Saalfeld-Rudolstadt. Henry Trefz denkt über die seine subjektive demokratische Grundverfasstheit nach

Hörte ich neulich erstaunt im Radio bei der Morgentoilette - für mich dem letzten verbliebenen Habitat dieses Mediums - davon, dass die Menschen im Osten dieses Dreivierteljahrhundert Grundgesetz ja nur unter Vorbehalt feiern dürften, denn sie seien ja erst 33 Jahre und ein bisschen dabei.

Fühlte ich mich bei der Ehre gekratzt? Naja, kommt auf einen Test an. Welche Artikel so die wichtigsten seien, wurden anlassgerecht die Menschen in großstädtischen Fußgängerzonen gefragt. In Milbitz oder so machen sie da ja eigentlich nie, wenn man mal ehrlich ist.

Und neben dem artigen Verweis auf die Unantastbarkeit der Würde des Menschen - wie justitiabel ist eigentlich so etwas wie Unantastbarkeit? - fragte ich mich, was mir eigentlich noch so für Nummern im Kopf sind. Und schon wusste ich wieder, welche beiden Zahlen für uns 1990 von überragender Bedeutung auf dem Weg zur deutschen Einheit waren: Beitritt nach Artikel 23 oder neue Verfassung nach Artikel 146. Welchem Wessi die Bedeutungen dieser beiden Ziffern wohl heute noch erinnerlich sein mögen?

Henry Trefz ist Reporter in der Lokalredaktion Saalfeld-Rudolstadt, schreibt Gerichtsreportagen und berichtet speziell aus den Regionen Schwarzatal und Königsee.
Henry Trefz ist Reporter in der Lokalredaktion Saalfeld-Rudolstadt, schreibt Gerichtsreportagen und berichtet speziell aus den Regionen Schwarzatal und Königsee. © HT | Henry Trefz

Immerhin wusste ich als Gerichtsreporter am Donnerstag dann gleich, warum ich heuer schon zum zweiten Mal in diesem Jahr in ein staatstragend fahnengeschmücktes Justiz-Gebäude zu gleich zwei Verhandlungen ging.

Und noch einmal ein Erinnerungstest: Gibt es da nicht auf dieser landschaftlich und geschichtlich legendären Promenade zwischen Friedrich-Ebert-Platz und Torhaus in Schwarzburg diese Steinplatten mit jeder Menge Verfassungsartikel drauf? Ja und nein. Ja, es gibt sie, nein, die sind nicht aus dem Grundgesetz. Aber Grund genug für eine philosophierende Promenade am Wahlwochenende wären sie allemal. Oder? Aber den Schirm nicht vergessen! Wolken am Himmel sollen hundertmal schöner sein als blauer Himmel. Schönes Wählen!

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