Saale-Holzland. In der ehemaligen Industriehalle in Hermsdorf spitze sich die Lage zu. Die Unterstützungsgruppe der Flüchtlinge plant am 22. Februar eine Demonstration vor der Halle im Saale-Holzland-Kreis.

In der Flüchtlingsunterkunft in Hermsdorf spitzt sich laut Unterstützungsgruppe die Lage aktuell weiter zu. Die Flüchtlinge, die in der einstigen Industriehalle untergekommen sind, werden in ihren Bitten um Besserung und in der Artikulation ihrer Bedürfnisse weiterhin ignoriert und nicht ernst genommen. Darauf macht die „Unterstützungsgruppe der Bewohnenden der Erstaufnahmeeinrichtung in Hermsdorf“ mit einer E-Mail vom 16. Februar aufmerksam. „Die Unterbringung in der Halle ist keinen weiteren Tag mehr zumutbar. Daher ist die Forderung der Bewohner und der Unterstützer*innen die sofortige Schließung des Lagers und die menschenwürdige Unterbringung aller Menschen, die sich dort zurzeit aufhalten müssen“, heißt es in der Mail.

Saale-Holzland: Demonstration von 15 bis 17 Uhr vor Flüchtlingsunterkunft in Hermsdorf geplant

Um die Forderungen nach menschenwürdigen Lebensumständen an Politik und Öffentlichkeit zu bringen, planen die Mitglieder der Unterstützungsgruppe für Donnerstag, 22. Februar, zwischen 15 und 17 Uhr eine Demonstration vor der Einrichtung in Hermsdorf. Einer Mitstreiterin der Gruppe zufolge, die ihren Namen nicht nennen möchte, werden einige Flüchtlinge selbst über die Zustände in der Halle berichten. „Wir werden das Gesagte auf Deutsch übersetzen, damit es jeder verstehen und nachvollziehen kann“, sagte sie. „Wir laden alle Interessierten herzlich ein, sich der Demonstration anzuschließen und vor Ort mit den Bewohnern des Camps über ihre Situation ins Gespräch zu kommen.“

Saale-Holzland: In Halle keine Ruhe, keine Kochmöglichkeiten, keine Deutschkurse, kein Fußballplatz, keine Beratung und keine Informationen über den Asylprozess

Wie die Unterstützer der Flüchtlinge in ihrer E-Mail schreiben, mussten in der Hermsdorfer Halle zwischenzeitlich bis zu 750 Personen auf engstem Raum zusammenleben. Es habe keine Möglichkeit auf Ruhe gegeben oder auf das Ausschalten des Lichts in der Nacht. Die Menschen hätten keine Möglichkeit, selbst zu kochen. Das bereitgestellte Essen sei wiederholt schimmelig und Anfang vergangener Woche seien Maden in der Speise gewesen. „Es gibt keine Deutschkurse, keinen Fußballplatz, keinerlei Beratung oder Informationen über den Asylprozess. Sie können nur warten. Viele sind seit mehreren Monaten dort. Die Situation ist unaushaltbar“, schreiben die Unterstützer der Flüchtlinge.

Mit Stand vom 31. Januar 2024 sind 534 Flüchtlinge in Hermsdorf im Saale-Holzland-Kreis untergebracht

Erst Anfang dieses Monats hatte das Landesverwaltungsamt Thüringen auf Nachfrage unserer Zeitung informiert, dass versucht werde, die Außenstelle in Hermsdorf „sukzessive in den nächsten Monaten leer zuziehen, wenn es das Ankunftsgeschehen und die Verteilung in die Kommunen zulassen.“ Danach bleibe Hermsdorf „Notquartier im Falle eines unvorhersehbaren starken Ankunftsgeschehens“. Mit Stand vom 31. Januar 2024 sind 534 Flüchtlinge in Hermsdorf untergebracht.

Wie Daniel Baumbach, Sprecher des Thüringer Ministeriums für Inneres und Kommunales (TMIK), gestern auf Anfrage betonte, heiße „leer ziehen“ nicht, dass die Einrichtung geschlossen werde. „Davon haben wir im TMIK beziehungsweise der Minister auch nie gesprochen“, so Baumbach. Auch er verwies darauf, dass die Halle im Hermsdorf „nach ihrem Leerzug weiterhin für Notfälle vorgehalten werde“. Solche Notfälle seien beispielsweise eine Havarie im Haupthaus in der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl oder ein besonders hohes „Ankunftsgeschehen“.

Saale-Holzland: Hermsdorfer Unterkunft soll entlasten werden durch Unterkünfte in Jena und Gera

In den vergangenen Tagen seien die Ankünfte moderat gewesen, informierte der Sprecher des Ministeriums. Suhl sei mit etwas mehr als 1000 Menschen belegt. „Die temporären Unterkünfte in Jena und in ein paar Tagen auch Gera werden zu einer spürbaren Entlastung in Hermsdorf führen“, so Baumbach. „Vielleicht ist der Grund für die angekündigte Demonstration ja somit schon wieder obsolet. Aber natürlich steht in Deutschland jedem Menschen frei, von seinem Demonstrationsrecht Gebrauch zu machen.“

Die ehemalige Frauenklinik in der Bachstraße in Jena soll übergangsweise als Flüchtlingsunterkunft des Landes genutzt werden, um für eine zeitweise Entlastung der Erstaufnahmeeinrichtung Suhl und der Außenstelle in Hermsdorf zu sorgen. Der Unterstützungsgruppe der Flüchtlinge in Hermsdorf zufolge sei geplant, 150 Flüchtlinge aus Hermsdorf nach Jena zu bringen sowie weitere 200 Menschen nach Gera. „Dann sind aber immer noch mindestens 150 Leute in Hermsdorf“, sagte die Mitstreiterin der Unterstützungsgruppe.

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Die Gruppe, die es seit Herbst vergangenen Jahres gibt, bestehe aktuell aus etwa 20 bis 30 aktiven Unterstützern. „Das sind Leute aus Hermsdorf, Studenten aus Jena und Erfurt, Menschen aus Gera und anderen Orten“, sagte die Mitstreiterin. Mitglieder der Gruppe haben Kontakt zu einigen Bewohnern und treffen sich mit diesen außerhalb der Flüchtlingsunterkunft in Hermsdorf. „Wir dürfen ja auch nicht ins Camp“, sagte sie. Zuletzt habe die Gruppe beispielsweise im Dezember 2023 und Anfang 2024 eine Kleiderspende organisiert, weil viele der Flüchtlinge in Hermsdorf keine Winterjacken hatten und ihnen in der Unterkunft schlichtweg zu kalt gewesen sei.

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