Jerusalem. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist auf ihrer letzten Israel-Reise. Dabei drückte sie auch einen Wunsch an die neue Bundesregierung aus.

Sie sei "ein moralischer Kompass des gesamten europäischen Kontinents": Mit diesen Worten streute Israels Premierminister Naftali Bennett Bundeskanzerin Angela Merkel am ersten Tag ihres Israel-Besuchs Rosen. Das erste Zusammentreffen der beiden Regierungschefs dürfte auch ihr letztes sein, und hätte es schon im September stattfinden sollen – doch dann überstürzten sich die Ereignisse in Afghanistan, Merkel sagte ab. Nun holt sie die Reise nach.

Die Kanzlerin lobte die engen Beziehungen der beiden Staaten. Dieses gute Verhältnis sei "ein Glücksfall, zu dem Israel viel beigetragen hat", sagte Merkel vor versammelter israelischer Regierungsmannschaft. Zukünftige deutsche Bundesregierungen mahnte sie: "Das ist ein Schatz, der immer wieder gepflegt werden muss."

Merkel brachte Wende in deutsche Beziehung mit Israel

Merkels Amtszeit gilt als Wendepunkt in den bilateralen Beziehungen. Die Kanzlerin war im Jahr 2008 die erste deutsche Regierungschefin, die vor dem israelischen Parlament sprach. Sie unterstrich dabei die Verantwortung Deutschlands für den Holocaust und betonte, welcher Auftrag sich daraus für künftige deutsche Regierungen ergebe: "Israels Sicherheit ist für uns Staatsraison", sagte Merkel damals, und erntete dafür stehenden Applaus. Dieser Satz sollte seither noch öfters wiederholt werden, so auch beim aktuellen Besuch.

Das wichtigste Thema des Arbeitstreffens zwischen Bennett und Merkel war die Bedrohung Israels durch die Atommacht Iran. Die nukleare Aufrüstung habe in den vergangenen drei Jahren "einen riesigen Sprung nach vorne" gemacht und die Zeit dränge, sagte Bennett. Israel habe die Pflicht, den Iran "mit Taten, nicht nur mit Worten" an der Entwicklung einer Atombombe zu hindern, denn diese bringe die ganze Welt in Gefahr. Merkel stimmte zu: In der Iran-Frage "stehen uns sehr entscheidende Wochen bevor."

Merkel zu Palästinenserfrage: “Wir sind hier vielleicht unterschiedlicher Meinung”

Die Kanzlerin wollte Israels Sicherheit aber nicht nur aus dem Blickwinkel der Iran-Bedrohung diskutieren. Sie sprach die Palästinenserfrage an. "Wir sind hier vielleicht unterschiedlicher Meinung", sagte sie zu Bennett, es gehe aber auch darum, "dass man immer auch im Blick haben sollte: Wie können auch die Palästinenser sicher und in einem Staat leben?"

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Naftali Bennett, Ministerpräsident von Israel, in Jerusalem.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Naftali Bennett, Ministerpräsident von Israel, in Jerusalem. © Ariel Schalit/AP/dpa

Hier war Bennett klar: "Ein Palästinenserstaat würde sehr wahrscheinlich bedeuten, dass wir einen Terrorstaat haben, nur sieben Minuten (Fahrzeit, Anm.) entfernt von meinem Haus – und auch von jedem anderen Haus in Israel." Lesen Sie auch: Ära Merkel endet nach 16 Jahren: Was sagen ihre Wegbegleiter?

Das sehen nicht alle in Bennetts Kabinett so. Die neue Regierung hat sich aber darauf geeinigt, dieses heiße Thema nicht anzufassen – zu fragil ist die Sieben-Parteien-Koalition. Die israelische Öffentlichkeit macht hier allerdings auch keinen großen Druck. Laut einer aktuellen Umfrage des Israelischen Demokratieinstituts sehen nur vier Prozent der Israelis die Palästinenserfrage als ein Thema an, um das sich die Regierung vorrangig kümmern sollte. Unter israelischen Arabern sind es auch nur sieben Prozent.

Merkel richtet Wunsch an zukünftige Bundesregierung

Merkel traf am Sonntag auch den israelischen Präsidenten Yitzchak Herzog und Außenminister Yair Lapid, auch ein Besuch in der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem und Wirtschaftsgespräche standen am Programm. Für einen Abstecher ins zwanzig Kilometer entfernte Ramallah und Gespräche mit Palästinenservertretern fand Merkel bei ihrem Jerusalembesuch keine Zeit. Auch interessant: Bundesregierung: Warum Merkel zunächst Kanzlerin bleibt

An die künftige Bundesregierung richtete die Kanzlerin den Wunsch, dass die Tradition regelmäßiger bilateraler Treffen auf Ministerebene wieder zum Leben erweckt werde. Wegen der anhaltenden israelischen Regierungsturbulenzen und der Corona-Krise waren diese Konsultationsgespräche zuletzt eingeschlafen.