Berlin. Die Länder ärgern sich über den Gesundheitsminister. Ihre Sorge ist, dass der Corona-Impfstoff knapp wird. Kann Spahn liefern?

Vor dem Impfgipfel an diesem Donnerstag haben die Bundesländer intern zwei Schwachstellen ausgemacht, die beide unverhohlene Kritik an Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sind: Mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wollen sie über den Umgang mit "unrealistischen Hoffnungen" und über die "öffentliche Wirkung" des Disputs zwischen Spahn und der Ständigen Impfkommission (Stiko) reden.

Spahn will Kinder und Jugendliche in die Impfkampagne einbeziehen, die Stiko genau das nicht empfehlen. Beides muss geklärt werden: Die Mengenfrage und das Vorgehen bei den Kindern. Am schwersten wiegt der Vorwurf, Spahn könnte zu hohe Erwartungen geschürt haben – während bei den Vakzinlieferungen nun doch Engpässe drohen.

Corona-Impfungen: Biontech kann Lieferzusagen nicht einhalten

In der 18. Kalenderwoche kamen drei Millionen Dosen, in der Folgewoche (10. bis 16. Mai) nur 2,5 Millionen. Gut 40 Prozent der Bürger haben mindestens eine Impfdosis erhalten. Zweitimpfungen mit Biontech und Moderna sind nach spätestens sechs Wochen fällig, bei Astrazeneca zwölf Wochen.

Während dafür Stoffe zurückgestellt und zusätzlich Vakzine für Kinder und Jugendliche reserviert werden, bestürmen ab dem 7. Juni aber noch mehr Menschen die Arztpraxen und Impfzentren. Denn dann endet die Priorisierung.

Just in dieser Phase kann Biontech seine zugesagte Menge mit Corona-Impfstoff nicht liefern. Der Hauptlieferant will die rund 1,8 Millionen Dosen aber Ende Juni nachreichen und insgesamt die Zusagen für das laufende Quartal einhalten.

Zu wenig Impfstoff geliefert – Länder verlangen Ausgleich

Bis Mitte Mai waren insgesamt über 33 Millionen Dosen geliefert worden. Fast 90 Prozent waren schon verimpft worden, im Durchschnitt jeden Tag 236.000 Mal. Längst tobt zwischen den Ländern eine Neiddebatte. Einige haben nach eigenen Berechnungen zu wenig Vakzine bekommen und mahnen eine gerechtere Verteilung an.

Mehrere Länder mahnen eine Aufteilung gemäß der Bevölkerungszahl an. Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Sachsen, im geringen Umfang auch Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen kamen nach eigener Berechnung zu kurz.

Brandenburg erhält nach Angaben von Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) prozentual weniger als andere Länder. „Ich will wissen, woran das liegt“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Furcht vor Sommerloch der deutschen Impfkampagne

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) schloss sich der Klage an. Gut 40.000 Impfdosen seien zu wenig geliefert worden, „die Impfstoffverteilung in Deutschland ist ungerecht“, sagte er dem „Spiegel“. „Jede Woche wird die Benachteiligung größer. Es muss jetzt zügig einen Ausgleich geben.“

Überproportional viel bekamen Nordrhein Westfalen (plus 0,83 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (0,58), Baden-Württemberg (0,51) und Bayern (0,42). Die Sorge der Länder ist nun, dass es zu einem Sommerloch der Impfkampagne kommen könnte. Sie befürchten, dass Spahn zu hohe Erwartungen geschürt hat.

Hohe Erwartungen an Impfkampagne: Kann Curevac helfen?

„Wir bekommen wenig bis gar keinen Impfstoff für Erstimpfungen“, sagte die Vorsitzende des Hausärzteverbands Hamburg, Jana Husemann, der Deutschen Presse-Agentur. Gleichzeitig werde vom Bund eine Erwartungshaltung geschürt, „dass alle bald ein Impfangebot bekommen“. Für zusätzlichen Unmut sorge, dass die Impfung von Kindern und Jugendlichen schon fest eingeplant sei.

Es gibt allerdings ein Hoffnungszeichen: Für Ende Juni strebt der zweite große deutsche Impfstoff-Hersteller Curevac eine Zulassung an, insgesamt 300 Millionen Dosen sagte das Unternehmen in der zweiten Hälfte der EU zu. Dann würde sich die Versorgung gerade auch in Deutschland entspannen.