Washington. Neue Details über den versuchten Staatsstreich am 6. Januar erhöhen den Druck auf Ex-Präsident Trump. Was sein Sohn damals forderte.

In der Nibelungentreue zu seinem Vater lässt sich Donald Trump Jr. von niemandem übertreffen. Am frühen Nachmittag des 6. Januar, als am Kapitol von Washington ein versuchter Staatsstreich im Gange war und ein marodierender Mob die Anerkennung des Wahlsieges von Joe Biden verhindern wollte, überkam den ältesten Sohn des 45. US-Präsidenten jedoch die Panik: "Er muss diesen Scheiß verurteilen - sofort", schrieb Trump Junior in einer SMS.

In einer zweiten Text-Mitteilung hieß es: "Wir brauchen eine Rede aus dem Oval Office. Er muss nun führen. Das ist zu weit gegangen und außer Kontrolle geraten." Gemeint sind die Fernseh-Bilder von beispiellos brutalen Attacken auf die Herzkammer der amerikanischen Demokratie, die fünf Todesopfer forderten. Donald Trump, der Senior, hatte den Skandal kurz zuvor nach Überzeugung der Demokraten und unabhängiger Analysten mit einer Hetzrede inspiriert.

Top-Republikaner wollten nicht aussagen

Adressat der digitalen Hilferufe in beiden Fällen war Trumps damals wichtigster Mann im Weißen Haus: Stabschef Mark Meadows. Weil sich der Republikaner weigert, dem Untersuchungsausschuss über die Erstürmung des Kapitols Rede und Antwort zu stehen (obwohl er gerade mit einem Insider-Buch über die Vorgänge Kasse machen will), muss der 62-Jährige wegen „Missachtung” des Kongresses mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen. Mögliche Höchststrafe: ein Jahr Gefängnis und 100.000 Dollar Bußgeld.

Zuvor muss das Repräsentantenhaus der einstimmigen Empfehlung des U-Ausschusses folgen. Dann kann Justizminister Merrick Garland analog zum Fall Steve Bannon Anklage erheben. Der frühere Chef-Stratege Trumps hatte dem Ausschuss ebenfalls die kalte Schulter gezeigt. Sein Prozess findet im Sommer 2022 statt.

Trump weigerte sich 187 Minuten lang zu handeln

Liz Cheney, die einzige Republikanerin im Untersuchungsausschuss, las aus den SMS-Aufrufen von Trump Junior am Dienstagabend laut vor und nannte eine Zahl, die in die Geschichtsbücher eingehen könnte: 187. 187 Minuten lang dauerte der Exzess am Kapitol, der weltweit das Urvertrauen in die US-Demokratie erschüttert hat.

„187 Minuten lang hat Präsident Trump sich geweigert zu handeln”, sagte Cheney und stellte eine Frage in den Raum, die original einen Straftatbestand zitiert: "Hat Donald Trump, durch Handeln oder Unterlassen, auf korrupte Weise versucht, Verfahren im Kongress zu blockieren oder zu behindern?".

Unterstützer von Donald Trump stürmen am 6. Januar das Kapitolgebäude, wo die Abgeordneten den Wahlsieg von Joe Biden bestätigen sollten.
Unterstützer von Donald Trump stürmen am 6. Januar das Kapitolgebäude, wo die Abgeordneten den Wahlsieg von Joe Biden bestätigen sollten. © dpa

Tatsache ist, dass Trump der blutigen Randale lange Zeit am Fernseher zusah, zunächst mit Genugtuung. Als der von Demonstranten mit Tod durch Erhängen bedrohte Vizepräsident Mike Pence, dem die verfassungsmäßige Anerkennung des Biden-Sieges oblag, vom Secret Service in letzter Minute in Sicherheit gebracht wurde, beschimpfte Trump ihn noch via Twitter. Erst nach über drei Stunden rief er den Mob zum Abzug auf. Nicht ohne ein abstruses Kompliment zu hinterlassen: "Ihr seid ganz besonders."

Fox News machte linke Gegendemonstranten für Erstürmung verantwortlich

Wie "besonders" illustrieren Einlassungen von Mark Meadows. Danach sollte die Nationalgarde am 6. Januar gesondert eingesetzt werden, um "Pro-Trump-Leute zu schützen". Die Veröffentlichung der Text-Mitteilungen wirft auch ein Licht auf die Doppelzüngigkeit einflussreicher Fernseh-Moderatoren des Senders Fox News.

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    Leute wie Sean Hannity, Laura Ingraham und Brian Kilmeade, denen jeden Tag Millionen Zuschauer folgen, schrieben am 6. Januar an Meadows Sätze wie diesen: "Mark, der Präsident muss den Leuten im Kapitol sagen, dass sie nach Hause gehen sollen. Das trifft uns alle. Er zerstört sein Vermächtnis." In ihren Sendungen verbreiteten die TV-Stars die wahrheitswidrige Erzählung, dass linksgerichtete Gegendemonstranten und/oder das FBI für die Erstürmung des Kapitols verantwortlich seien.