Martin Debes über das Durcheinander in Thüringen.

Was will die Partei, die Thüringen fast ein Vierteljahrhundert regierte, zehn Jahre davon sogar allein? Tja. Wer die Meinungsfindung seit der Landtagswahl Ende Oktober, bei der die CDU ein Drittel ihrer Sitze verlor, im Schnelldurchlauf betrachtet, dem muss beinahe schwindlig werden.

Erst wollte Landesparteichef Mike Mohring mit der Linken reden. Dann schloss er jede Kooperation aus, sondierte eine CDU-Minderheitsregierung und bekam von SPD und Grünen die erwartete Ablehnung. Und dann erklärte er – was immerhin folgerichtig war – dass die CDU keinen Ministerpräsidentenkandidaten stellen werde. Nebenbei ließ er eine fatale Debatte über die Öffnung zur AfD laufen und erklärte dies zum Akt innerparteilicher Meinungsfreiheit.

Und nun, da die rot-rot-grünen Gespräche über eine Minderheitsregierung fast abgeschlossen sind, ließ er über seinen früheren Förderer Dieter Althaus eine „Projektregierung“ mit der Linken vorschlagen – was immer auch das am Ende genau sein soll.

Ja, da hat Mike Mohring recht: Er hat es nicht leicht. Im Gegenteil: Die Situation seiner CDU, ob nun teils selbst verursacht oder nicht, ist unglaublich kompliziert. Egal, in welche Richtung sie sich bewegt: Entweder hat sie es mit der „Nachfolgestruktur der SED“ (Birgit Keller) zu tun – oder der AfD unter dem Extremisten Björn Höcke. Und immer sind Prügel garantiert.

Umso wichtiger wäre hier jedoch eine einigermaßen durchdachte, konsistente Strategie und eine Kommunikation, die diesen Namen verdient. Denn so schwer das politische Los der Thüringer CDU und ihres Vorsitzenden sein mag: Es geht um mehr als eine Landespartei, die mit ihrer Ohnmacht hadert. Es geht darum, dass dieses Land aus dem politischen Schlamassel findet, in dem es sich seit bald drei Monaten befindet.

Die Einsicht klingt schrecklich banal,und sie ist gewiss nicht neu: Bei allen Risiken birgt diese Situation auch Chancen für ein selbstbewusstes Parlament und ein neues Miteinander von Demokraten.

Sie müssen nur genutzt werden.

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