiesen, eventuell gerate man ja ohnehin in eine Verkehrskontrolle, dann werde auch der Mann kontrolliert. Aliyah Rainer habe ihrem Bruder bei WhatsApp von der Situation geschrieben. Der habe die Polizei informiert. Die habe sie dann auf dem Handy angerufen. Und so erwarteten den ankommenden Flixbus gegen 8.40 Uhr morgens am Südkreuz zwei Einsatzfahrzeuge und fünf Polizisten, so Rainer. Die Einsatzkräfte betraten den Bus und kontrollierten den 33-Jährigen. Er wurde in Handschellen abgeführt und vorläufig festgenommen.

Die Polizei bestätigte der Berliner Morgenpost ein entsprechendes Strafermittlungsverfahren wegen „allgemeinen Verstoßes mit sonstigen Betäubungsmitteln“. Der tatverdächtige 33-Jährige sei später wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

Flixbus „bedauert aufrichtig“

Konfrontiert mit den Schilderungen der jungen Frau teilt Flixbus mit: „Zunächst einmal bedauern wir aufrichtig, dass Frau Rainer sich an Bord nicht wohl gefühlt hat. Unser Kundensupport hat bereits Kontakt zu ihr aufgenommen.“ Das Unternehmen habe interne Prüfungen des Vorfalls eingeleitet.

„Nach Aussage des Busfahrers habe ihm Frau Rainer den Verdacht auf Drogenkonsums des Fahrgasts gemeldet. Entsprechend unseren Vorgaben und wie von Frau Rainer beschrieben, hat der zweite Busfahrer den beschuldigten Fahrgast sowie weitere Fahrgäste dazu befragt, jedoch verneinten die befragten Passagiere nach Aussagen des Busfahrers den Konsum von Drogen und jegliche Auffälligkeiten.“

Und weiter: „Um Frau Rainer eine weiterhin angenehme Fahrt zu ermöglichen, schlug der Busfahrer vor, dass sie in das obere Deck des Busses wechsle und er den Fahrgast im unteren Bereich des Busses überwacht.“

Angaben von Flixbus weichen von denen der Kundin ab

Dann allerdings weicht die Schilderung von den Angaben der 26-Jährigen und der Polizei ab: „Während der gesamten weiteren Fahrt kam es nach Aussagen des Busfahrers zu keinen Auffälligkeiten (kein Drogenkonsum, kein Rauchgeruch im Bus, kein Wechseln des Fahrplatzes, keine Beschwerden von Mitfahrern). In Berlin nahmen Polizeibeamte den Mann in Empfang, fanden jedoch nach Aussage des Busfahrers keine Auffälligkeiten, womit der Fahrer die Fahrt fortsetzen konnte“, heißt es von dem Unternehmen.

Alle Busfahrer erhielten zu Beginn ihrer Tätigkeit eine umfangreiche Schulung, auch Trainingseinheiten. „Zusätzliche schriftliche Handlungsempfehlungen für Buspartner und -fahrer werden zudem stetig aktualisiert. So sind Fahrer dazu angehalten, einen Verdacht auf Belästigung und Drogenkonsums umgehend nachzugehen, betroffene und mitfahrende Passagiere zu dem Vorfall zu befragen und bei einem Verstoß unsere Betriebssteuerung zu informieren und die Polizei einzuschalten. Unsere Betriebssteuerung steht den Fahrern rund um die Uhr bei Unsicherheiten jeglicher Art zur Verfügung.“ Angaben dazu, ob der Busfahrer den Vorfall der Betriebssteuerung überhaupt gemeldet hat, machte Flixbus nicht.

Andere Zeugen des Vorfalls offenbarten sich erst hinterher

Für Aliyah Rainer war es ärgerlich, dass die anderen Passagiere sie nicht unterstützt hätten. „Andere Leute kamen nach der Fahrt zu mir und fragten, was denn passiert sei. Ich sagte: Der hat Drogen geraucht. Die anderen sagten: Ja, das hab ich auch gesehen! Fünf Leute sagten plötzlich: Wir haben das auch gesehen! Und niemand hat was gemacht! Das verstehe ich nicht, die haben ja gesehen, dass ich zwei mal hingegangen bin.“ Als einzige aber hat die 26-jährige Südafrikanerin gehandelt.

  • Dieser Artikel ist zuerst auf morgenpost.de erschienen.