Berlin. Die CDU-Schlappe im Saarland setzt Merz unter Druck. Um zu verhindern, dass die CDU auch in NRW verliert nutzt er einen Merkel-Trick.

Am Tag nach dem CDU-Wahldesaster im Saarland treten in der Berliner Parteizentrale zwei Männer mit sehr ernsten Gesichtern vor die Presse: ein Verlierer und einer, der genau das auf keinen Fall sein will. Ersterer ist der saarländische CDU-Spitzenkandidat und Ministerpräsident Tobias Hans.

Er ist am Wahlsonntag mit voller Wucht aus dem Amt gefegt worden. Der Zweite ist der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz. Er muss an diesem Tag die erste große CDU-Niederlage in seiner vergleichsweise jungen Amtszeit erklären.

Und er will zugleich verhindern, dass der katastrophale politische Absturz der Saar-CDU auf die drei weiteren Landtagswahlen in diesem Jahr überspringt und womöglich sogar für ihn persönlich zum Problem wird. Denn der Start seiner Partei ins Wahljahr 2022 ist komplett vermasselt.

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sieht in dem Ergebnis im Saarland keine Vorentscheidung für die nahenden Wahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sieht in dem Ergebnis im Saarland keine Vorentscheidung für die nahenden Wahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. © dpa | Michael Kappeler

CDU-Ergebnis im Saarland keine Vorentscheidung für weitere Landtagswahlen

Merz erklärt in nüchternem Juristendeutsch, er sehe im Ergebnis im Saarland „kein Präjudiz“, also keine Vorentscheidung für den Ausgang der Wahlen in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.

“Wir hätten uns gewünscht, dass wir den Auftakt der Landtagswahlen besser hinbekommen als im Saarland“, räumt Merz ein. Die Bundespolitik habe bei Abstimmung aber nicht im Vordergrund gestanden, „insofern gibt es nur eine begrenzte Zahl von Schlussfolgerungen, die wir für die kommenden Landtagswahlen ziehen können“.

Im Saarland habe es eine anderen Parteienlandschaft und eine andere Konstellation bei den Kandidaten gegeben. Von daher gehe er „mit wirklicher Zuversicht“ in die bevorstehenden Wahlen, „wir gehen jetzt nicht depressiv in den Rest des Jahres“, betont Merz. Wobei eine gewisse Niedergeschlagenheit der CDU nachvollziehbar wäre.

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CDU im Saarland abgestraft, SPD erzielt Traumergebnis

Die Partei ist im Saarland vom Wahlvolk gnadenlos abgestraft worden. Nach knapp 23 Jahren an der Macht fuhr die Union ihr schlechtestes Ergebnis seit 1955 ein. Die SPD und ihre Spitzenkandidatin Anke Rehlinger haben dagegen die absolute Mehrheit geholt. Ein Traumergebnis. Und ein Alptraum für die CDU, in den die Partei nicht erneut geraten will.

Tatsächlich geht es für die Union in diese Jahr um viel. Sowohl im hohen Norden als auch im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW kämpfen mit Daniel Günter und Hendrik Wüst zwei CDU-Ministerpräsidenten um den Machterhalt. Vor allem in NRW ist der Vorsprung zur SPD in den jüngeren Umfragen nicht sonderlich groß.

Zudem ist Wüst – ähnlich wie Hans – kein gewählter Ministerpräsident. Wüst rückte im vergangenen Jahr für seinen Vorgänger Armin Laschet nach, der Kanzlerkandidat der Union wurde. Er scheiterte, so wie jetzt Hans.

Friedrich Merz kopiert Angela Merkel

Merz steht vor der Aufgabe, zu verhindern, dass sich das „Verlierer-Virus“ in den kommenden Wochen auf die andere Wahlen überträgt. Es geht dabei um die Partei, aber auch ihn selbst. Merz ist als Erneuerer und Hoffnungsträger der CDU gestartet. Sollten bald weitere Misserfolge folgen, wäre auch er beschädigt.

Bei der Saarland-Wahl hat Merz noch das Teflon-Prinzip von Angela Merkel, nachgeahmt, seiner Vor-Vor-Vorgängerin an der Parteispitze. Als Bundesvorsitzende ließ Merkel Niederlagen der CDU bei Landtagswahlen virtuos an sich abperlen. Der Makel des Misserfolgs sollte nicht an ihr haften bleiben. Diese Strategie versucht auch Merz anzuwenden.

Schon in der heißen Phase des Wahlkampfs ließ er sich nicht mehr an der Saar blicken. In Umfragen deutete sich da bereits ein schwaches Abschneiden der saarländischen CDU an. Viel Rückhalt für Hans gab es von Merz auch in den sozialen Medien nicht, in denen der CDU-Chef sonst recht aktiv ist.

Große Enttäuschung: Tobias Hans tröstet, dabei braucht der Wahlverlierer selbst am meisten Trost. Der CDU-Ministerpräsident wurde am Sonntag im Saarland abgewählt.
Große Enttäuschung: Tobias Hans tröstet, dabei braucht der Wahlverlierer selbst am meisten Trost. Der CDU-Ministerpräsident wurde am Sonntag im Saarland abgewählt.

CDU: Merz will bei Wahlkämpfen in Bundesländern präsent sein

Merz weist am Montag jedoch Vorhaltungen zurück, sich nicht ausreichend um das Saarland gekümmert zu haben. „Wir haben den saarländischen Wahlkampf unterstützt wie selten einen Landeswahlkampf“, findet er. Anfang März sei der Bundesvorstand zu einer Klausurtagung ins Saarland gereist.

Er selbst werde nun auch den anderen Spitzenkandidaten der CDU in den Ländern „helfen zu gewinnen“ und werde auch dort „sehr stark präsent“ sein. Auch weil er selbst in Nordrhein-Westfalen lebe, habe er ein Interesse daran, dass das Bundesland CDU-geführt bleibe. Zugleich betont Merz: „Ich helfe, aber die Verantwortung liegt dann auch bei den Landesparteien.“ Es klingt wieder ein bisschen nach „Teflon“.

Tobias Hans verschwindet von der Bildfläche

Tobias Hans, der bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Bundesvorsitzenden nur per Video zugeschaltet ist, dankt den vielen Wahlkampfhelfern. Sogar aus Brandenburg seien Unterstützer gekommen, lobt er. Die Bundespartei erwähnt er nicht. Nebenbei bekommt die Schalte mit dem gescheiterten CDU-Spitzenmann noch eine unfreiwillige Symbolik.

Offenbar aufgrund eines technischen Fehlers ist Hans mitten in der Konferenz nicht mehr auf dem Videoschirm zu sehen. Nur noch sein Name ist in weißen Buchstaben auf dem schwarzem Hintergrund zu erkennen. Hans’ Stimme kommt aus dem Off. Der Wahlverlierer selbst ist aber von der Bildfläche verschwunden. Es wirkt wie ein Vorbote auf den erwarteten Rücktritt des Saarländers.