Washington. Historiker Allan Lichtman hat seit 1980 die Wahl des US-Präsidenten richtig prognostiziert. Für Donald Trump sieht er eine Niederlage.

Als Donald Trump im November 2016 gegen die Erwartung der allermeisten Meinungsforscher und politischen Kaffeesatzleser Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wurde, bedankte er sich danach etwas gönnerhaft im Ton mit einer handschriftlichen Filzstiftwidmung bei Allan Lichtman. „Gratuliere, Professor – gute Entscheidung.”

Der kleine, drahtige Mann, der seit einer Ewigkeit an der American University in Washington Geschichte lehrt, hatte den Sieg des Rechtspopulisten anhand eines aus 13 Schlüssel-Faktoren („keys”) bestehenden Modells vorhergesagt. Nicht zum ersten Mal.

Donald Trumps Sieg vorhergesagt: US-Historiker lag nie falsch

Seit Ronald Reagans Zeiten, der 1981 ins Amt kam, hat sich Lichtman als beständiger Nostradamus erwiesen, wenn es zwischen Republikanern und Demokraten um Amerikas Top-Job ging.

Seine Faustregel: Mindestens sechs „keys” müssen vorhanden sein, damit eine Partei der anderen die Macht im Weißen Haus entwinden kann. Lesen Sie hier: Was man über die US-Wahl 2020 wissen muss

Donald Trump gegen Joe Biden: Geschichtsprofessor Allan Lichtman tippt, dass Joe Biden die US-Wahl 2020 gewinnt. In den letzen 40 Jahren lag er mit seinen Vorhersagen nie falsch.
Donald Trump gegen Joe Biden: Geschichtsprofessor Allan Lichtman tippt, dass Joe Biden die US-Wahl 2020 gewinnt. In den letzen 40 Jahren lag er mit seinen Vorhersagen nie falsch. © AFP | JIM WATSONDominick Reuter

US-Wahl 2020: Allan Lichtman prognostiziert Sieg für Biden

Vor der Wahl am 3. November hat sich der redegewandte Akademiker festgelegt. Herausforderer Joe Biden kann sieben „keys” für sich verbuchen.

Trump wäre damit nach nur einer Amtszeit raus.

In einem Video-Lehrbeitrag für die „New York Times“ hat Lichtman die Faktoren dargelegt, die nach seiner Überzeugung voraussichtlich zur Abwahl Trumps führen werden.

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Allan Lichtman: Diese Faktoren sprechen für Biden-Sieg

Für den Demokraten Joe Biden spricht demnach:

  • der komfortable Sieg der Demokraten im Repräsentantenhaus bei den Zwischenwahlen vor zwei Jahren
  • der durch das Coronavirus bedingte schnelle Absturz der US-Wirtschaft in die Rezession
  • die Aussicht auf eine langfristig schlechte ökonomische Lage, weil die Kollateralschäden der Epidemie zu groß sind.
  • die Zunahme sozialer Unruhen und Straßenproteste als Folge der Polizei-Brutalität gegen Afro-Amerikaner
  • die Fülle von Skandalen, vorneweg: das Amtsenthebungsverfahren in der Russland-Affäre, die Donald Trumps Präsidentschaft umgeben
  • das Ausbleiben substanzieller außenpolitischer oder militärischer Erfolge der Regierung Trump
  • die nur kleine Teile der Wählerschaft beeindruckenden Showmann-Qualität Trumps, der kein charismatischer Amtsinhaber ist.

Auf der Haben-Seite Donald Trumps sieht der Wissenschaftler:

  • dass er nach der ersten Amtszeit nicht zurücktritt, sondern eine zweite Periode von vier Jahren anstrebt
  • dass er bei den Vorwahlen der Republikaner keinen echten parteiinternen Rivalen hatte
  • dass auch kein ernstzunehmender Kandidat von dritter, unabhängiger Seite auf den Plan getreten ist
  • dass ihm fundamentale politische Richtungswechsel (Steuer-Reform, diverse präsidiale Exekutiv-Anordnungen) gelungen sind
  • dass er bisher keine militärischen Fehlschläge zu verantworten hat
  • dass Herausforderer Joe Biden nicht überaus inspirierend oder charismatisch ist.

Trotz der knappen Konstellation – 7:6 für Biden – sagt Lichtman Trump und der republikanischen Partei ein „politisches Erdbeben” voraus.

Einzige Einschränkung: Es gebe Faktoren außerhalb seines Beurteilungsspektrums, die heute noch nicht eingepreist werden könnten. Etwa die Dimension der Wahl-Unterdrückung, die Trump und seine Strategen ausübten, in dem sie die Briefwahl madig machten oder versuchten, Minderheiten durch bürokratische Auflagen vom Wählen abzuhalten. Lesen Sie hier: Wahl verschieben? Trump rudert zurück – und sät Zweifel

Auch der Einfluss auswärtiger Mächte wie Russland könne eine Rolle spielen, wenn es ihnen gelänge, die Wahlentscheidungen der Amerikaner durch manipulative Vorstöße etwa in sozialen Netzwerken in die eine oder andere Richtung zu lenken.

Lichtman, politisch bei den Demokraten zu verorten, ruft sein Publikum auf, unbedingt am demokratischen Entscheidungsprozess teilzunehmen. „Geht raus und wählt!”.

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