Kiew. Sex und Alkohol als Waffen – ukrainische Partisanen werden offenbar immer „kreativer“. Eine Begebenheit in Mariupol lässt aufhorchen.

Fast zwei Jahre sind seit dem russischen Überfall auf die Ukraine vergangen, und während die ukrainische Armee auch aufgrund mangelnden Nachschubs an einigen Frontabschnitten zunehmend in die Defensive gerät, weiten ukrainische Partisanen in den russisch besetzten Gebieten des Landes ihre Aktionen nach Medienberichten aus. Ein aktueller Fall aus dem von den russischen Invasoren besetzten Mariupol erscheint dabei besonders spektakulär.

Die ukrainische Zeitung „Kiyv Post“ hat nach eigenen Angaben mit Mitgliedern einer Partisanengruppe gesprochen, die russische Soldaten in eine tödliche Falle gelockt haben will. Die Gruppierung, zu der auch Frauen gehören, habe sich dabei das Alkoholverbot für russische Truppen in Mariupol und ein paar weitere menschliche Schwächen der russischen Soldaten zunutze gemacht.

Russische Soldaten über Chats auf Vkontakte ausgespäht

Russische Soldaten nutzen laut den Partisanen intensiv die soziale Plattform Vkontakte, eine Art russisches Facebook. In erster Linie gehe es den Soldaten darum, auf diese Weise ukrainische Frauen für Sex-Dates kennenzulernen. Die Soldaten nutzten die Plattform „wie Tinder“, berichtete, ein Informant der „Kiyv Post“. Frauen der Widerstandsgruppe hätten sich mit falschen Profilen bei Vkontakte angemeldet und mit russischen Soldaten gechattet, heißt es weiter. Darüber hätten sie auch erfahren, dass Alkohol, und insbesondere Wodka, bei den russischen Militärs ein heiß begehrtes Gut sei.

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Ein Mitglied der Partisanengruppe habe sich daraufhin als Wodkaverkäufer ausgegeben und den Russen mehrere Flaschen verkauft. Diese seien allerdings zuvor mit einer Giftspritze „präpariert“ worden. Die Dosis war offenbar so hoch, dass mindestens drei Soldaten gestorben seien. Mehrere andere mussten wegen schwerer Vergiftungserscheinen behandelt werden, hieß es weiter.

Russland-Reportagen von Jan Jessen

Wie die „Kiyv Post“ schreibt, habe man den Bericht der Partisanen nicht überprüfen können. Zweifel am Wahrheitsgehalt gibt es somit durchaus. Allerdings ist es auch Fakt, dass ukrainische Partisanen in den russisch besetzten Gebieten immer wieder Anschläge auf die Besatzungstruppen verüben. So sollen vor wenigen Wochen an einem Militär-Checkpoint in Simferopol auf der Krim mehrere Soldaten vergiftet worden sein, nachdem sie Speisen gegessen hatten, die von zwei jungen Frauen geliefert worden waren. Ein ähnlicher Fall soll sich in der Stadt Melitopol ereignet haben. Dort starben demnach mehrere russische Regierungsbeamte, die Essen bei einem Lieferservice bestellt hatten. Die Speisen waren offenbar zuvor ebenfalls mit Gift versetzt worden.

Russische Truppen haben weite Teile von Mariupol dem Erdboden gleichgemacht.
Russische Truppen haben weite Teile von Mariupol dem Erdboden gleichgemacht. © AFP | Stringer

Partisanen versetzten russischer Armee immer wieder Nadelstiche

Mit derartigen Aktionen versetzen ukrainische Partisanen der russischen Armee immer wieder Nadelstiche. Ihre Missionen erscheinen zufällig, doch oft werden sie von einer Spezialeinheit der ukrainischen Streitkräfte, dem National Resistance Center (NRC), koordiniert. Die Einheit führt Partisanen, die hinter den Gefechtslinien operieren und auch für mehrere Anschläge auf russische Militärbasen verantwortlich gewesen sein sollen. Eine anonyme Quelle berichtete der „Kiyv Post“, dass durch solche Aktionen der psychologische Druck auf die russischen Besatzer erhöht werden solle. Neben Sabotageakten gehe es auch darum, Informationen an die ukrainische Armee weiterzugeben, die dann russische Ziele in den besetzten Gebieten angreifen könne.

Doch nicht nur ukrainische Partisanen sind mittlerweile gegen Putins Armee aktiv. So soll auf der Krim beispielsweise eine Gruppe namens „Atesh“ (zu Deutsch: „Feuer“) operieren, der überwiegend Krimtataren angehören. Zu einiger Bekanntheit gelangte zuletzt auch die „Legion freies Russland“, die aus russischen Putin-Gegnern bestehen soll und für Attacken auf die russische Stadt Belgorod nahe der ukrainischen Grenze verantwortlich gemacht wird.

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