Berlin. Als Mediziner hat Helge Braun gelernt, wie man Patienten wieder auf die Beine bringt. Die CDU will er mit Hilfe von zwei Frauen heilen.

Es ist Helge Braun selbst, der den gedanklichen Bogen von der Krankheit zur CDU schlägt. „Wenn man Arzt ist, weiß man: Je länger eine Krankheit andauert, desto länger ist die Erholung.“ Und er sehe die CDU „in einer existenziellen Krise“, die Erholung müsse daher bald beginnen. Unter diesen Vorzeichen stellt der 49-jährige promovierte Mediziner am Montag auf einer Pressekonferenz in Berlin sein Rezept zur Genesung der CDU vor.

Es lautet zusammengefasst: Erneuerung in den Köpfen, in den Inhalten und in der Organisation der Partei. Braun selbst will Vorsitzender einer solch grundlegend erneuerten CDU werden und den scheidenden Amtsinhaber Armin Laschet beerben. Braun, der aus dem Landesverband Hessen stammt, ist der dritte Bewerber um den CDU-Vorsitz neben Friedrich Merz und Norbert Röttgen.

Helge Braun will die CDU wieder bodenständiger machen

Der Gießener ist ein enger Vertrauter von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und war die letzten vier Jahre ihr Kanzleramtschef. Offen ist, ob das ein Vorteil oder ein Nachteil ist bei seiner Bewerbung. Braun gilt als bodenständig. Seine Frau Katja kennt er seit ihrer gemeinsamen Zeit in der Jungen Union. Kinder hat das Paar nicht. Ihre rare Freizeit verbringen beide gern im Garten.

Braun betont am Montag, wenn die CDU wieder Wahlen gewinnen wolle, müsse sie „attraktiv für breite Teile der Bevölkerung sein“. Die Partei müsse „bodenständig und bürgernah“ sein, Ansprechpartnerin „für die hart arbeitende Bevölkerung mit ihren Alltagssorgen“ wie etwa steigenden Mieten und der Sicherheit bei der Altersversorgung. „Die CDU war noch nie die Partei der Chefs“, betont Braun, ebenso wenig „Partei der Besserverdienenden“ oder „Klientelpartei“, sondern stets Volkspartei. Dies gelte es wieder stärker deutlich zu machen. Und er wolle das Verhältnis zur CSU verbessern.

Braun will Parteiprofil der CDU schärfen


Braun beklagt zudem einen Abrieb des Parteienprofils und macht dafür auch die gemeinsamen Regierungsjahre mit der SPD verantwortlich. Dreimal in einer großen Koalition zu regieren, mache es schwierig, „dass die konservativen Wurzeln der CDU deutlich werden“. Das wolle er in den nächsten Jahren ändern. Man stehe im Bund vor einer „Ära der Opposition“. Die drei Landtagswahlen im kommenden Frühjahr im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen wolle und werde die CDU aber gewinnen.


Zugleich hat Braun an diesem Nachmittag zwei Frauen mitgebracht, die mit ihm gewissermaßen das künftige CDU-Notfallteam bilden sollen: Die Bundestagsabgeordnete Serap Güler schlägt der Bewerber um den CDU-Vorsitz als Generalsekretärin vor. Die 41-Jährige war zuletzt Integrationsstaatssekretärin in Nordrhein-Westfalen unter dem bisherigen Ministerpräsidenten Laschet. Die 38-jährige Saarländerin Nadine Schön, Vizevorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, will Braun wiederum mit der Reform der Parteiarbeit betrauen. Er wolle, „dass in der CDU starke Frauen eine starke Rolle haben“, erklärt Braun, der derzeit noch geschäftsführender Kanzleramtschef ist.

Serap Güler will sich mehr um sozial schwache Menschen kümmern


Güler, die als Tochter türkischer Gastarbeiter in Deutschland aufwuchs, betont, es müsse darum gehen, „nicht nur den Kopf, sondern die Herzen der Menschen anzusprechen“. Es solle sich „insgesamt gut anfühlen, bei der CDU zu sein“. Die Partei sei in den letzten Jahren jedoch zu sehr „als Regierung“ wahrgenommen worden und sei „bequem geworden“. Es müsse jetzt darum gehen, „den christlich-sozialen Markenkern“ der Union wiederzubeleben.

Als Tochter eines Bergmanns und einer Putzfrau habe sie vor ihrem Studium eine Ausbildung als Hotelfachfrau gemacht und wisse, was harte körperliche Arbeit bedeutete und wie es sei, wenn gegen Monatsende das Geld nicht reiche. Die CDU habe diese Menschen nicht mehr ausreichend im Blick gehabt. „Viele haben uns nicht mehr gewählt, weil die CDU wahrgenommen wurde als Partei der sozialen Kälte.“

Nadine Schön will die CDU modernisieren


Mit Blick auf die Zusammenarbeit mit Braun und sein Naturell sagt Güler, „Helge“ sei zweifellos der Ruhigere und Besonnenere. „Ich bin anders“, betont Güler – um kurz darauf die Stimmung im neuen Bewerbungsteam zu beschreiben: „Wir brennen darauf, das zu tun, was wir jetzt anstreben“, sagt sie, „wir haben da richtig Bock drauf.“ Nadine Schön erklärt, sie wolle die Arbeitsweise der CDU modernisieren und die Vernetzung und Beteiligung der Mitglieder vergrößern. Die CDU solle ein „Reallabor für moderne Parteiarbeit und modernes Regieren“ werden.


Braun stellt nebenbei auch eine weitere Personalfrage klar: „Ich strebe das Amt des Fraktionsvorsitzenden nicht an“, sagt er. Partei und Fraktion sollten von zwei profilierten Köpfen der CDU besetzt werden. In der Fraktion ist dies aktuell Ralph Brinkhaus. Brauns Bemerkung zielt wohl auch auf Mitbewerber Merz, dem immer wieder Ambitionen auf den Fraktionsvorsitz nachgesagt werden. Offen ist indes, ob der Bundesparteitag im Januar wegen Corona als Präsenzveranstaltung stattfinden kann. Auf dem Treffen soll der neue CDU-Vorsitzende bestimmt werden.