Washington. Donald Trump hält die Ukraine für den Drahtzieher der digitalen Attacken auf die US-Wahl. Eine Ex-Mitarbeiterin widerspricht vehement.
Ihre Biografie „Mr. Putin - ein Geheimagent im Kreml” gilt unter Russland-Kennern weltweit als Gold-Standard, um die Winkelzüge des früheren KGB-Offiziers und heutigen Präsidenten Russlands treffend zu deuten.
Aus dieser Autorität leitet sich die Wucht der Vorwürfe ab, die Fiona Hill am Donnerstag in den Vernehmungen zur Ukraine-Affäre, die Donald Trump das Amt kosten kann, mit stoischer Miene gegen den US-Präsidenten und die ihn tragenden Republikaner vorbrachte; ohne Namen zu nennen.
Trump glaubt an von Russland gestreute Verschwörungstheorie
Die bis zum Sommer als Chefin der Russland- und Europa-Abteilung des Nationalen Sicherheitsrats der US-Regierung tätig gewesene Expertin warf Trump und den Konservativen sinngemäß gefährliche außenpolitische Blindheit vor, von der allein der Kreml profitiere. Danach sei es eine von Moskau „erfundene” und von den dortigen Geheimdiensten „gestreute Erzählung”, dass es die Ukraine gewesen sei, die sich 2016 in die US-Präsidentschaftswahlen manipulativ eingemischt habe.
Genau an diese Verschwörungstheorie glaubt Donald Trump, angestachelt durch rechtspopulistische Medien und seinen Privat-Anwalt Rudy Giuliani. Genau deshalb kam laut US-Analysten der Erpressungsversuch gegenüber dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij zustande, der Trump ein Amtsenthebungsverfahren einbringen kann.
Ermittlungen stellten ganz klar Russland als Saboteur fest
In seinem Telefonat mit Selenskij am 25. Juli verlangte Trump nicht nur nach kompromittierenden Ermittlungen gegen seinen möglichen Herausforderer bei der Wahl 2020, den Demokraten Joe Biden. Er bat auch explizit darum, die angebliche ukrainische Wahleinmischung aufzuklären.
Dabei fiel der Name „Crowdstrike”. So heißt eine in Kalifornien ansässige Firma für Computersicherheit. Die Demokraten nahmen 2016 ihre Dienste in Anspruch. Sie wollten herausfinden, wer die Computer-Server der Partei gehackt, Tausende E-Mails über ihre damalige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clintons gestohlen und an die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergereicht hatte.
Gemeinsam mit allen 17 US-Geheimdiensten und Sonder-Ermittler Robert Mueller kam Crowdstrike zu dem Fazit: Es waren staatliche russische Saboteure. Ziel: Wahlkampf-Hilfe für Donald Trump.
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Fiona Hill warnt davor, weiter russische Interessen zu fördern
Trump hat das nie verwunden. Er sieht die Rechtmäßigkeit seiner Wahl seither mit einem Makel versehen. Seit seinem ersten Amtstag stellt er die Urheberschaft Moskaus hinter den klandestinen Aktionen in Abrede. Und bezieht sich dabei auf eine in rechtslastigen Kreisen kursierende Theorie, die von seinen eigenen Geheimdiensten widerlegt wurde.
Danach sei in Wahrheit die Ukraine der Drahtzieher der digitalen Attacken auf die US-Wahl gewesen. Russlands Beteiligung sei nur vorgetäuscht worden, um Putin und Trump zu schaden. Fiona Hill warnte mit Vehemenz davor, diesen „fiktionalen Erzählungen” weiter Glauben zu schenken.
„Ich möchte Sie bitten, keine politisch motivierten Unwahrheiten zu propagieren, die so klar russische Interessen fördern”, appellierte sie an die republikanischen Abgeordneten im Geheimdienstausschuss. Deren Wortführer Devin Nunes, ein strammer Trump-Anhänger, hatte wenige Minuten zuvor exakt jene Verschwörungstheorie wiederbelebt und gegen die Demokraten in Stellung gebracht.
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Welche Rolle spielt Rudy Giuliani?
Wahr sei einzig und allein, dass „Russland 2016 unsere demokratischen Institutionen systematisch attackiert hat”, sagte Hill. Mit unübersehbaren Auswirkungen: „Unser Land ist gespalten. Die Wahrheit wird angezweifelt.” Und die Russen arbeiteten bereits an einer Wiederholung bei der Wahl 2020: „Uns läuft die Zeit davon, sie zu stoppen.”
Fiona Hill ließ keinen Zweifel, dass Trumps Privatanwalt Rudy Giuliani eine zentrale Rolle dabei spielte, Trump gegen alle seriösen Fakten weiter mit der Ukraine-Theorie zu füttern. Der Jurist sprach unter anderem mit zwei wegen Korruption entlassenen Generalstaatsanwälten in Kiew, um Munition zu sammeln, die Trump dann im Juli im Telefonat mit Präsident Selenskij einsetzte.
In diesem Zusammenhang bestätigte die aus Nordengland stammende Hill einen Satz, den der zurückgetretene Nationale Sicherheitsberater Trumps, John Bolton, über Giuliani sagte: „Er ist eine Handgranate, die alle in die Luft jagen wird.”