Berlin. Auf ihrem digitalen Parteitag wollen die Grünen ein neues Grundsatzprogramm beschließen. So lief die Auftaktveranstaltung in Berlin.

Zum Auftakt des Grünen-Parteitages für das neue Grundsatzprogramm hat die Vorsitzende Annalena Baerbock schnelle Entscheidungen im Kampf gegen die Klimakrise verlangt. Mit Blick auf zahlreiche verheerende Brände in diesem Jahr in Australien, der Ukraine, in den USA und auch in Deutschland sagte Baerbock am Freitagabend bei einem digitalen Treffen der Ökopartei:

„Der Natur schwinden die Kräfte, sich zu wehren. Es verbrennt ein Stück Erde und mit ihr unser Leben.“ Der Weltgemeinschaft blieben weniger als 30 Jahre für eine Trendwende. Gehandelt werden müsse schon früher: „Jetzt beginnt das entscheidende Jahrzehnt. Wir müssen jetzt ins Machen kommen.“

Digital-Parteitag der Grünen: Überlastete Server

Der wegen der Corona-Pandemie von Karlsruhe in eine Sendezentrale nach Berlin verlegte Digital-Parteitag begann mit technischen Problemen. Die Grünen kämpften mit überlasteten Servern, als zeitweise mehr als Tausend Delegierte aus ihren Arbeits- und Wohnzimmern zugeschaltet waren. Die 39 Jahre alte Parteichefin und Bundestagsabgeordnete Baerbock begann ihre Rede mit mehr als einer Stunde Verspätung. Das neue Programm soll am Sonntag beschlossen werden.

Kommentar : Digitaler Parteitag: Grüne Dosis mit Risiken

Die Energie- und Wirtschaftsexpertin betonte, dass die Grünen alleine eine angestrebte sozial-ökologische Marktwirtschaft nicht umsetzen könnten: „Nicht mit 20 Prozent, auch nicht mit 30.“ Dazu brauche man in einer Demokratie Mehrheiten und Akzeptanz. Die Klimapolitik sei nicht für alle eine Verheißung, „sondern für viele auch eine Zumutung“, räumte Baerbock ein. Das müsse ihre Partei beachten: „Es braucht Respekt vor unterschiedlichen Meinungen, und wir müssen bereit sein, leise Stimmen auch laut zu stellen.“

Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, hält beim digitalen Bundesparteitag der Grünen ihre politische Auftaktrede vor Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. Sendezentrale, im Tempodrom.
Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, hält beim digitalen Bundesparteitag der Grünen ihre politische Auftaktrede vor Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. Sendezentrale, im Tempodrom. © dpa | Kay Nietfeld

Grüne bekennen sich zum Pariser Klimavertrag

Die Grünen-Spitze bekennt sich im Entwurf für das neue Grundsatzprogramm zum Pariser Klimavertrag , der die Erhitzung der Erde deutlich unter zwei Grad und so stark wie möglich Richtung 1,5 Grad begrenzen soll. Für den Parteitag liegen zahlreiche Anträge vor, die schärfere Klimaziele für die Grünen durchsetzen wollen. Baerbock hielt dagegen: „Am Pariser Vertrag zu rütteln – und sei es noch so gut gemeint, verhindert doch gerade, dass wir ihn gemeinsam endlich mit Leben füllen.“

Der 1,5-Grad-Pfad müsse in jedem Sektor in konkrete Politik umgesetzt werden. „Andere verlassen Paris, wir setzen es um“, sagte Baerbock mit Blick auf den Ausstieg der USA unter Präsident Donald Trump. Der Wahlsieg des Demokraten Joe Biden sei ein Hoffnungsschimmer. Dennoch müsse sich Europa stärker und eigenständiger in der Welt behaupten“, so Baerbock. „China füllt die Lücke, die der Westen gelassen hat – nun auch in der Pandemie.“

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Deutlich prangerte Baerbock die Corona-Lage an den Schulen an. Der Einbau von Filtern und Breitband komme nicht vom Fleck. Das sei fatal für Bildung. Kinder hätten extrem unter Schließungen von Schulen und Kitas gelitten: „Wenn dein Kind anfängt, mit der Tasse zu reden oder sie gegen die Wand zu schmeißen, weil es über Wochen keinen Freund mehr gesehen, mit ihm gespielt oder gestritten hat.“

Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, schaut sich zu Beginn des dreitägigen, digitalen Bundesparteitags der Grünen einen Einspielfilm an.
Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, schaut sich zu Beginn des dreitägigen, digitalen Bundesparteitags der Grünen einen Einspielfilm an. © dpa | Kay Nietfeld

Parteitag der Grünen: Kinderschutz systemrelevant

Erschreckend seien Berichte des Kinderschutzbundes über die Häufung bei Knochenbrüchen, selbst bei Kleinkindern. „Wer über Wochen alleinerziehend mit einem Drei- bis Siebenjährigen auf 50 Quadratmetern gehockt hat und keinen Garten hatte, der weiß spätestens jetzt: Kinderschutz ist systemrelevant. Kitas und Schulen sind lebensnotwendig.“

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Den seit Anfang November geltenden Teil-Lockdown verteidigte Baerbock . „Wir, Du, Sie rücken mit Abstand zusammen in der Überzeugung, dass sowohl harte Einschränkungen unserer Freiheit als auch wirtschaftliche Kosten gerechtfertigt sind, um uns gegenseitig zu schützen.“ Am kommenden Mittwoch beraten Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten über Lockerungen – oder noch härtere Maßnahmen.