Berlin. US-Präsident Donald Trump wird im Impeachment freigesprochen. Was das mit seinen Twitter-Kanonaden und seiner Dauerkampagne zu tun hat.

An seinem Verhältnis zu Recht und Rechtsstaat hat Donald Trump nie einen Zweifel gelassen. „Ich könnte mitten auf der Fifth Avenue stehen und jemanden erschießen, und ich würde keine Wähler verlieren“, sagte der republikanische Präsidentschaftsanwärter im Januar 2016. Man hätte das damals noch als Vorwahlkampf-Getöse und zynische Koketterie eines Egomanen abtun können.

Inzwischen ist längst klar, dass Trump als Präsident auf rechtliche und verfassungsmäßige Standards pfeift. Die knappe Mehrheit im US-Senat, die weitere Zeugenbefragungen im Amtsenthebungsverfahren abblockt, ist für ihn ein Sieg. Dabei waren die Beweise für die Anklagepunkte der Demokraten – „Machtmissbrauch“ und „Behinderung des Kongresses“ – erdrückend.

Impeachment gegen Trump: Armutszeugnis für US-Senat

Eine Reihe enger Mitarbeiter Trumps bis hin zu Ex-Sicherheitsberater John Bolton haben die zentrale Anschuldigung untermauert: Der Präsident setzte seinen ukrainischen Amtskollegen unter Druck, um sich innenpolitische Vorteile zu verschaffen. Die dringend benötigte Militärhilfe über knapp 400 Millionen Dollar sollte es erst geben, wenn Kiew Korruptionsvorwürfe gegen Trumps demokratischen Konkurrenten Joe Biden und dessen Sohn Hunter untersucht, so der Tenor.

Dass der Senat der Befragung von weiteren Zeugen einen Riegel vorgeschoben hat, ist ein Armutszeugnis. Keiner verkörpert die politisch-moralische Bankrotterklärung mehr als der republikanische Senator Lamar Alexander. Trumps Vorgehen sei zwar „unangemessen“, aber es reiche nicht für die Amtsenthebung. Und: „Wenn dieses flache, hastige und völlig parteiische Impeachment Erfolg haben sollte, würde dies das Land auseinanderreißen und Benzin ins Feuer kultureller Spaltungen gießen, die bereits existieren.“

Politik-Korrespondent Michael Backfisch kommentiert das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump.
Politik-Korrespondent Michael Backfisch kommentiert das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump. © Reto Klar | Reto Klar

Republikaner haben sich zu Handlangern Trumps gemacht

Alexanders Rechtfertigung zeigt, wie weit Trump mit seinen Twitter-Kanonaden und seiner Dauer-Kampagne gekommen ist. Der Chef des Weißen Hauses hat das politische Klima aufgeheizt wie nie zuvor. Er produziert Erregungswellen und Ressentiments. Er verteufelt Andersdenkende und entwertet jedes Gegenargument als „Hexenjagd“. Der politische Diskurs, der demokratische Streit bleiben auf der Strecke.

Die Republikaner im Kongress haben sich zu Handlangern des Präsidenten gemacht. Einzelne von ihnen mögen Trump insgeheim kritisieren, doch sie halten mit ihrem Unmut hinter dem Berg. Sie haben Angst, von der Parteibasis in den sozialen Netzwerken niedergemacht zu werden, was die eigene Karriere gefährden würde.

Rückblende: Als inmitten des Watergate-Skandals ans Licht kam, dass Präsident Richard Nixon das Hauptquartier der Demokraten abhören ließ, wurde er von Mitgliedern seiner Partei zum Rücktritt gedrängt. Heute bekäme Trump von den eigenen Leuten vermutlich einen Freifahrtschein.

Der Anti-Trump ist nicht in Sicht

In der Trump-Ära hat sich eine anti-demokratische Unwucht bei den US-Institutionen eingeschlichen. Ausführende und gesetzgebende Gewalt sind durch die Dominanz des Präsidenten auf Linie getrimmt. Im Verfassungsgericht haben konservative Richter die Mehrheit, die auf Jahrzehnte hin Recht im Sinne der Republikaner sprechen können. Einzig in der Presse bilden kritische Medien wie „New York Times“ oder „Washington Post“ – von Trump als „Fake News“ beschimpft – ein Gegengewicht.

Und nun? Die oppositionellen Demokraten wollen bei den an diesem Montag beginnenden Vorwahlen Trumps Herausforderer küren. Der Kandidat – oder die Kandidatin – wird nur Erfolg haben, wenn ihm die Quadratur des Kreises gelingt: Er muss die eigene Basis elektrisieren und gleichzeitig vom Präsidenten enttäuschte Wähler in der Mitte ansprechen. Bislang ist dieser Anti-Trump nicht in Sicht.

Impeachment und Trump – mehr zum Thema:

Donald Trump wird im Amtsenthebungsverfahren am Mittwoch freigesprochen. Lesen Sie hier, warum das am Ende aber nur ein Freispruch zweiter Klasse ist. Unterdessen hat das Weiße Haus die Veröffentlichung eines brisanten Buches untersagt. Es stammt von Trumps früheren Nationalen Sicherheitsberater John Bolton. Und die Kritik am US-Präsidenten nimmt – trotz des erwarteten Freispruchs im Impeachment – nicht ab. Eine Autorin behauptet weiterhin, Donald Trump habe sie vergewaltigt und fordert nun sogar einen DNA-Test.