Martin Debes über die umstrittene Neuwahl des Landtags.

Wäre der Thüringer Landtag ein Wettbüro, dann wären die Quoten für die Neuwahl gerade wieder gestiegen. Der Grund: Die FDP-Abgeordnete Ute Bergner will im Juli für die Auflösung des Parlaments stimmen. Damit wäre die prekäre Zweidrittel-Mehrheit von Rot-Rot-Grün und CDU gerettet.

Oder? Linke, SPD und Grüne wehren sich möglichst lautstark. Sie bestehen darauf, dass die CDU die vereinbarten Stimmen selbst liefert. Alles andere sei „Kasperletheater“ und „Possenspiel“.

Dabei sind es die Koalitionäre selbst, die ein fragwürdiges Schauspiel aufführen. Wollen sie tatsächlich keinen Antrag zur Auflösung des Landtags stellen, weil ihr ideologisches Reinheitsgebot nicht erfüllt ist? Würden sie wirklich den im Februar 2020 versprochenen politischen Neuanfang an einer einzigen Stimme scheitern lassen?

Ja, Ute Bergner ist schon halb in die obskure Partei „Bürger für Bündnis“ gewechselt. Aber das entwertet ihre Stimme nicht – zumal nicht in einer Situation, in der sie de facto ihr eigenes Mandat zur Verfügung stellt.

Ja, Verträge sind zu erfüllen. Es ist peinlich für die CDU, dass sie dies wohl nicht schafft. Aber bei Rot-Rot-Grün weiß man sehr gut, wie isoliert die Renegaten sind – und dass sie nicht für die übergroße Mehrheit der Union sprechen.

Und schließlich: Ja, CDU und FDP haben es bei der Wahl von Thomas Kemmerich vergeigt. Aber auch Linke, SPD und Grüne assistierten – und zwar mit genau der anmaßenden Selbstgerechtigkeit, die sie jetzt wieder vor sich hertragen.

Nur eins muss außer Frage stehen: Die Stimmen der Partei, die damals den Landtag betrog, dürfen nicht entscheiden. Alles andere sollten Demokraten miteinander bereden können.

Sonst gibt es, so wie im Winter 2020, wieder nur einen Gewinner: und das ist die AfD. Wetten?

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