Hanno Müller über Gesundheitskosten und wer sie bezahlt.

Seit Monaten wettern gesetzliche Krankenkassen gegen den Griff des Bundes nach ihren Vermögensreserven. Genutzt hat es nichts. Um ein Milliardenloch zu stopfen, wurde per Gesetz die Bereitstellung von acht Milliarden Euro beschlossen. Mit der Klage geht es für die AOK um Schadensbegrenzung. Mit breiter Unterstützung ist nicht zu rechnen.

Denn es trifft nicht alle gleich. Zahlen müssen nur die mit Geld auf der hohen Kante. Kassen also, die gut gewirtschaftet haben und verantwortungsvoll mit Versichertenbeiträgen umgehen, sagt die AOK. Thüringens größte Krankenkasse mit der Hälfte aller Versicherten des Landes trifft es besonders hart. Manche nennen das Gerechtigkeit. Die AOK aber sieht sich benachteiligt. Vor allem die Kosten durch teuere Bundesgesetze würden auf dem Rücken ihrer Mitglieder und Beschäftigen abgeladen.

Ganz unrecht hat man nicht. Bei so vielen Versicherten unterstützen letztlich die Jungen die Alten, die Starken die Schwachen, die Gesunden die Kranken – das ist Solidarität, die bislang funktioniert. Die Versicherung mit dem Kleeblatt zielt weder nur auf Besserverdienende noch ist sie ein Billigheimer. Die Mitgliederzahl steigt stetig, auch dank des stabil niedrigen Beitragssatzes. 2020 hat man dafür sogar draufgezahlt. Die deutliche Beitragserhöhung in diesem Jahr war bereits ein herber Dämpfer, und es könnte noch schlimmer kommen.

Das Acht-Milliarden-Pflaster heilt die Finanzwunde für den Moment. Auch wegen der Pandemie droht erneut ein Mehrbedarf der sozialen Sicherungssysteme von 18 Milliarden Euro. Bei den Rücklagen wird es enger. Es bliebe das Fanal weiterer drastischer Beitragserhöhungen. Schon jetzt liegt man bei den Sozialbeiträgen knapp unter der 40-Prozent-Obergrenze. Auch deshalb ist eine juristische Klärung der Finanzierung angebracht.

AOK klagt gegen Millionenforderung