Brüssel/Peking. Beim Gipfel in Peking erhält Präsident Putin Unterstützung von Präsident Xi. Warum westliche Politiker ein Zeichen von Schwäche sehen.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich im Ukraine-Konflikt mächtige Unterstützung gesichert: China stellt sich erstmals hinter Putins Forderung nach einem Ende der Nato-Erweiterung und gibt indirekt auch Rückhalt für das russische Verlangen nach Sicherheitsgarantien des Westens.

Den Schulterschluss übten Putin und Chinas Staatspräsident Xi Jinping bei einem Gipfeltreffen in Peking kurz vor Beginn der Olympischen Winterspiele. Putin war als prominentester Gast zu der olympischen Eröffnungszeremonie gereist. Xi wusste diese Geste besonders zu schätzen, weil viele Regierungen westlicher Staaten den Auftakt entweder wie die USA offen boykottierten oder wie Deutschland ohne Erklärung fernblieben.

Umso mehr demonstrierten die Staatspräsidenten Einigkeit und würdigten die "strategische Partnerschaft" beider Länder etwa in Sicherheitsfragen oder der Energieversorgung. In einer gemeinsamen Erklärung versicherten Xi und Putin, sie lehnten die weitere Vergrößerung der Nato ab – eine Festlegung, die Peking bisher vermieden hatte, wohl wissend, dass Nato und USA Putins Forderung klar ablehnen. Die westliche Allianz müsse ihre "ideologischen Ansätze aus der Ära des Kalten Krieges aufgeben" und "die Souveränität, Sicherheit und Interessen anderer Länder respektieren", heißt es in dem Statement weiter.

China und Russland vereinbaren Energiepartnerschaft

Allerdings wird in der Erklärung die Ukraine nicht ausdrücklich erwähnt, ein militärischer Konflikt schon gar nicht: Für China ist die territoriale Integrität von Staaten ein Kernprinzip seiner Außenpolitik. Doch weiß auch die chinesische Regierung, was auf dem Spiel steht: Der russische Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine mit bislang über 100.000 Soldaten geht weiter, im Westen wird ein Einmarsch noch im Februar befürchtet.

Der russische Präsident sicherte der chinesischen Führung seinerseits Rückendeckung bei den Spannungen im indopazifischen Raum zu: China versucht, den Einfluss der USA in der Region zurückzudrängen, die USA intensivieren nun im Pazifikraum die militärische Zusammenarbeit mit Australien und Großbritannien – wogegen Xi und Putin ernsthafte Bedenken äußerten und den Aufbau eines gleichberechtigten und offenen Sicherheitssystems in der Region ankündigen.

Die Präsidenten vereinbarten, dass Russland verstärkt Öl und Gas nach China liefern wird, Putin sprach von einer "Energiepartnerschaft". In einem neuen Abkommen ist die Lieferung von zehn Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr vorgesehen. Russland ist schon jetzt größter Energie- und Rohstofflieferant Chinas. Putins Ziel ist es, sich beim Gasexport unabhängiger von der voraussichtlich zügig sinkenden Nachfrage westlicher Staaten zu machen. Auch interessant: So will Deutschland seine Gas-Versorgung sichern

Wenige Stunden nach dem Gipfeltreffen eröffnete Chinas Staatspräsident Xi Jinping die Olympischen Winterspiele. Wladimir Putin sah von der Ehrentribüne des Stadions zu - als prominentester Gast der Zeremonie.
Wenige Stunden nach dem Gipfeltreffen eröffnete Chinas Staatspräsident Xi Jinping die Olympischen Winterspiele. Wladimir Putin sah von der Ehrentribüne des Stadions zu - als prominentester Gast der Zeremonie. © AFP | WANG ZHAO

Präsidenten weisen westliche Kritik zurück

Die beiden wiesen die Kritik des Westens an Menschenrechtsverletzungen und Demokratiedefiziten zurück: Russland und China hätten jeweils ihre eigenen tiefen demokratischen Traditionen. "Das Recht zu urteilen, ob ein Staat demokratisch ist, hat nur sein Volk", heißt es in der Erklärung. Putin lobte, die Beziehungen entwickelten sich im Geiste der Freundschaft und hätten einen "wirklich beispiellosen Charakter angenommen".

Der Kremlherrscher hatte bereits zuvor in einem Gastbeitrag für die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua dafür geworben, dass sich beide Staaten gemeinsam gegen westliche Sanktionen wappnen sollten. Dazu zählt der Aufbau eines eigenen internationalen Zahlungssystems. Die USA und die EU drohen Russland für den Fall einer Ukraine-Invasion mit dem Ausschluss aus dem internationalen Zahlungssystem Swift - das könnte eine schwere Wirtschaftskrise in Russland provozieren und gilt daher als eines der stärksten Druckmittel des Westens.

Doch Putin, der seit Jahren an einer Alternative zu Swift arbeitet, meint nun: "Wir bauen Abrechnungssysteme in nationalen Währungen konsequent aus". Mit neuen Mechanismen sollten die Auswirkungen von Sanktionen ausgeglichen werden. Dem gleichen Ziel solle ein verstärkter Handel zwischen Russland und China dienen.

China: Wie weit geht die Unterstützung für Putin in der Ukraine-Krise?

Russland betreibt die Wende nach Osten bereits seit neun Jahren, obwohl es China mittelfristig unterlegen ist: China hat eine zehnmal größere Bevölkerung und eine zehnmal höhere Wirtschaftsleistung als Russland und verfolgt eisern das Prinzip strategischer Souveränität ohne Militärbündnisse. Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), mahnte nach dem Gipfeltreffen von Putin und Xi eine klare Haltung des Westens an: Alle Staaten entschieden selbst über ihre Souveränität und ihren Weg, nicht die Führungen in Moskau und Peking, sagte Weber unserer Redaktion.

"Umso wichtiger ist der Zusammenhalt der westlichen und demokratischen Staatengemeinschaft", betonte der CSU-Vize. "Wir dürfen nicht naiv sein und kein Bild der Uneinigkeit abgeben". Weber meinte, die Botschaften der autoritären Präsidenten Putin und Xi seien "eine Propagandainszenierung gegen die freie Welt und die Souveränität anderer Staaten". Es sei sehr bedauerlich, dass dies gerade am Eröffnungstag der Olympischen Spiele, die für das Miteinander der Welt stehen sollten, zelebriert werde.

Der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer erinnerte daran, dass China die Politik Russlands gegenüber der Ukraine bisher nicht vollmundig unterstützt habe. "Strategisch dürfte Peking dieses Vorgehen Putins für einen Fehler halten, weil dadurch die Europäer und die USA stärker zusammenrücken", sagte Außenexperte Bütikofer unserer Redaktion. Russland gerate gegenüber China in die Rolle des Juniorpartners, was den dortigen Nationalisten nicht gefallen werde. Moskau und Peking erlebten auch gerade, "dass sie mit ihrer menschenrechtsvergessenen Großmachtpolitik deutliche Gegenwehr der demokratischen Welt und auch von anderen kleineren Ländern auslösen", meinte Bütikofer.

"Dass die Eröffnung der Pekinger Olympiade ein Xi-Putin-Gipfel wurde, weil viele andere Länder fernblieben, ist gerade kein Zeichen der Stärke, sondern der diplomatischen Niederlage." Doch betonte Bütikofer auch, die Autokraten Xi und Putin seien "schon länger Brüder im Geiste immer härterer Unterdrückung zu Hause und immer aggressiveren Verhaltens nach außen." Lesen Sie auch: Vor dieser Waffe fürchtet sich Russland am meisten.