Berlin. Wer wissen will, wie viel Rente er erhält, muss nicht auf den Bescheid warten. So berechnen Sie Ihre Rente in vier einfachen Schritten.
- Wie viel Rente wird man im Alter erhalten? Darüber gibt der jährliche Renten-Bescheid Auskunft
- Doch es ist nicht nötig, auf das Schreiben der Rentenversicherung zu warten
- Denn mit der Rentenformel kann sich das auch jeder selbst ausrechen – in vier einfachen Schritten
Wer das 27. Lebensjahr erreicht hat und in der gesetzlichen Rente versichert ist, bekommt einmal im Jahr seinen Rentenbescheid zugeschickt. In der Post von der Deutschen Rentenversicherung kann der- oder diejenige dann lesen, wie hoch seine oder ihre monatliche Rente in der Zukunft ausfallen könnte.
Doch wer seinen Ruhestand finanziell planen will, muss dafür nicht extra auf die DRV warten. Mit einer einfachen Rechnung, lässt sich relativ genau bestimmen, wie hoch die monatliche Rente sein wird. Wobei in der sogenannten Rentenformel, keine außergewöhnlichen Investitionen in die Rente, wie Ausgleichszahlungen, Boni oder auch Weihnachtsgeld berücksichtigt werden.

Für das Verständnis der Rentenformel muss man zunächst wissen, wie die monatliche Bruttorente berechnet wird. Entscheidend dafür sind vier Faktoren:
Rente berechnen - Schritt eins: So funktionieren die Entgeltpunkte
Die Entgeltpunkte berechnen sich durch das Verhältnis zwischen dem eigenen Jahreseinkommen und dem durchschnittlichen Jahreseinkommen aller Versicherten. Das liegt laut vorläufiger Schätzung aktuell bei 38.901 Euro jährlich im Westen und 37.333 im Osten. Wer genauso viel verdient wie der Durchschnitt, bekommt für das entsprechende Jahr genau einen Entgeltpunkt. Bei mehr oder weniger Gehalt, wird die Differenz prozentual auf die Entgeltpunkte angerechnet. Um sie herauszufinden, muss der Versicherte also sein Jahreseinkommen in brutto durch das durchschnittliche Bruttojahreseinkommen aller Versicherten teilen.
Dabei zu beachten: Wegen der Beitragsbemessungsgrenze gibt es ein Maximalgehalt, das angegeben werden kann. Der Verdienst, der über diesem Maximum liegt, fließt nicht mehr in die Berechnung der Entgeltpunkte ein. Die Beitragsbemessungsgrenze wird jährlich angepasst und liegt für 2022 bei 84.600 (West), 81.000 (Ost) Jahreseinkommen.
Dazu bekommen Mütter oder Väter pro Kind, dass nach 1992 geboren wurde, bis zu drei Jahre bei der Rente gut geschrieben. Für Kinder, die vor 1992 geboren sind, sind es maximal zwei Jahre und sechs Monate. Die DRV berechnet diese Jahre ungefähr so, als hätte der oder die Versicherte in dieser Zeit das Durchschnittsbruttoeinkommen verdient. Pro Jahr sogenannter Kindererziehungszeit gibt es also zirka einen Entgeltpunkt. Wer während der Kindererziehungszeit weiter arbeiten geht, bekommt die Entgeltpunkte zusätzlich zu den "normalen" Punkten gutgeschrieben. Aber Vorsicht: Die Kindererziehungszeiten müssen bei der DRV selbst beantragt werden und es kann immer nur ein Elternteil von ihnen profitieren.
Beispielrechnung
- Eine angestellte Bäckerin hat 2022 30.000 Euro verdient.
- Das ergibt geteilt durch 38.901 rund 0,78 Entgeltpunkte, die für dieses Jahr auf ihr Rentenkonto wandern.
- Die Bäckerin hat zudem zwei Kinder, für deren Erziehungszeit sie insgesamt fünf Entgeltpunkte angerechnet bekommt.
- Insgesamt arbeitet die Bäckerin bereits seit 41 Jahren und hat dabei vor 2021 im Schnitt 0,7 Entgeltpunkte jährlich gesammelt.
- Insgesamt hat die Bäckerin damit 34,48 Entgeltpunkte (41x0,7+ 0,78 + 5).
Rente berechnen Schritt zwei: Das hat es mit dem Zugangsfaktor auf sich
Der Zugangsfaktor ist davon abhängig, zu welchem Zeitpunkt der Eintritt in die Rente erfolgt. Wer mit dem Erreichen der gesetzlich festgelegten Regelaltersgrenze in Rente geht, hat den Zugangsfaktor 1. Für alle Jahrgänge ab 1964 gilt die Regelaltersgrenze von 67 Jahren. Für jeden Monat, den man vor der Regelaltersgrenze in den Ruhestand geht, müssen 0,003 Punkte vom Zugangsfaktor 1 abgezogen werden.
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Das frühestmögliche Eintrittsdatum in die Rente liegt übrigens vier Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze. Dann müsste man mit der maximalen Kürzung von 14,4 Prozent oder eben 0,144 Punkten Abzug auf den Zugangsfaktor rechnen. Nur für besonders langjährig Versicherte gelten Ausnahmen. Wer mindestens 45 Jahre in die Rentenversicherung einbezahlt hat, kann zwei Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze ohne Abzüge in Rente gehen.
Beispielrechnung
- Die Bäckerin hat genug von Brot, Brezeln und Brötchen und möchte mit 65 Jahren in Rente gehen.
- Sie ist 1964 geboren und müsste daher für ihr Ziel bis 2029 arbeiten.
- Da sie zwei Jahre vor Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand will, werden ihr 24 Monate a 0,003 Prozentpunkte vom Zugangsfaktor abgezogen.
- Der Zugangsfaktor der Bäckerin beträgt also 0,928.
Rente berechnen Schritt drei: Der aktuelle Rentenwert
Wenn von der Rentenerhöhung gesprochen wird, dann ist in der Regel der Rentenwert gemeint. Diese Zahl bestimmt den Gegenwert, der für jeden gesammelten Entgeltpunkt im Ruhestand monatlich ausgezahlt wird. Der Rentenwert wird jedes Jahr angepasst. Je nachdem wie sich die wirtschaftliche Situation aber vor allem die Bruttolöhne aller Arbeitnehmer entwickeln. Wie die Anpassung genau berechnet wird, legt Paragraph 68 des Sozialgesetzbuches VI fest. Aktuell beträgt der Rentenwert im Westen 34,19 Euro und im Osten 33,47 Euro. Prognosen des Bundesarbeitsministeriums soll er zum 1. Juli 2022 auf 36,02 (West) und 35,52 (Ost) steigen. Erst 2025 sollen in neuen und alten Bundesländern die gleichen Rentenwerte gelten.
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Rente berechnen Schritt vier: Den Rentenartfaktor einbeziehen
In der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es nicht nur die "normale" Rente, die im Fachjargon auch Altersrente genannt wird. In Deutschland beziehen laut DRV beispielsweise 1,82 Millionen Menschen eine Erwerbsminderungsrente. Wer zu krank ist, um arbeiten zu können, bekommt eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Wer trotz Krankheit zwischen minimal drei und maximal sechs Stunden am Tag arbeiten kann, bekommt eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Die Art der Rente ist wichtig für die Rentenformel, denn je nach Rente fließt ein unterschiedlicher Rentenfaktor mit ein.
- Altersrenten, Erziehungsrenten und Renten wegen voller Erwerbsminderung haben den Faktor 1.
- Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung haben den Faktor 0,5.
- Vollwaisenrenten haben den Faktor 0,2.
- Halbwaisenrenten haben den Faktor 0,1.
- Die Witwenrente hat den Faktor 0,6 wenn der Partner oder die Partnerin vor 1962 geboren ist. Andernfalls gilt der Faktor 0,55.
Wer Entgeltpunkte, Zugangsfaktor, Rentenwert und Rentenartfaktor beisammen hat, kann nun ganz einfach berechnen, wie hoch die monatlichen Bezüge aus der gesetzlichen Rente aktuell ausfallen würden. Dafür müssen die vier Werte einfach miteinander multipliziert werden.
Beispielrechnung
- Die Bäckerin geht davon aus, dass sie eine normale Altersrente in Anspruch nehmen wird. Ihr Rentenfaktor beträgt demnach 1.
- Ihr Zugangsfaktor beträgt 0,928.
- Sie hat bisher 34,48 Entgeltpunkte gesammelt.
- Sie kommt aus Essen und kalkuliert daher mit dem Rentenwert West von 34,19 Euro.
- Die Bäckerin würde demnach aktuell eine monatliche Rente von 1093,99 Euro erhalten.
Die monatliche Bezüge, die sich mit der Rentenformel errechnen lassen, sind ein guter Richtwert für die eigene Finanzplanung des Ruhestands. Da sich vor allem der Rentenwert jährlich ändert, sollte man aber auf keinen Fall davon ausgehen, dass der berechnete Wert auch garantiert ist.
System | Die gesetzliche Rente funktioniert nach dem Äquvivalenz- und dem Solidarprinzip. |
Renten-Arten | Grund-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente |
Ausnahmen | Selbstständige und Freiberufler sind in der Regel von der Versicherungspflicht befreit. |
Finanzierung | Die gesetzliche Rente in Deutschland ist grundsätzlich umlagenfinanziert. |
Probleme | Die Unterfinanzierung resultiert hauptsächlich aus der zunehmend älter werdenden Bevölkerung in Deutschland. |
Drei Säulen | Die Altersvorsorge in Deutschland umfasst die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge. |
Ursprung | Die gesetzliche Rente wurde am 22. Juli 1889 unter Reichskanzler Otto von Bismarck offiziell eingeführt. |
Zumal die Ampelkoalition eine Reform der Rente in ihrer Regierungszeit angekündigt hat. Zum Beispiel ist die Einführung eines Rentenfonds geplant, wie es Grüne und FDP schon vor der Wahl forderten. Wirtschaftsexperten haben zudem vorgeschlagen, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung zu koppeln.
Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.