Berlin. Bei den Demokraten kristallisieren sich drei Favoriten für die Präsidentschaftskandidatur heraus. Zusammen sind sie 220 Jahre alt.

Joe Biden, Elizabeth Warren, Bernie Sanders. Wenn nicht Grundstürzendes geschieht, gehen die US-Demokraten in fünf Monaten mit einem Favoriten-Trio in die Vorwahlen um das Präsidentschaftsticket, das es zusammen auf über 220 Jahre Lebenserfahrung bringt. Ob das informelle Projekt „Oldies but Gol­dies“ Donald Trump in den Ruhestand schickt, ist damit aber nicht gesagt.

Auch die dritte Fernsehdebatte hat den

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. Geschweige denn die Umfragen substanziell verändert. Dort werden die Genannten mit Biden als Nummer eins seit Monaten mit gemeinsam über 60 Prozent Zustimmung taxiert.

Verworrener Biden geht zum Angriff über

Für Joe Biden war Houston (Bundesstaat Texas) Problem wie Erfolg zugleich. Der ehemalige Vizepräsident streifte endlich die Rolle des Sandsacks ab, auf den alle einprügeln. Er ging selbst zum Angriff über. Dass er die von Sanders und Warren kompromisslos propagierte staatliche Einheitskrankenkasse („Medicare for All“) für unfinanzierbar hält, dass 150 Millionen Amerikaner unter diesem Diktat ihre Privatversicherungen verlieren würden, hat diesmal verfangen.

Mitbewerber wie Amy Klobuchar, Pete Buttigieg oder Kamala Harris sprangen dem 76-Jährigen hier zur Seite. Mit sauberer Gedankenführung, die Biden einfach nicht durchgängig gelingen will. Zu oft mäandern seine leicht vernuschelten Beiträge ins Nirwana. Wie will so jemand im Eins-gegen-eins-Duell gegen den rhetorischen Angstbeißer und Sudel-Polemiker Trump überleben?

Trump findet Gegenkandidaten langweilig

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    Bidens Art verfängt beim Wähler

    Bidens Kapital, die längste Erfahrung als Parlamentarier und Regierungsmitglied, ist gleichzeitig seine größte Hypothek. Er tut sich schwer damit, sein Lebenswerk stringent zu verteidigen. Oder Fehler einzuräumen. Etwa sein Ja zum Irak-Krieg von George W. Bush. Wenn seine

    auf den Prüfstand kommen, laviert der frühere Senator zwischen trotzigem Dazu-stehe-ich und unbeholfener Quasi-Distanzierung herum. Unsouverän.

    Aber: Was vor der TV-Kamera amateurhaft wirkt, diese altbackene Hemdsärmeligkeit, erzeugt im Gespräch mit dem Wähler eine andere Wirkung. In Vorwahl-Bundesstaaten wie Iowa oder South Carolina gibt es viele, die näher bei Sanders und Warren sind. Weil deren Plädoyer für eine grundlegende Reform des herrschenden Wirtschafts- und Demokratiemodells links getaktete Herzen beflügelt. Die aber klar zu Biden tendieren, wenn gefragt wird: Mit wem lösen wir am ehesten Trump ab?

    Wird Warren zur lachenden Dritten?

    Warum (vielleicht) Biden? Weil er Mittigkeit verkörpert. Weil er parteiunabhängige Wähler nicht mit Versprechen vergrätzt, die böswillig als sozialistisch diskreditiert werden können. Weil er Arbeiterwählerstimmen zurückholen kann. Weil er Brücken zu den Republikanern baut. Das Wichtigste: Weil er in Trumps toxischer Erregungsdemokratie Entschleunigung verkörpert. Und Lauterkeit.

    Reicht das für den Sieg am 3. November 2020? Zu früh zu sagen. Ausrutscher in den ersten Vorwahlen, schon kann eine neue Dynamik entstehen. Als potenzielle Profiteurin bringt sich mit viel Gerissenheit Elizabeth Warren in Stellung. Während ihr Sozius im Geiste, Bernie Sanders, in die Rolle des übellaunigen Meckerers abdriftet, pflegt die Professorin aus Massachusetts einen emphatischen Ton und verbindet gekonnt Anekdoten aus ihrer Biografie mit ihrem wichtigsten politischen Vorhaben – dem Kampf gegen die soziale und ökonomische Ungleichheit. Da ist sie besser als Biden, der bereits 1988 und 2008 Präsident werden wollte. Viel besser.