Berlin. Ende Januar wurde der erste Corona-Patient in Deutschland bekannt. Was hat die Krise seitdem mit uns gemacht? Eine Zwischenbilanz.

Drei Monate Corona. Am 27. Januar 2020 wurde der erste Corona-Patient in Deutschland gemeldet. Drei Monate voller Bangen, Hoffen, Resignieren, Sehnen. Drei Monate, gespickt mit Ängsten und Zweifeln, auch mit Glücksmomenten.

Seitdem hat das Land verschiedene Krisenwellen durchlebt: Zunächst passiert wenig, die Politik sieht Deutschland nicht besonders betroffen, der Einzelne sich selbst auch nicht. Es gibt beruhigende Grippevergleiche und Mitleid mit Bekannten, die in China leben. Dann kommt die Zeit der Fußball-Geisterspiele, Gesundheitsminister Jens Spahn spricht vom Beginn einer Epidemie.

Corona: Allmählich sickert die Krise in den persönlichen Alltag

Freunde kommen nicht mehr auf Parties, weil sie „Angst vor Corona“ haben. Die ersten Firmen sind im Homeoffice. Es ist die Zeit der Witze über den gesteigerten Klopapierbedarf der Deutschen.

Anfang März gibt es dann Nachrichten über die erste Todes- und Quarantänefälle im nordrhein-westfälischen Heinsberg. Familien beginnen zu überlegen, wie sie durch eine zweiwöchige Quarantäne kommen - das Kaufen von etwas mehr Lebensmitteln als gewöhnlich erscheint plötzlich durchaus vernünftig.

Auf einmal geht alles Schlag auf Schlag

Die Schulen schließen, das Kontaktverbot kommt, das Homeoffice ersetzt das Büro. Die Idee, in der Fastenzeit auf Genussmittel zu verzichten, wird in vielen Haushalten aufgegeben. Die Hoffnung, bis zu den Ostertagen werde sich schon alles geregelt haben, überwiegt allerdings noch.

Politik-Korrespondentin Kerstin Münstermann kommentiert.
Politik-Korrespondentin Kerstin Münstermann kommentiert. © Reto Klar | Reto Klar

Plötzlich erscheint Kanzlerin Angela Merkel im Fernsehen, die Grenzen schließen sich. Die Ahnung, dass da etwas Gewaltiges auf das Land zurollt, wird in der zweiten Märzwoche Gewissheit. Es beginnt eine Ära des Bangens. Die Bilder aus italienischen Krankenhäusern lassen Zweifel an Maßnahmen zunächst verschwinden. Die Radiostationen spielen die Fußball-Hymne „You never walk alone“, Nachbarn klatschen weltweit für die Pflegeberufe.

Videokonferenzen helfen gegen Einsamkeit

Eine weltweite Krise im Zeitalter der globalen sozialen Netzwerke macht auch Schönes deutlich: Niemand ist allein. Videoverabredungen mit Freunden und Verwandten helfen. Viele entdecken das Joggen im Park – verbunden mit der Ahnung, dass der Shutdown in Deutschland noch vergleichsweise harmlos ist. Urlaub rückt in weite Ferne, Gärten sind der neue Luxus. Existenzängste nehmen zu.

Es gibt auch ungeahnte Freuden, das Beisammensein mit der Familie etwa, das gemeinsame Kochen und Spielen. Die Solidarität der Menschen. Die - zumindest kurzzeitige – Besinnung darauf, was jedem einzelnen wirklich wichtig ist im Leben.

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Doch es gibt auch Frust:

Über die gefühlte und die tatsächliche Enge, über das mit Kindern kaum zu bewältigende Homeoffice. Über das Gefühl, zu viele Rechte abgegeben zu haben. Und fremdbestimmt zu sein von der Politik, die sich – zugegebenermaßen zu Recht – dem Kampf gegen einen unsichtbaren Feind verschworen hat.

Und aktuell? Die Wirtschaftskrise ist real. Der Blick auf die Infizierten- und Todeszahlen im Land ist Routine geworden. Ein gewisses Abstumpfen macht sich bei vielen breit. Das Kontaktverbot bröckelt. Es gibt sie, die fehlende Kraft, spielende Kinder auf der Straße wieder zu trennen. Vorherrschendes Gefühl: die Hoffnung, dass die Lockerungen nicht eine zweite Welle an Infektionen auslösen.

Die Corona-Erfahrung wird bleiben

Klar ist nach den drei Monaten: Die Corona-Erfahrung wird unauslöschlich bleiben. Es wird ein Vor und ein Nach der Krise geben. So wie der 11. September 2001 ein historisches Datum geworden ist, der Mauerfall, der zweite Weltkrieg. Die Angst, schwer zu erkranken ist ebenso universell wie die Sehnsucht, dass der Alltag in unversehrter Form zurück kommt. Und Abstand nicht mehr nötig ist.