Saarbrücken . Bei der Landtagswahl im Saarland siegt SPD-Kandidatin Anke Rehlinger mit großer Mehrheit gegen den CDU-Ministerpräsidenten Tobias Hans.

Der Jubel um 18 Uhr ist riesig. Das Ergebnis ist ein Triumph. Die SPD hat im Saarland nach 23 Jahren CDU-Vorherrschaft die Landtagswahl fulminant gewonnen und einen Machtwechsel herbeigeführt. Um 18.17 Uhr erscheint die Siegerin Anke Rehlinger begleitet von anhaltenden „Anke-Anke“-Rufen ihrer Anhängerschaft bei der Wahlparty in der Saarbrücker Diskothek „Garage“: „Das Saarland hat Rot gewählt, die Saar-SPD hat die Wahl gewonnen. Nach 23 Jahren sind wir wieder stärkste Kraft als Sozialdemokratie an der Saar!“, ruft Rehlinger. Wieder kommt Jubel auf.

Die SPD habe sich das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückerkämpft und sich Glaubwürdigkeit erarbeitet. „Das ist heute belohnt worden.“ Sie habe die Ehre, bald Ministerpräsidentin zu sein, sagt die derzeitige Vize-Regierungschefin der Großen Koalition im Saarland. Sie wolle Stabilität im Land und dazu, falls nötig, schon bald Gespräche mit potenziellen Regierungspartnern führen.

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Das Saarland wird also in den nächsten Jahre erstmals von einer SPD-Frau angeführt. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis hat die SPD sogar eine absolute Mehrheit erreicht. Es ist ihre erste im Saarland seit 1994. Die Christdemokraten ernten hingegen eine krachende Niederlage.
CDU-Ministerpräsident Tobias Hans ist abgewählt. So hat es die Mehrheit der mehr als 750.000 Wahlberechtigten entschieden. Die Saar-CDU fährt sogar ihr schlechtestes Ergebnis seit 1955 ein. Es ist ein absoluter Tiefpunkt.

Unsicher schien die Lage auch noch nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis für die Grünen. Für die FDP war es hingegen klarer, dass sie keinen Sitz erhalten würde. Knapp schnitt auch die AfD ab, aber sie ist im Landtag. Die Linke scheiterte in ihrem westdeutschen Stammland klar an der Fünf-Prozent-Hürde. Der Austritt Oskar Lafontaines kurz vor der Wahl dürfte der zerstrittenen Saar-Linken den finalen Stoß gegeben haben.

SPD-Politikerin Anke Rehlinger freut sich auf der Wahlparty der SPD.
SPD-Politikerin Anke Rehlinger freut sich auf der Wahlparty der SPD. © Boris Roessler/dpa | Boris Roessler/dpa

Saarland: Tobias Hans kündigt persönliche Konsequenzen an

SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger hat mit dem Sieg am Sonntag im zweiten Anlauf ihr Ziel erreicht. Anders als 2017. Auch damals war Rehlinger als Spitzenfrau der Saar-SPD angetreten, unterlag jedoch mit großem Abstand CDU-Amtsinhaberin Annegret Kramp-Karrenbauer.
Wahlverlierer Hans kündigt persönliche Konsequenzen an
Noch-Ministerpräsident Hans, Rehlingers Hauptkonkurrent bei dieser Wahl und zugleich ihr bisheriger Chef im Landeskabinett, muss nun in der Staatskanzlei Platz machen. Für die Christdemokraten ist es ein bitterer Tag, ganz besonders aber für den Spitzenkandidaten. Das ist Hans am Abend anzusehen, als er vor seine Anhängerschaft tritt.

Es sei eine „herbe Niederlage“, sagt der 44-Jährige, das Ergebnis schmerze sehr und sei eine „bittere Niederlage auch für meine Person“. Hans betont, man wolle bei einem solchen Ergebnis am liebsten „das Weite suchen, den Kopf in den Sand stecken, sich ins Bett legen“. Er selbst trage die Verantwortung und werde persönliche Konsequenzen aus dem Wahlergebnis ziehen. Am Montag wolle er sich mit Fraktion und Parteivorstand beraten. Wie die Entscheidung ausfallen wird, deutet Hans an diesem Abend bereits an: Es sei ihm „eine Ehre“ gewesen, „diesem Land gedient zu haben“. Es klingt nach Rücktritt. Bei einigen im Saal rollen Tränen übers Gesicht.

Hans war mit seinen 44 Jahren zuletzt der jüngste Ministerpräsident in Deutschland und galt in der CDU als Hoffnungsträger, nachdem er 2018 nach dem Wechsel von Kramp-Karrenbauer nach Berlin den Job im Saarland übernommen hatte. Nun ist Hans nicht einmal für eine ganze Regierungszeit im Amt gewesen – und hat gleich seine erste Wahl verloren. Wie es für ihn jetzt weitergeht? Offen.

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Tobias Hans leistete sich Fehltritte im Saarland-Wahlkampf

Dass er die CDU als Juniorpartner in eine Große Koalition führt, ist nach seinem Auftritt am Sonntagabend eher unwahrscheinlich. Er könnte als einfacher Abgeordneter im Landtag bleiben. Vor seiner Zeit als Regierungschef war der Vater von drei Kindern aus Neunkirchen bereits CDU-Fraktionschef im Landtag.

Außerhalb der Politik dürfte es für Hans hingegen nicht ganz so leicht werden. Denn er ist ohne Berufs- oder Studienabschluss. Hans, der Sohn des 2007 verstorbenen früheren Landtagsabgeordneten und CDU-Fraktionschefs Peter Hans, wurde 2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fraktion. Rund ein Jahr später brach Hans sein Studium der Informationswissenschaft, Wirtschaftsinformatik und Anglistik nach 18 Semestern in Saarbrücken ab.

Im Wahlkampf hatte er Pech, leistete sich aber auch Fehltritte. Zum einen hatte sich Hans in der heißen Phase des Wahlkampfs mit Corona infiziert und musste daher bis kurz vor dem Wahlsonntag viele Auftritte absagen, wodurch er vor Ort wenig präsent war. Zugleich sorgte ein Wut-Video von Hans für viel Aufmerksamkeit - und für herbe Kritik. In der Handyaufnahme zeigt sich der Ministerpräsident vor der Preistafel einer Tankstelle, schimpft über teuren Sprit und fordert staatliches Eingreifen. Ein Regierungschef, der gegen „die da oben“ wettert – das sorgte überregional für Häme. Und es dürfte ihn Zustimmung gekostet haben.

Saarland-Landtagswahl: Vorläufiges Endergebnis

  • SPD: 43,5 Prozent
  • CDU: 28,5 Prozent
  • Grüne: 4,99 Prozent
  • AfD: 5,7 Prozent
  • FDP: 4,8 Prozent
  • Linke: 2,6 Prozent
  • Andere Parteien: 9,9

Saarland: Rehlinger wird für starken Wahlkampf belohnt

Zwar musste sich auch Rehlinger Anfang März zeitweise wegen eines positiven Coronatests aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Allerdings patzte sie im Wahlkampf nicht. Ohnehin waren ihre Sympathiewerte im Saarland höher. Die Herausforderin ist den Wählern immerhin seit Jahren als Spitzenpolitikerin bekannt: Bereits seit Anfang 2014 war die Rechtsanwältin stellvertretende Ministerpräsidentin und Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr.

Dennoch lag die SPD vor der Bundestagswahl lange hinter der CDU. Erst im Herbst drehte sich die Stimmung an der Saar. Rehlinger begann zu kämpfen. Es ist zweifellos etwas, was sie aus ihrer Zeit als saarländische Rekord-Kugelstoßerin und Diskuswerferin beherrscht. Zuletzt dann sahen Meinungsforscher die SPD mit Rehlinger über Wochen stabil und deutlich vor der CDU.

Am Abend blieb wegen des knappen Abschneidens der kleineren Parteien zunächst offen, welche Regierungsoptionen die Wahlsiegerin nun hat. Bei der FDP war der Optimismus bis zu den ersten Hochrechnungen immerhin groß: Die Liberalen hatten Champagner kalt gestellt, mussten dann aber doch feststellen, dass es nichts zu feiern gibt. Spitzenkandidatin Angelika Hießerich-Peter erklärte das magere Abschneiden der Liberalen mit einem aus früheren Landtagswahlen bekannten Phänomen: Der Wahlkampf sei „in den letzten Wochen stark auf die Frage fokussiert, wer Ministerpräsident des Saarlandes wird“.

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(fmg/mit dpa und afp)