Berlin. Angela Merkel erklärt sich im Bundestag. Wie sich die Kanzlerin schlug und bei welchem Thema sie schmallippig wurde – nicht bei Corona.

Die nächsten FFP-2-Masken kommen mit der Post. Damit reagiert die Bundesregierung darauf, dass sich vielerorts am ersten Tag der Gratis-Ausgabe für Senioren vor den Apotheken Warteschlangen bildeten. Kontaktbegrenzung sieht anders aus. Lesen Sie hier: Corona-Schutz durch FFP2-Masken: Verteilung hat begonnen

„Wir standen vor der Frage nichts zu tun oder dies zu tun“, rechtfertigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch vor der FDP-Abgeordneten Christine Aschenberg in der Fragestunde des Bundestags. Gut gemeint, schlecht gemacht.

Corona: Merkels Ziel ist die Herdenimmunität

Gemeinhin werde man Masken „noch sehr lange tragen müssen“, sollten sich 40 Prozent der Bürger nicht impfen lassen, mahnte die Kanzlerin. Sie fügte lakonisch hinzu, „das liegt in der Natur der Sache.“

Was sie damit meint: Die Regierung strebt nach ihren Worten „eine Herdenimmunität an“. Das setzt voraus, dass 65 bis 70 Prozent der Menschen - weltweit - immun werden. Bis dahin: Maske tragen.

AfD-Mann Uwe Witt will es genauer wissen: Ob die Bürger über die verschiedenen Impfstoffe gegen Corona informiert werden und ob sie die Wahl hätten, sich für eines zu entscheiden. Witt hat erkennbar Vorbehalte gegen den Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech, weil der auf Gentechnik beruht. Mehr zum Thema: Corona: Werden Geimpfte anders leben können als Ungeimpfte?

Merkels Versprechen: Keine Impfpflicht

Merkel kann den Mann beruhigen: „Ich glaube schon, dass es so ist“ - wenn genügend da sei, werden sich die Menschen ihren Impfstoff aussuchen können. „Wir wollen keine Impfpflicht einführen.“ Der Biontech-Stoff verhindert eine Erkrankung, aber womöglich nicht, dass der Betroffene andere mit dem Virus anstecken kann. Weswegen die Maske womöglich schon deswegen nicht ausgedient hat.

Eine gute Stunde lang stand die Kanzlerin rund 20 Abgeordneten individuell Rede und Antwort, das letzte Mal in diesem Jahr. In jeder zweiten Frage ging es um Corona. „Wer soll die Pandemierechnung zahlen“, wollte die Linken-Abgeordnete Gesine Lötsch wissen und erhielt nur zur Hälfte die erhoffte Antwort.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beantwortet bei der Regierungsbefragung während der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag die Fragen der Abgeordneten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beantwortet bei der Regierungsbefragung während der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag die Fragen der Abgeordneten. © dpa | Bernd von Jutrczenka

Es seien „keine Einschnitte bei sozialen Ausgaben“ geplant. Und: „An eine Vermögensabgabe denke ich nicht“. Den ersten Teil wollte Lötsch hören, die zweite nicht, oder?

Die Grüne Anja Hayduk störte sich daran, dass die Hilfen für Betriebe, die wegen der Pandemie schließen müssen, unterschiedlich ausfallen. Die Restaurants, die im November dicht machten, schneiden besser als die Friseure ab, die erst heute ihre Salons schließen mussten.

Merkel in der Defensive beim Wirecard-Skandal

Sie fragte, „wie rechtfertigen sie diese Ungleichbehandlung?“ Nun ja, mit der Dauer. Die Restaurants schließen für zwei Monate, die Friseure für den halben Dezember, „das ist eine sehr kurze Zeit“. Ab Januar gibt es wieder andere Hilfen.

Ein Abgeordneter konfrontierte die Kanzlerin damit, dass große Ketten wie McDonalds besser wegkommen als traditionsreichen Brauereigaststätten. Das war auch Merkel nicht recht.

Merkels Stärken: Immer im Film, immer im Stoff

Immer wieder faszinierend ist, dass Merkel bei jeder Frage im Film ist und Detailwissen abruft, ob es um das Lieferkettengesetz, um das Schicksal der Uiguren in China oder um den Sitz eines neuen europäischen Gesundheitszentrums für Prävention geht.

Nur bei zwei Fragen wurde Merkel schmallippig, allerdings wohl kaum aus Unkenntnis. Im Gegenteil. Es ging um den Wirecard-Skandal, zu dem der Kanzlerin noch ein Auftritt als Zeugin bevorsteht: „Den Rest machen wie im Untersuchungsausschuss“, antwortete sie einem Linken-Abgeordneten. Gelegentlich ist das parlamentarische Parkett denn doch: glatt. Mehr zum Thema: Markus Braun: So lief die Vernehmung des Ex-Wirecard-Chefs