Erfurt. Jessica Maul durfte erst in Oberhof die Flamme der Special Olympics entzünden. Am Mittwoch ging es um die Medaillen auf das Erfurter Eis. Fast hätte sie ohne ihre Trainerin starten müssen.

Sie feuerten an, sie klatschten, sie jubelten. Als echtes Team präsentierten sich die zwölf Eiskunstläufer des ESC Erfurt bei den Nationalen Winterspielen von Special Olympics, der großen Bewegung für Sportler mit geistiger Einschränkung.

Jessica Maul hatte ihren ersten Auftritt schon am Montag, als sie gemeinsam mit zwei weiteren Sportlerinnen in Oberhof die Flamme von Special Olympics entzündete. „Ganz schön aufregend, nur war es ein bisschen kalt“, sagte die 20 Jahre alte Eiskunstläuferin. Seit sieben Jahren läuft die junge Erfurterin auf dem Eis. „Astrid (Hentrich/ihre Trainerin/d.A.) kam in unsere Schule am Zoopark und machte ein kleines Fitnesstraining mit uns. Danach habe ich es mal mit dem Eiskunstlauf-Training probiert“, erzählte Jessica kurz vor ihrem Wettkampf.

Eiskunstlaufen für Behindertensportler seit fast einem Vierteljahrhundert beim ESC Erfurt

Astrid Hentrich, deren Bruder das Down-Sydrom hat, trainiert fast seit einem Vierteljahrhundert behinderte Sportler beim ESC Erfurt. „Die Gruppe ist ein Teil von uns“, stellte Marian Thoms, der Geschäftsführer des ESC, die Unterstützung durch den Verein nie in Frage. „Sie haben ihre Eiszeit um 8 Uhr und trainieren bei den Breitensportlern am Abend manchmal mit“, sagte Thoms. Sinnbild für die vielleicht größte Special-Olympics-Eisschnelllauf-Gruppe Deutschlands sei Andrea Körner. Die 66 Jahre alte mehrfache Teilnehmerin an den Weltspielen, konnte nach persönlichen Schicksalsschlägen in Erfurt nicht an den Start gehen. „Doch sie wird sicher weiter ihrer großen Liebe, dem Eiskunstlaufen, nachgehen“, sagte Thoms.

Erste Thüringer Medaillen

Am Mittwoch wurden die ersten Medaillen bei den Special Olympics vergeben. In Weimar freute sich eine Lokalmatadorin über Gold in der Kletterhalle. Bei der Premiere der Sportart siegte Alexandra Katsch im Speed-Klettern. Die 27-Jährige arbeitet in Kromsdorf im Lebenshilfe-Werk Weimar/Apolda. Jubel und Enttäuschung bei den Alpinen. In der stärksten Leistungsklasse fuhr Philipp Kühnst im Riesenslalom auf Rang eins. Kumpel Florian Wandke war ein wenig traurig mit Platz fünf. Gold gab es noch für Christian Monden (alle Bodelschwingh-Hof Mechterstädt) im Snowboard. Im Skilanglauf fuhr Monique Grabbert von den Suhler Werkstätten über 500 Meter den ersten Thüringer Sieg ein. Auch Erik Grüneberg (Bodelschwingh-Hof) durfte über Rang eins jubeln. Nur gegen Männer lief Heike Naujoks aus Saalfeld zu Gold über 7,5 km.

Jessica Maul lobte ihre Trainerin in den höchsten Tönen. „Sie kann so wunderbar Schlittschuh laufen und sie besorgt uns immer die schönen Kostüme“, erzählt sie. „Sophie, Josephine und Sarah tragen heute meine alten Kür-Kleider. Sie passen da rein“, erzählt die zierliche Hentrich und lacht. Fast hätte sie am Mittwoch gar nicht hinter der Bande stehen können. Hentrich leitet ein Schulprojekt. „Doch es fanden sich viele Helfer. Eine der Klassen war gerade hier. Mein Telefon ist immer an. So kann ich das hier miterleben“, freute sie sich, während Saskia Ghandour und Angelika Bühler aufpassen, dass keine Eisläufer seinen Start verpassen.

Sophie Nowak (SO Thüringen) freut sich über Platz 1.
Sophie Nowak (SO Thüringen) freut sich über Platz 1. © Sascha Fromm

Die Sportler jedenfalls sind begeistert. Sophie Nowak jubelte über ihre Goldmedaille. „Hast du es gesehen. Ich bin Erste“, breitete sie glücklich die Arme aus. Jessica und ihr Doppelpartner Rico Haupt, der mit ihr in die gleiche Schule ging, stürzten im Einzel. Aber als Paar machten sie es besser und holten die Silbermedaille. Der blonde Rico übte gleich Selbstkritik. „Das ist eben der Sport. Normal habe ich das Element drauf. Aber das nächste Mal muss ich es eben besser machen und noch mehr trainieren“, sagte er und strahlte trotzdem.

Josephine Rodenberg tritt als Unified-Paar (behindert/nicht behindert) mit Justin Mähr an. „Mir macht das fast noch mehr Spaß als das normale Eiskunstlaufen. Bei Special Olympics begeistert mich die Leidenschaft und das Herz der Athleten“, sagte die 17-Jährige, die auf dem Eis als Frau den Mann „natürlich führt“. Auch für Trainerin Hentrich sind die Winterspiele in der heimischen Halle ein „tolles Erlebnis“. „Wir, die wir sonst im Dunklen stehen, erfahren hier viel Wertschätzung“, sagt sie.

Eisgala am Donnerstag bei freiem Eintritt und auf dem Livestream

Wer sich begeistern lassen will, kann das am Donnerstag ab 18.30 Uhr in der Gunda-Niemann-Stirnemann-Halle tun. Bei der großen Eisgala, wo Profis mit den Special-Olympics-Sportlern eine wunderschöne Geschichte erzählen werden, ist der Eintritt frei. Platz ist für gut 500 Besucher. Die Gala wird außerdem im MDR und Sky im Livestream übertragen.

Mehr zum Thema