Berlin/Brasília. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro steht wegen seiner Corona-Politik unter Druck. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn.

Gegen Brasiliens Präsidenten Jair Bolsonaro ermittelt die brasilianische Staatsanwaltschaft. Der Oberste Gerichtshof Brasiliens hat Ermittlungen gegen den brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro wegen Korruptionsvorwürfen eröffnet. Es geht um eine millionenschwere Bestellung des indischen Corona-Impfstoffs Covavaxin.

Richterin Rosa Weber gab einem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft statt, wie die brasilianische Nachrichtenagentur "Agência Brasil" am Freitagabend (Ortszeit) berichtete. Eine Gruppe von Senatoren hatte Strafanzeige gegen Bolsonaro wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch gestellt, weil er einen Verdacht auf Korruption ignoriert haben soll.

Die Senatoren erklärten, dass der Präsident über ein "gigantisches Korruptionssystem" im Gesundheitsministerium informiert worden sei, aber nichts dagegen unternommen habe. Lesen Sie dazu: Anti-Korruptions-Projekt – Keiner ist korrupter als Bolsonaro

Brasilien: Ungereimtheiten bei Impfstoff-Bestellung

Der Bolsonaro nahestehende Kongressabgeordnete Luis Miranda hatte in einem Untersuchungsausschuss des Senats gesagt, Bolsonaro habe ihm versichert, dass er den Verdacht der Polizei melden würde - was er offenbar nicht tat. Zuvor war Mirandas Bruder Luis Ricardo Miranda, der im Gesundheitsministerium für medizinische Importe verantwortlich ist, auf eine verdächtige Rechnung aufmerksam geworden.

Ein ehemaliger Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums hatte von einem "ungewöhnlichen Druck“ bei der Abwicklung des Impfstoffdeals im Gesamtwert von mehr als 300 Millionen Dollar (253 Millionen Euro) berichtet.

Der Preis von 15 Dollar soll zudem der höchste sein, den das Gesundheitsministerium bisher bereit gewesen ist, für eine Dosis zu zahlen. Dabei soll das Gesundheitsministerium den in Indien entwickelten und hergestellten Impfstoff bestellt haben, bevor dieser in Brasilien überhaupt zugelassen ist. Von der indischen Firma Bharat Biotech hieß es, der Preis für eine Dose Covaxin für ausländische Regierungen liege zwischen 15 und 20 Dollar. Der Preis für Brasilien habe demnach in diesem Rahmen gelegen.

Die brasilianische Regierung, die den Vertrag über den Kauf der Covaxin-Impfdosen diese Woche ausgesetzt hatte, gab inzwischen mehrere Versionen über den Fall ab. Bolsonaro sagte, er habe keine Kenntnis von Unregelmäßigkeiten gehabt.

Jair Bolsonaro: Verfahren gegen Präsidenten sehr unwahrscheinlich

Ein Strafverfahren gegen Bolsonaro vor dem Obersten Gerichtshof könnte zu seiner Amtsenthebung führen. Voraussetzung dafür wäre aber eine Anklageerhebung durch den Generalstaatsanwalt Augusto Aras, einen Bolsonaro-Verbündeten. Sein Stellvertreter Humberto Jacques de Medeiros, der ebenfalls dem Präsidenten nahesteht, hatte den Gerichtshof gebeten, die Klage abzuweisen. Richterin Rosa Weber lehnte dies jedoch ab.

Dass es am Ende zu einem Verfahren gegen Bolsonaro kommt, ist auch deshalb sehr unwahrscheinlich, da dafür die Zustimmung des Parlaments nötig wäre, in dem der Präsident über eine breite Mehrheit verfügt. Versuche seiner Gegner, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bolsonaro einzuleiten, sind bislang am Widerstand seiner Verbündeten im Kongress gescheitert. Lesen Sie jetzt: "Windimpfungen" lösen handfesten Skandal in Brasilien aus

Am Mittwoch hatten dutzende oppositionelle Abgeordnete einen neuen Versuch gestartet und im Parlament eine Liste mit weiteren Korruptionsvorwürfen vorgelegt, um Ermittlungen gegen den Präsidenten zu erreichen.

500.000 Corona-Tote in Brasilien

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    Bolsonaro steht wegen seines Corona-Krisenmanagements seit Langem in der Kritik. Ihm wird vorgeworfen, durch Verharmlosung der Pandemie die rasante Ausbreitung des Coronavirus in Brasilien befördert zu haben. Derzeit schwindet Bolsonaros Unterstützung in der Bevölkerung. In jüngsten Umfragen liegt der Staatschef weit hinter seinem linksgerichteten Herausforderer, dem Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva. In Brasilien finden im kommenden Jahr Präsidentschaftswahlen statt. (pcl/dap/AFP)