Washington. Donald Trump hat Gespräche über ein weiteres Konjunkturpaket abgebrochen. Republikaner sehen darin einen „Schuss ins eigene Knie“.

Der Verdacht, dass die Einnahme schwerer Medikamente gegen seine Corona-Erkrankung Donald Trumps Instinkte beeinträchtigt haben könnte, hat sich nach Einschätzung prominenter Mitglieder seiner eigenen Partei nach der Entlassung aus dem Militär-Krankenhaus Walter Reed bestätigt.

Stellvertretend nannte die republikanische Senatorin Susan Collins (Maine) die Entscheidung Trumps, Verhandlungen mit den Demokraten über ein weiteres Konjunktur-Paket in vierstelliger Milliardenhöhe zur Stützung der coronabedingt desolaten Wirtschaft und Arbeiterschaft abzubrechen, einen „großen Fehler”.

Trumps Kehrtwende erschüttert die Märkte

Trump hatte den Ukas dazu am Dienstagabend ausgegeben, obwohl er während seines Krankenhausaufenthaltes das gegenteilige Signal gesendet hatte. Dies sorgte unmittelbar an den Börsen und Öl-Märkten für Turbulenzen. Zuvor hatte Jerome Powell, der Chef der Notenbank „Fed”, an den Kongress appelliert, bei einem neuen staatlichen Stützungspaket nicht zu geizen. Andernfalls werde sich die Konjunktur nur sehr langsam erholen.

Trump machte sich bei seinem Querschuss die Argumentation der Republikaner-Spitze zu eigen. Sie will maximal 1,6 Billionen Dollar (1600 Milliarden) bereitstellen, um etwa Arbeitslosen eine wöchentliche Hilfe von 400 Dollar zu zahlen. Die Demokraten verlangen ein Paket im Volumen von 2,2 Billionen Dollar. Trump hatte in der Vergangenheit – die USA haben bereits seit Frühjahr staatliche Hilfsprogramme im Umfang von drei Billionen Dollar ausgelobt – stets für die großzügigere Variante optiert und dabei die um die astronomische Staatsverschuldung des Landes besorgten Republikaner ignoriert.

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    Dass Trump kurz vor der Wahl Hartleibigkeit zeigt, obwohl 27 Millionen Amerikaner wegen der Corona-Krise Arbeitslosenunterstützung beantragen und Zehntausende Angestellte von Fluggesellschaften vor Kündigungen stehen, wird in republikanischen Kreisen als „Schuss ins eigene Knie” empfunden. Trump machte die Irritation perfekt, als er am späten Dienstagabend via Twitter einen Teilrückzieher andeutete. Tenor: Wenn der Kongress mir Einzelpakete (für die Bürger, für die Airlines etc.) vorlegt, dann unterschreibe ich Finanzspritzen in hoher dreistelliger Milliardenhöhe. Ausgang? Offen.

    Das gilt auch für die geplante zweite TV-Debatte Trumps mit Joe Biden am 15. Oktober in Miami. „Ich denke, wenn er immer noch Corona hat, sollten wir keine Debatte haben”, erklärte der demokratische Herausforderer mit Blick auf wachsende Ansteckungsgefahren.

    Hintergrund: Das Weiße Haus ist zum Corona-Hotspot geworden. Über 20 enge Mitarbeiter Trumps, zuletzt auch dessen Redenschreiber Stephen Miller, und republikanische Senatoren, die mit dem Präsidenten in Kontakt waren, haben sich mit dem Virus angesteckt.

    Im Biden-Lager geht die Befürchtung um, dass Trump angesichts dramatischer Umfragen, die ihn teilweise 16 Prozentpunkte hinter dem Demokraten sehen, auf der Zielgeraden des Wahlkampfes „noch sorgloser als bisher” mit dem Coronavirus umgehen könnte.

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      Trump will Geld mit seiner Corona-Infektion verdienen

      Zumal die schlechten Nachrichten für den Präsidenten nicht abreißen. Trump will unbedingt noch vor der Wahl einen zugelassenen Impfstoff präsentieren. Die Arzneimittel-Aufsichtbehörde FDA hat neue Richtlinien erlassen, die das nahezu unmöglich machen. Danach müssen Hersteller in der letzten Testphase eine „Nachbeobachtungszeit” von zwei Monaten einhalten, bevor ein Impfstoff allgemein zugänglich gemacht werden kann. Vor dem Wahltag am 3. November erscheint das aussichtslos.

      Keine Hindernisse gibt es dagegen bei einer bizarren Aktion, mit der Trump Geld für seinen Wahlkampf einsammeln will. Im Andenken-Shop des Weißen Hauses sind für 100 Dollar Münzen erhältlich. Aufschrift: „Trump bezwingt Corona.”

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