Berlin. Am Sonntag wollen Bund und Länder entscheiden, wann die Geschäfte schließen und ob die Weihnachtsregeln gegen das Virus verschärft werden.

Die Bundeskanzlerin lässt sich mit Meinungsumfragen gerne fortlaufend über die Stimmung im Land unterrichten. Dass Angela Merkel mit ihrem dramatischen Appell im Bundestag für einen scharfen Winter-Lockdown einen Nerv getroffen haben dürfte, zeigt eine aktuelle Befragung.

Jeder zweite Bürger ist dem neuen ZDF-„Politbarometer“ zufolge bereit, den Weg eines nationalen Winterschlafs im Kampf gegen Corona mitzugehen. 49 Prozent sind der Meinung, die Maßnahmen müssten „härter ausfallen“. Das sind 18 Prozentpunkte mehr als vor zwei Wochen. Gut ein Drittel der Deutschen (35 Prozent) hält die derzeitigen Kontaktbeschränkungen für „gerade richtig“, 13 Prozent für „übertrieben“.

Die Leopoldina als Nationale Akademie der Wissenschaften hat angemahnt, das öffentliche Leben bereits vom 24. Dezember bis mindestens zum 10. Januar 2021 weitgehend einzufrieren. Merkel machte sich diesen Vorschlag zu eigen.

Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, rief die Länder am Donnerstag auf, die zu Weihnachten versprochenen Lockerungen zurückzunehmen. Es sei die wichtigste Maßnahme, „dass man verhindert, dass die Lockerungen an Weihnachten kommen“. Ansonsten würden nach dem Fest Infektions- und Todeszahlen weiter steigen. So wie in den USA: Dort schossen nach Thanksgiving die Zahlen in die Höhe. Hintergrund: RKI-Chef: Anstieg von Corona-Zahlen ist „besorgniserregend“

Wann findet ein neuer Corona-Krisengipfel statt und was soll er bringen?

An diesem Sonntag soll es eine neue Videokonferenz der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten geben. Aufseiten der SPD-Länder gibt es unverändert Unmut darüber, dass Merkel nach der Schalte am 2. Dezember die Verlängerung des Teil-Lockdowns bis zum 10. Januar verkündete und weitere Beratungen vor Weihnachten verneinte. Nun entstehe wieder der Eindruck, die Politik agiere mit einer Salami-Taktik statt mit langfristiger Planung.

Mit täglich 400 bis 600 Toten hat sich die Ausgangslage jedoch massiv verschärft. Viele Länder handeln nun bereits in Eigenregie und bringen harte Verschärfungen auf den Weg. Noch gilt in den meisten Ländern die Zusage, dass an Weihnachten bis zu zehn Personen aus mehreren Haushalten (Kinder unter 14 zählen oft nicht dazu) zusammen feiern dürfen. Merkel und Wieler wollen das kippen.

Ministerpräsidenten erwidern, der soziale Frieden an Weihnachten sei ein hohes Gut. Im Gespräch zwischen Bund und Ländern ist außerdem, nach dem 27. Dezember zu knallharten Kontaktbeschränkungen wie in der ersten Pandemie-Welle zurückzukehren – dann wären nur noch Treffen von einem Haushalt mit einer oder zwei weiteren Personen erlaubt. Dies würde Silvesterfeiern stark einschränken.

Wann wird der Einzelhandel geschlossen?

Entweder vom 21. Dezember an oder erst nach Weihnachten ab dem 27. Dezember. Dass die Läden bereits in der kommenden Woche schließen müssen, wie es sich manche Virologen wünschen, gilt als sehr unwahrscheinlich. Eine so kurzfristige Entscheidung könnte Verbraucher in Panik versetzen, heißt es. Supermärkte, Drogerien und Apotheken sollen während des harten Lockdowns offen bleiben, Friseure müssen voraussichtlich schließen.

Lesen Sie hier: Milliardenverlust: So leidet der Einzelhandel im Lockdown

Was kostet ein Winter-Lockdown?

Für die Novemberhilfen an Gastronomie, Kinos und Theater kalkuliert der Bund mit 14 Milliarden Euro. Für den Dezember sind bislang 17 Milliarden Euro für entgangene Umsätze vorgesehen.

Für das umsatzstarke Weihnachtsgeschäft und die Zeit zwischen den Jahren (Umtausch, Gutscheine) bereitet der Bund einen anderen Weg vor. Statt pauschal alle Umsätze zu erstatten, sollen Kaufhäuser und Läden auf Zuschüsse der vorgezogenen Überbrückungshilfe III zugreifen können, um sich Miete oder Personalkosten erstatten zu lassen.

Wie lange wird der harte Lockdown gehen?

Mindestens bis zum 10. Januar. Eine Garantie, dass das Land dann aus dem Corona-Winterschlaf aufgeweckt wird, gibt es aber nicht. Bund und Länder werden schauen, wo und wie stark sich der Wochenwert der Neuinfektionen auf das Ziel 50 je 100.000 Einwohner zubewegt und wie die Lage in den Kliniken ist.

Nach Bayern, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein oder Sachsen kündigten Berlin und Niedersachsen härtere Maßnahmen an. „Wir werden den Einzelhandel herunterfahren müssen, und zwar bis zum 10. Januar“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD).

Harter Lockdown für Berlin geplant - Müller- Es geht nicht anders

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    Was gilt für die Schulferien?

    Am 18. Dezember wird wohl für die meisten Schüler bundesweit der letzte Unterrichtstag vor Weihnachten sein. Für eine von der Leopoldina vorgeschlagene Aufhebung der Schulpflicht vom 14. Dezember an gibt es in den Ländern keine Mehrheit.

    In Niedersachsen etwa können Eltern ab der nächsten Woche ihre Kinder vom Unterricht befreien lassen. Mehrere, aber nicht alle Länder wollen die Ferien bis zum 10. Januar verlängern. Ältere Schüler ab 7./8. Klasse vor allem in Corona-Hotspots müssen sich nach den Ferien auf mehr Distanzunterricht einstellen.