Abu Dhabi. Die Vereinigten Arabischen Emirate setzen auf Nachhaltigkeit. Fließt bald klimafreundlich erzeugter Wasserstoff nach Deutschland?

Gruppenfoto im Wüstensand: Minister Robert Habeck, die deutsche Wirtschaftsdelegation und seine emiratischen Gastgeber stehen lächelnd in der prallen Sonne. Hinter ihnen erstrecken sich Reihen glänzender schwarzen Solarpaneele. Sie sind der Grund, warum Habeck und seine Delegation hierher, an den Stadtrand von Abu Dhabi, gekommen ist: Mit dem Strom aus den Solarzellen soll künftig grüner Wasserstoff für Deutschland erzeugt werden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Mohamed Jameel Al Ramahi, Chef der Abu Dhabi Future Energy Company.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Mohamed Jameel Al Ramahi, Chef der Abu Dhabi Future Energy Company. © dpa | Bernd von Jutrczenka

Nachdem der Wirtschaftsminister bei Teil eins seiner Nahost-Reise sich darum kümmern musste, fossiles Gas nach Deutschland zu bekommen, konnte er sich am Montag in der Vereinigten Arabischen Emiraten um grüne Kernthemen kümmern. Die Transformation der Industrie hin zu Klimaneutralität.

Die Energie dafür soll unter anderem aus dem Staat am persischen Golf kommen. Reich geworden sind die Emirate mit Öl und Gas. Doch die Zukunft sehen sie woanders. Auch wenn derzeit noch mit fossilen Energieträgern viel Geld verdient wird, setzen die Emirate langfristig auf Nachhaltigkeit: Vergangenes Jahr kündigte der Verbund der sieben Fürstentümer an, bis 2050 bei netto Null Treibhausgasemissionen sein zu wollen. 2023 wird das Land Gastgeber der 28. UN-Weltklimakonferenz sein. Und statt Öl und Gas will man irgendwann grünen Wasserstoff liefern.

Der Bedarf an grünem Wasserstoff ist riesig

Hergestellt mit Strom aus erneuerbaren Quellen, kann Wasserstoff als Energieträger Emissionen in Bereichen reduzieren, die sich nicht elektrifizieren lassen – wie dem Flugverkehr oder die Schwer- und Chemieindustrie. Allerdings benötigt die Wasserstoff-Produktion große Mengen Strom aus erneuerbaren Quellen. Zu viel, um ihn in Deutschland herzustellen. Die Emirate mit ihrem Solarstrom gehören deshalb zu den Ländern, aus denen Deutschland zukünftig Wasserstoff beziehen will.

Drei entsprechende Kooperationsvereinbarungen zwischen Unternehmen wurden im Rahmen von Habecks Besuch unterzeichnet, zudem wollen Deutschland und die Emirate eine engere Forschungskooperation zum Thema eingehen und gemeinsam ein Projekt für grünes Kerosin fördern.

Der Bedarf in der Bundesrepublik ist groß: Allein der Stahlhersteller Thyssenkrupp bräuchte nach eigenen Angaben 720.000 Tonnen Wasserstoff im Jahr. Experten mahnen deshalb, den teuren Energieträger nur dort einzusetzen, wo es wirklich keine anderen klimafreundlichen Alternativen gibt.

Die Politik müsse klar definieren, bei welchen Anwendungen grüner Wasserstoff unumgänglich ist und diesen Einsatz gezielt fördern, sagt Matthias Deutsch, Wasserstoff-Experte der Denkfabrik Agora Energiewende. Der Thinktank hält vor allem den Einsatz in der Industrie, im Flug- und Schiffsverkehr sowie in der Energiespeicherung für sinnvoll, „nicht aber in Einzelheizungen von Privathaushalten und in Brennstoffzellen in Pkw.“

Der Artikel erschien zuerst auf www.waz.de