Die russische Perspektive unterscheidet sich deutlich von westlicher Berichterstattung. Auch die Rolle Deutschlands wird diskutiert.

Derzeit vergeht kein Tag, an dem westliche Medien nicht über die verschärfte Lage an der Grenze zur Ukraine berichten. Mehr als 100.000 russische Soldaten befinden sich in der Grenzregion. Die Nato befürchtet einen Einmarsch Russlands in die Ukraine. US-Präsident Joe Biden warnt sogar vor der „größten Invasion seit dem Zweiten Weltkrieg“. Russlands Medien zeichnen dagegen ein komplett anderes Bild der Krise. Auch interessant: Putins Pläne in der Ukraine: Riskiert er einen langen Krieg?

Das russische Staatsfernsehen dominiert nach wie vor die Berichterstattung in Russland. So schlägt der Sender „Pervyi Kanal“ (Pendant zur deutschen ARD) in seiner Berichterstattung einen ganz anderen Ton ein als die westlichen Medien. Russische Truppen, Militärstützpunkte, Panzer – all das taucht selten in den Nachrichten auf. Stattdessen wird ganz klar von einer „Provokation und Bedrohung durch die westlichen Staaten“ gesprochen.

Russisches Staatsfernsehen: Der Westen provoziere und bedrohe Russland

Im Fernsehen wird oft der russische Präsident Wladimir Putin gezeigt, der von der Gefahr einer Nato-Osterweiterung spricht. Putin, der immer wieder betont, dass nicht Russland die Konflikte anzettele, sondern der Westen. „Die USA kamen mit Raketen zu unserem Haus. Sie sind bereits an der Schwelle“, sagte er bereits während seiner Jahrespressekonferenz im Dezember. Diese Aufnahmen werden seitdem fast täglich wiederholt ausgestrahlt.

Diese Behauptung von der angeblichen Bedrohung durch den Westen wird mit Aufnahmen aus Kiew unterstrichen. Die Aufnahmen zeigen Waffenlieferungen aus den USA und anderen Ländern, die am Flughafen in Kiew ankommen. „Die USA haben erneut 80 Tonnen Waffen nach Kiew geliefert, darunter sind 300 Panzerabwehrraketen, Granatwerfer und Munition. Die Provokation durch den Westen wurde erneut bewiesen“, heißt es in der aktuellen russischen Berichterstattung am Donnerstag.

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Immer wieder warnt das staatliche Fernsehen vor den Waffenlieferungen in die Ukraine und spricht sogar von ukrainischen Extremisten, die diese Waffen bekommen sollten. Dabei wird oft Eduard Basurin gezeigt, Sprecher der russischen Donbass-Miliz, der vor ukrainischen Angriffen warnt und die westlichen Staaten anprangert. Russland müsse sich vor möglichen Angriffen schützen, so der allgemeine Tenor in der Berichterstattung. Lesen Sie auch: Ukraine: Westen droht Russland mit Wirtschaftskollaps

Deutschlands ablehnende Haltung zu Waffenlieferungen wird begrüßt

Dass Deutschland Waffenlieferungen in die Ukraine weiterhin ablehnt, wird dagegen in den russischen Medien begrüßt. „Deutschland ist sich seiner Verantwortung bewusst“, kommentiert ein Moderator die aktuelle Berichterstattung. In einem Nebensatz lässt er fallen, dass Deutschland „lediglich 5000 Helme“ an die Ukraine liefern wird, „während die USA, das Vereinigte Königreich, Polen, Litauen, Estland, Lettland und die Tschechische Republik die Ukraine immer weiter und bedenkenlos mit Waffen versorgen“.

Auch die Moskauer Tageszeitung „Nesawisimaja Gaseta“ sieht den wahren Aggressor im Westen. „Die Nato antwortet auf Moskaus Vorschläge, indem sie Truppen in den Osten verlegt“, heißt es da. Westliche Truppenbewegungen und die Waffenlieferungen an die Ukraine würden die Spannungen mit Absicht schüren und so eine Reaktion Russlands provozieren.

Nur Kreml-kritische Medien hinterfragen Putins Entscheidungen

Fast schon belächelt wird der Abzug von Botschaftspersonal aus Kiew. Dass sowohl die USA als auch Großbritannien seine Mitarbeiter abgezogen haben, kommentiert der Sender „Pervyi Kanal“ als „unnötig“. Es sei fragwürdig, was die Großmächte damit erreichen wollten, spekuliert das Staatsfernsehen.

Lediglich in Kreml-kritischen Medien, von denen es immer weniger gibt, wird der russische Truppenaufmarsch hinterfragt, Entscheidungen von Putin werden hier auch kritisiert. Die Zeitung „Novaja Gaseta“, die vom Nobelpreisträger Dmitri Muratow geleitet wird, berichtet regelmäßig über die russischen Truppenbewegungen und welche Gefahr davon ausgehe.